OGH 15Os149/94

OGH15Os149/9410.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.November 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kahofer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann S***** wegen des Verbrchens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 11.Juli 1994, GZ 16 Vr 452/92-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 34-jährige Landwirt Johann S***** der Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (1.) und des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB

(2.) schuldig erkannt und zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Danach hat er in Klein Weißenbach vorsätzlich

(zu 1.) in der Nacht vom 28. zum 29.Juni 1992 an einer fremden Sache, nämlich an dem in seinem und seiner Gattin Hildegard S***** Miteigentum stehenden landwirtschaftlichen Anwesen sowie an zwei im Eigentum des Julius O***** stehenden Mähdreschern, ohne Einwilligung der Miteigentümerin bzw des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, indem er im Bereich der Scheune eingelagertes Heu entzündete, sodaß das Feuer die Wirtschaftsgebäude samt Maschinen vernichete, zur Brandbekämpfung fünf Feuerwehren einschritten und ein Schaden in der Höhe von insgesamt ca 4,100.000 S entstand;

(zu 2.) am 2.Juli 1992 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der B***** Versicherungsanstalt durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Verschweigen des Umstandes, daß das Schadensfeuer durch seine Brandstiftung entstanden ist, zu einer Leistung, nämlich zur Auszahlung einer den Betrag von 500.000 S übersteigenden Versicherungssumme, zu verleiten versucht.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Gründe des § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Der Verfahrensrüge (Z 4), mit der sich der Beschwerdeführer durch die Abweisung (487 f) zweier von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 11.Juli 1994 gestellter Beweisanträge (486 f) für beschwert erachtet, ist voranzustellen, daß bei Prüfung der Berechtigung eines Antrages stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrages und von den dabei vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 41). Die erst in der Rechtsmittelschrift zur Stützung eines Beweisantrages ins Treffen geführten Argumente tatsächlicher Art können demnach keine Berücksichtigung (mehr) finden und müssen als verspätet vorgebracht, mithin als unbeachtlich, auf sich beruhen.

Durch die Einvernahme von Markus, Martin und Martina S***** sollte bewiesen werden, "daß sich Herr Rupert Sch***** am 28.6.1992 abends auf dem Anwesen S***** aufgehalten und geraucht hat" (486).

Zutreffend wies das Schöffengericht diesen Beweisantrag - nach Lage der Dinge - als "irrelevant" ab. Denn selbst unter der Annahme, daß die genannten Zeugen die Aussage ihrer Mutter (Hildegard S***** - vgl 305 f -) bestätigt hätten, derzufolge sie zwar nicht sagen konnte, ob Rupert Sch***** - entgegen seiner Zeugenaussage vor dem Untersuchungsrichter, überhaupt dort gewesen zu sein; ON 20 - am Abend des 28.Juni 1992 anläßlich eines kurzen Besuches auf dem Anwesen S***** rauchte, sie aber (nach ihrer Darstellung) gesehen haben will, daß er den Hof gegen 21.15 Uhr verließ und mit dem Auto wegfuhr, wäre dadurch für den (sich nur aus dem Zusammenhang ableitbaren) Beschwerdestandpunkt nichts gewonnen. Hat doch der Sachverständige Ing. K***** bei der mündlichen Erörterung seines Gutachtens (473) - was die Beschwerde allerdings zu übergehen scheint - nicht nur vom Zeitplan her die Zündquellenmöglichkeit heißer nachglühender Teilchen in Form von Zigarettenresten, sondern auf Grund der gegebenen Lagersituation des Strohs auch eine längere Zeitspanne als neunzig Minuten zwischen Einbringung der Zündquelle und dem Folgebrand dezidiert ausgeschlossen. Da der Brandalarm unbestrittenermaßen um 00.22 Uhr des 29.Juni 1992 ausgelöst wurde, kann die behauptete (vom Erstgericht nicht als erwiesen angenommene) Anwesenheit des Rupert Sch***** am Tatort schon aus zeitlichen Gründen mit dem inkriminierten Brandgeschehen nicht in Zusammenhang gebracht werden (vgl auch US 9 zweiter Absatz). Daß die beantragten drei Personen eine spätere (als die von Hildegard S***** behauptete) Anwesenheit des Rupert Sch***** im Anwesen hätten bekunden können, wurde im Beweisantrag nicht behauptet. Er wurde daher zu Recht abgewiesen.

Die des weiteren beantragte "Durchführung einer Fahrprobe mit dem PKW des Angeklagten zum Beweis dafür, daß es nicht möglich ist, die Strecke zwischen Leopoldsdorf-Korneuburg-A 22-B 3-Krems-Gföhl-Rastenberg-Gutenbrunn-Klein Weißenbach in einer Minimalzeit von 1 Stunde 42 Minuten zurückzulegen, sondern dafür eine Zeit von zumindest 2 Stunden notwendig ist", lehnte das Erstgericht mit Recht schon deshalb ab, weil der nunmehrige technische Zustand des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges nicht mehr jenem zur Tatzeit entspricht und demnach ein realistischer Vergleich der Fahrleistung nicht mehr möglich ist, das Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. P***** sowohl auf die (damalige) Leistungsfähigkeit des PKWs als auch auf die seinerzeit damit durchgeführten Fahrproben des Sachverständigen Bedacht nahm und die Fahrzeit von 1 Stunde und 42 Minuten lediglich eine technische theoretische Hochrechnung auf der Basis einer vom PKW zu erzielenden Durchschnittsgeschwindigkeit von 85 km/h ist (vgl 381, 466 f).

