Spruch:
Das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 4.Juli 1995, GZ 14 U 75/95-12, verletzt im Ausspruch einer viermonatigen Freiheitsstrafe nach § 16 Abs 1 SGG das Gesetz in der Bestimmung des § 5 Z 4 JGG iVm § 16 Abs 1 SGG.
Gemäß § 292 letzter Satz StPO werden dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch und demgemäß auch die (damit untrennbar verbundenen) Beschlüsse gemäß § 494 a StPO aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Jasmin N***** wird wegen des im Schuldspruch des Urteils des Jugendgerichtshofes Wien vom 4.Juli 1995, GZ 14 U 75/95-12, umschriebenen Vergehens nach § 16 Abs 1 vierter und fünfter Fall SGG unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG nach § 16 Abs 1 SGG zu 2 (zwei) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO iVm § 53 Abs 1 StGB werden die der Jasmin N***** mit den Urteilen des Jugendgerichtshofes Wien vom 15. Juni 1994, GZ 2 a Vr 77/94-19, und vom 24.November 1994, GZ 18 U 256/94-11, gewährten bedingten Strafnachsichten in Ansehung einer einjährigen und einer einmonatigen Freiheitsstrafe widerrufen.
Hingegen wird gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der der Jasmin N***** mit dem Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 17.März 1993, GZ 3 a E Vr 1163/92-117, gewährten bedingten Nachsicht einer dreimonatigen Freiheitsstrafe abgesehen; gemäß § 494 a Abs 6 StPO iVm § 53 Abs 2 StGB wird die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Die am 12.Juni 1977 geborene - sohin zur Tatzeit noch jugendliche - Jasmin N***** wurde mit (gemäß § 458 Abs 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 4.Juli 1995, GZ 14 U 75/95-12, des Vergehens nach § 16 Abs 1 (vierter und fünfter Fall) SGG schuldig erkannt und hiefür nach § 16 Abs 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, weil sie (inhaltlich des unvollständigen Urteilsspruches) "in Wien seit November 1994 und zuletzt am 14.3.1995 Heroin erworben, besessen und konsumiert" hat (der Konsum ist - wie angemerkt sei - nicht tatbestandsmäßig im Sinn des § 16 Abs 1 SGG).
Zugleich wurden gemäß § 494 a (zu ergänzen: Abs 1 Z 4) StPO (iVm § 53 Abs 1 StGB) zwei ihr vom Jugendgerichtshof Wien gewährte bedingte Strafnachsichten widerrufen, und zwar in Ansehung der im Verfahren AZ 2 a Vr 77/94-Hv 25/94 (wegen § 12 Abs 1 und 3 Z 3 SGG, § 12 StGB; § 16 Abs 1 SGG) verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr sowie der zum AZ 18 U 256/94 (wegen § 16 Abs 1 SGG) verhängten einmonatigen Freiheitsstrafe, während gemäß § 494 a (zu ergänzen: Abs 1 Z 2) StPO vom Widerruf der über sie mit Urteil desselben Gerichtshofes vom 17. März 1993, GZ 3 a E Vr 1163/92-117 (wegen §§ 127, 129 Z 1 und 2 und 15; 15, 136 Abs 1 StGB), ausgesprochenen und für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten abgesehen und (offensichtlich gemäß § 494 a Abs 6 StPO iVm § 53 Abs 2 StGB) die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde.
Der erstgerichtliche Strafausspruch verletzt - wie der Generalprokurator in seiner dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt - das Gesetz in der Bestimmung des § 5 Z 4 JGG iVm § 16 Abs 1 SGG.
