OGH 15Os12/10v

OGH15Os12/10v21.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. April 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Romstorfer als Schriftführer im Verfahren zur Auslieferung des Ali B***** zur Strafvollstreckung an die Republik Mazedonien, AZ 353 HR 300/08x des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über den Antrag des Betroffenen auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluss des Einzelrichters des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. März 2009, GZ 353 HR 300/08x-40, wurde die Auslieferung des mazedonischen Staatsangehörigen Ali B***** zur Strafvollstreckung einer über ihn mit Urteil des Amtsgerichts Tetovo vom 15. Jänner 2004 (AZ K 97/03) wegen nach österreichischem Recht als Verbrechen des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach den §§ 127, 129 Z 1 und 130 vierter Fall StGB beurteilten strafbaren Verhaltens verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten für zulässig erklärt.

Der dagegen erhobenen Beschwerde des Betroffenen gab das Oberlandesgericht Wien als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 21. Juli 2009, AZ 22 Bs 174/09p (ON 52 des HR-Aktes), nicht Folge.

Gegen die beiden Beschlüsse richtet sich, gestützt auf die Behauptung einer Verletzung in den Grundrechten nach Art 6 und Art 3 MRK, der Antrag des Betroffenen auf Erneuerung des Verfahrens nach § 363a StPO (RIS-Justiz RS0122228).

Rechtliche Beurteilung

Dem Antrag kommt keine Berechtigung zu.

1./ Zur Behauptung einer Verletzung im Grundrecht auf ein faires Verfahren nach Art 6 MRK:

Dem Einwand mangelnder Fairness des Verfahrens vor den österreichischen Gerichten durch die behauptete Nichterledigung einer „mit Beweisantrag vom 15. Juni 2009“ begehrten Vernehmung von drei Zeugen durch das Beschwerdegericht sowie die Abweisung des Antrags des Betroffenen auf Einholung eines länderkundlichen Sachverständigengutachtens durch das Erstgericht ist zu erwidern, dass das Auslieferungsverfahren selbst nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 MRK fällt (13 Os 150/07v mwN = RIS-Justiz RS0123200 [T3]).

Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, dass die Abweisung des genannten Antrags auf „Einholung eines länderkundlichen Sachverständigengutachtens zur Überprüfung der Authentizität der Angaben des Betroffenen im Zusammenhang mit den von ihm geltend gemachten asylrelevanten Umständen“ (ON 35 S 3) - der schon nach Diktion und Zielrichtung ohne jegliche Auseinandersetzung mit entsprechenden aktenkundigen Beweisergebnissen des Asylverfahrens (vgl ON 23 S 139 ff) auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis (vgl § 55 Abs 1 letzter Satz StPO) gerichtet war - ohne Verletzung von Verteidigungsrechten des Betroffenen erfolgt ist.

Dass das Strafverfahren in Mazedonien nicht den Kriterien des Art 6 MRK enstprochen habe, wurde im Erneuerungsantrag nicht geltend gemacht, sodass die darauf bezogene Argumentation in der Stellungnahme des Antragstellers nach § 24 StPO ins Leere geht.

2./ Zur Behauptung einer Verletzung im Grundrecht nach Art 3 MRK:

Soweit sich das Vorbringen des Erneuerungswerbers in dem Hinweis auf sein bisheriges Prozessvorbringen erschöpft, wonach zu befürchten sei, dass „einerseits der Strafvollzug nicht in einer dem Art 3 MRK entsprechenden Weise vollzogen wird und er (der Erneuerungswerber) andererseits auch außerhalb des Strafvollzugs unmenschlicher Behandlung ausgesetzt sein wird, sei es von staatlichen Organen oder anders Gesinnten“, ohne jegliche Auseinandersetzung mit der - sorgfältigen und ausführlichen - Argumentation in den Beschlüssen des Landesgerichts für Strafsachen Wien (ON 40 S 7 ff) und des Oberlandesgerichts Wien (BS 4 f) zur fehlenden Gefahrenlage einer gegen Art 3 MRK verstoßenden Behandlung im ersuchenden Staat, entzieht es sich einer sachbezogenen Erwiderung (vgl zu § 10 GRBG RIS-Justiz RS0112012 [T2, T3]).

Soweit der Erneuerungswerber vorbringt, er habe in Mazedonien „auch noch Repressalien ausgehend von der Familie seiner Exfrau zu befürchten“, ohne zugleich aber zu behaupten, dass die staatlichen Autoritäten nicht in der Lage wären, ihn ausreichend vor dieser Gefahr zu schützen, macht er keine für die Beurteilung eines Verstoßes gegen Art 3 MRK entscheidenden Tatsachen geltend (RIS-Justiz RS0123229 [T1]).

Der somit unbegründete Erneuerungsantrag war daher im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der Äußerung des Verteidigers gemäß § 24 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 3 StPO).

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