Dem ist nur noch hinzuzufügen, daß der Beschwerdeführer angesichts der Tatsache, daß auch sein Fahrverhalten zur Tatzeit durch die beantragte Durchführung einer Probefahrt nicht mehr wirklichkeitskonform nachvollzogen werden könnte, und in Anbetracht des schlüssigen und mängelfreien Gutachtens des genannten Experten für Verkehrssicherheit, der es im übrigen abgelehnt hat, die Fahrzeit von 1 Stunde und 42 Minuten auf der bezeichneten Strecke zu versuchen, weil er dabei die gesetzlich erlaubten Höchstgeschwindigkeiten überschreiten müßte (467) - was weder ihm noch anderen Teilnehmern am öffentlichen Verkehr zugemutet werden könnte und deshalb den begehrten Beweis als undurchführbar erscheinen läßt -, verpflichtet gewesen wäre, schon bei Stellung seines Beweisantrages jene konkreten Gründe anzuführen, weshalb das ohnedies unter Aufnahme (zulässiger) Fahrproben erstattete Gutachten unzutreffend sein sollte und warum unter den gegebenen Umständen das von ihm behauptete Ergebnis (notwendige Mindestfahrzeit von zwei Stunden) zu erwarten war (Mayerhofer/Rieder aaO E 19 und 90). Im Kern läuft daher dieser Antrag bloß auf die Aufnahme eines undurchführbaren oder aussichtslosen (vgl etwa Mayerhofer/Rieder aaO E 102 a) bzw auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus, durch dessen Nichtaufnahme - bei der gegebenen Sachkonstellation - Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beschnitten wurden.

Das auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Beschwerdevorbringen hinwieder vermag keinen formalen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.

Dies gilt zunächst für den Einwand, die erstgerichtlichen Feststellungen (US 6 zweiter Absatz), wonach der Angeklagte den Entschluß gefaßt habe, sein Anwesen in Brand zu stecken, um durch die zumindest teilweise Erlangung der Versicherungssumme die drückenden Schulden abzahlen zu können, wobei seine Vorstellung dahin gegangen sei, durch die Vernichtung der Mähdrescher - jener zwei des Julius O***** eingeschlossen - 1 bis 1,5 Mio S zu erlangen, seien "nicht ausreichend, sondern widersprüchlich und unvollständig begründet". Kommt doch darin erkennbar bloß das von den Tatrichtern für die Brandstiftung des Rechtsmittelwerbers angenommene Motiv zum Ausdruck, das schon an sich keine entscheidende Tatsache betrifft (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 E 26 b) und fallbezogen auch den vom Angeklagten angestrebten - die Qualifikationsgrenze des § 147 Abs 3 StGB von 500.000 S bei weitem übersteigenden - Betrugsschaden nicht berührt. Daran können auch die in der Beschwerdeschrift (543) angestellten Wahrscheinlichkeitsüberlegungen nichts ändern, die ersichtlich an der Realität der versicherungsmäßigen Schadensliquidierung vorbeigehen, wonach der Angeklagte bereits aus der Betriebsunterbrechungsversicherung eine Entschädigung erwarten konnte (S 95) und ebenso eine "erste Entschädigung" für Abbruch- und Aufräumkosten und den Verkehrswertschaden von mehr als 1 Mio S zu erhalten gehabt hätte und nur der Rest erst nach Wiedererrichtung oder Baufortschritt des Objektes ausbezahlt worden wäre (Zeuge L***** S 326).

Soweit der Beschwerdeführer weitwendig darzutun trachtet, daß das Erstgericht den "unzureichenden Schluß" auf seine Täterschaft allein aus seinem (anläßlich der zweiten Vernehmung vor der Gendarmerie abgelegten, aber in der Folge) "modifizierten" Geständnis bezüglich der unrichtigen (gefahrenen) Wegstrecke sowie der unrichtigen Art der Brandlegung gezogen habe und die Begründung, warum er bewußt ein falsches Geständnis abgelegt habe, als "widersprüchlich, unlogisch und mit den Beweisergebnissen nicht in Einklang zu bringen" kritisiert, genügt der Hinweis, daß sich das Schöffengericht im Urteil nicht nur mit allen maßgeblichen Verfahrensergebnissen kritisch auseinandergesetzt hat, sondern unter Verwertung des gewonnenen persönlichen Eindrucks der vernommenen Personen auch mit aktenkonformer, zureichender, denkmöglicher und lebensnaher Begründung dargelegt hat, warum es den Angeklagten der ihm zur Last gelegten Verbrechen für schuldig befunden hat (US 7 ff). Nach Inhalt und Zielrichtung der Mängelrüge bekämpft sie mit teilweise urteilsfremden Argumenten bloß nach Art einer in den Verfahrensgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen, somit unzulässigen und unbeachtlichen Schuldberufung die zu seinem Nachteil ausgefallene tatrichterliche Lösung der Schuldfrage, ohne einen relevanten formalen Begründungsmangel aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sonach teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung.

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