Die Richterin des Jugendgerichtshofes Wien hat nämlich übersehen, daß die Beschuldigte Jasmin N***** im Tatzeitraum das 19.Lebensjahr noch nicht vollendet hatte und es sich demnach bei der abgeurteilten Tat um eine Jugendstraftat im Sinne des § 1 Z 2 und 3 JGG handelt. Bei Ahndung einer Jugendstraftat ist aber § 5 Z 4 JGG zwingend anzuwenden, demzufolge das Höchstmaß aller (nicht in den Z 2 und 3 genannten) zeitlichen Freiheitsstrafen auf die Hälfte herabgesetzt wird. Da § 16 Abs 1 SGG eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen androht, wäre bei (rechtsrichtiger) Anwendung des § 5 Z 4 JGG die Verhängung einer Freiheitsstrafe von höchstens drei Monaten zulässig gewesen. Das bezeichnete Urteil des Jugendgerichtshofes Wien ist daher insoweit zum Nachteil der Jasmin N***** mit dem materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO behaftet, was zur Aufhebung des nichtigen Strafausspruchs (einschließlich der damit untrennbar verbundenen Beschlüsse nach § 494 a StPO) und zur Strafneubemessung durch den Obersten Gerichtshof führt.
Die weiteren in der Beschwerde - an sich zutreffend - aufgezeigten Punkte betreffend den mangelhaften Urteilsspruch (fehlende - zur Abgrenzung gegenüber den Tatbeständen der §§ 12 oder 14 a SGG dienende - Angaben über die Heroinmenge) und Vorgänge in der Hauptverhandlung (Urteil trotz möglicherweise unterlassener Ausdehnung des Tatzeitraumes durch den Bezirksanwalt sowie unterlassene Prüfung der Voraussetzungen des § 17 SGG iVm § 19 SGG durch die Richterin) wurden nicht zum Gegenstand der Beschwerde gemacht und bedürfen daher keiner näheren Erörterung; das trifft auch auf das Vorbringen des Verteidigers im Gerichtstag zu, wonach das gefällte Urteil nicht einer - prozessual völlig unzulässigen - "Vereinbarung" zwischen Richterin und Verteidiger entsprochen habe.
Bei der (nunmehr) nach § 16 Abs 1 SGG unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG vorgenommenen Neubemessung der Strafe war als erschwerend zu berücksichtigen, daß N***** bereits zweimal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Straftaten verurteilt worden ist, als mildernd hingegen das (in der Hauptverhandlung abgelegte) "Geständnis" (vgl 109 oben), welches - im Gegensatz zur sonstigen Aktenlage - ersichtlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, sowie die Tatsache, daß die Jugendliche die Tat unter den Nachwirkungen der vernachlässigten Jugend begangen hat.
Diese Strafzumessungsgründe gebieten unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) die Verhängung einer Freiheitsstrafe, die im Ausmaß von zwei Monaten sowohl der personalen Täterschuld als auch dem Unrechtsgehalt der Tat gerecht wird.
Angesichts der Wirkungslosigkeit aller bisher gewährten Erziehungs- und Resozialisierungsmaßnahmen, die sich vor allem in der Fortsetzung des Heroinkonsums trotz vorangegangener einschlägiger Verurteilungen dokumentiert, war die (abermalige) Gewährung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB ausgeschlossen.
Aus den selben Gründen bedurfte es bei der haltschwachen, dem Suchtgift ergebenen Jasmin N***** zusätzlich zur Verurteilung (vgl § 53 Abs 1 StGB) des Widerrufs der ihr im Zusammenhang mit der Verübung einschlägiger Straftaten vom Jugendgerichtshof Wien gewährten bedingten Nachsichten einer einjährigen und einer einmonatigen Freiheitsstrafe, um auf diese Weise den Versuch zu unternehmen, sie im Rahmen eines längeren Strafvollzuges zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepaßten Lebenseinstellung zu erziehen und künftighin von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten (§ 20 Abs 1 StVG; § 53 JGG; § 53 Abs 1 StGB).
Davon ausgehend konnte bezüglich der Verurteilung wegen (nicht einschlägiger) Eigentumsdelikte zum AZ 3 a E Vr 1163/92-Hv 16/93 des Jugendgerichtshofes Wien zu drei Monaten Freiheitsstrafe bedingt mit dreijähriger Probezeit mit der Probezeitverlängerung auf fünf Jahre das Auslangen gefunden werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)