Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dkfm. Dr. Thomas Hans K***** von der Anklage wegen der Vergehen der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach §§ 159 Abs l, Abs 2, Abs 4 Z l, Abs 5 Z 4 und 5, 161 Abs l StGB sowie nach § 114 Abs l und 2 ASVG gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (Punkte C./ und D./ der Anklageschrift ON 49).
Gegenstand dieses Freispruches war der Vorwurf, Dkfm. Dr. Thomas Hans K***** habe in Wien und Korneuburg als Geschäftsführer der Firma "T*****" *****gmbH - sohin als leitender Angestellter einer juristischen Person - grob fahrlässig
I./l./ im Zeitraum vom 29. April bis Ende August/Anfang September 1999 die Zahlungsunfähigkeit der GmbH dadurch herbeigeführt, dass er kridaträchtig handelte (Abs 5), indem er
a./ sowohl Geschäftsbücher oder geschäftliche Aufzeichnungen zu führen unterließ, sodass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der GmbH erheblich erschwert wurde, als auch sonstige geeignete erforderliche Kontrollmaßnahmen, die ihm einen solchen Überblick verschaffen, unterließ (Abs 5 Z 4),
b./ Jahresabschlüsse, zu deren Erstellung er steuer- und handelsrechtlich verpflichtet war, zu erstellen unterließ, sodass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der GmbH erheblich erschwert wurde (Abs 5 Z 5), wobei er durch die kridaträchtlichen Handlungen einen 10 Millionen S (= 800.000 Euro) übersteigenden Befriedigungsausfall der Gläubiger, nämlich 113.209.349,54 S (= 8.227.244,29 Euro) bewirkte (Abs 4);
I./2./ von Ende August/Anfang September 1999 bis 29. April 2000 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit (gemeint: der Zahlungsunfähigkeit der GmbH) die Befriedigung wenigstens eines der Gläubiger der GmbH durch die zu Punkt l./a./ und b./ inkriminierten Handlungen vereitelt oder geschmälert (Abs 2);
II./ als Geschäftsführer der "T*****" *****gmbH im Zeitraum von Oktober 1999 bis Mai 2000 als Dienstgeber die Beiträge ihrer Dienstnehmer zur Sozialversicherung in der Höhe von 948.300,76 S (= 68.915,70 Euro) einbehalten und dem berechtigten Sozialversicherungsträger, der Wiener Gebietskrankenkasse, vorsätzlich vorenthalten.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Freispruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Wien; sie schlägt fehl.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen war der Angeklagte Dkfm. Dr. Thomas Hans K***** ab Ende April oder 2. Mai 1999 bis zu seiner Enthebung durch den - im Verfahren ursprünglich Mitangeklagten - Alleingesellschafter Peter B***** zum 29. März 2000 zweiter Geschäftsführer der "T*****" *****gmbH. B*****, der zuvor alleiniger Geschäftsführer des erwähnten Unternehmens gewesen war, fungierte während des genannten Zeitraumes als weiterer Geschäftsführer. Unternehmensgegenstand war der Betrieb einer Werbeagentur und die Organisation sowie die Durchführung von Seminaren und Schulungsveranstaltungen.
Nach der Kompetenzverteilung zwischen den beiden Geschäftsführern war der Angeklagte - neben seiner Zuständigkeit für das Personalwesen, die Organisation und Rechtsfragen - insbesondere auch für das kaufmännische Rechnungswesen verantwortlich. Dagegen waren Werbung, Marketing, PR, Seminarorganisation, Vertrieb, die Betreuung des Komplexes der sogenannten "Seminarpyramide" sowie die Letztentscheidung bei Zahlungen an Lieferanten dem Zuständigkeitsbereich B***** vorbehalten. Die Buchhaltung des Unternehmens, die Kostenrechnung sowie die Personalverrechnung waren zum Steuerberater Mag. Michael R***** ausgelagert.
Bald nach Übernahme seiner Tätigkeit musste der Angeklagte feststellen, dass die Belege für das vorangegangene Geschäftsjahr 1998 nicht aufgebucht worden und auch nicht einmal vollständig vorhanden waren, worauf er diese Unterlagen mit Hilfe von Zahlungserinnerungen und Urgenzen zu verifizieren suchte. Solcherart gelang es ihm zusammen mit dem Steuerberater schließlich, die buchhalterischen Grundlagen für das Jahr 1998 zu vervollständigen und den entsprechenden Rechnungsabschluss ordnungsgemäß zu erstellen. Parallel dazu nahm er auch die Erfassung der Unterlagen für das Geschäftsjahr 1999 in Angriff. Im Zusammenwirken mit Mag. R***** und der Wirtschaftstreuhandgesellschaft, in der dieser beschäftigt war (= T***** GmbH und Nachfolger KG), wurde über Initiative des Angeklagten im Laufe des Jahres 1999 eine Kostenrechnung eingeführt, welche die Erfassung der Kostenpositionen und damit auch die richtige Zuordnung der anfallenden Kosten ermöglichte. Zudem wurden von Mag. R***** und der genannten Wirtschaftstreuhandgesellschaft auch im Rahmen der personalbezogenen Buchhaltung die Abgabenbeträge berechnet, die Unterlagen zur Durchführung der Zahlung vorgelegt und schließlich auch sonst sämtliche Buchbelege erfasst, aufgebucht und aufbereitet. Demgemäß hat der Angeklagte für den Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit die zur Führung der Geschäftsbücher sowie der geschäftlichen Aufzeichnungen geeigneten (und damit auch einen zeitnahen Überblick über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ermöglichenden) Maßnahmen sowohl veranlasst als auch durchgeführt. Der Jahresabschluss für 1999 wurde vom Angeklagten infolge seines Ausscheidens aus dem Unternehmen nicht mehr erstellt.
Im Zuge seiner Tätigkeit erkannte der Angeklagten bald (nach der Aktenlage: etwa Mitte/Ende August 1999 - siehe S 255/IV) die bedrängte finanzielle Lage des Unternehmens, das (wovon der Sache nach auch aktenkonform das Erstgericht ausgeht) ab Ende August/Anfang September 1999 auch erkennbar zahlungsunfähig war und allenfalls nur mehr durch einen weiteren massiven - auf Grund der Ergebnisse der Buchführung von ihm mit zumindest 50 Millionen S bezifferten - Kapitalzuflusses zu sanieren gewesen wäre. Diese Einschätzung brachte der Angeklagte auch B***** zur Kenntnis. Nachdem er von diesem zunächst mit dem Hinweis auf angeblich ohnedies vorhandene Geldgeber vertröstet worden war, gelang es dem Unternehmen im Jänner 2000 tatsächlich einen Finanzierungsvertrag mit der spanischen Firma "L*****" abzuschließen, durch den eine Kapitalzufuhr in der vom Angeklagten als erforderlich veranschlagten Höhe sichergestellt werden sollte.
Die angestrebte Sanierung kam jedoch nicht zustande. Vielmehr wurde nach dem am 29. März 2000 erfolgten Ausscheiden des Angeklagten aus seiner Geschäftsführerposition über das Vermögen des Unternehmens mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 4. Juli 2000 der Konkurs eröffnet, wobei Forderungen von 113.209.000 S angemeldet und hievon solche in der Höhe von 40.323.000 S festgestellt wurden (US 8).
Die Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung wurden von der Wirtschaftstreuhandgesellschaft des Mag. R***** ermittelt und die entsprechenden Unterlagen nach Überprüfung auf ihre Richtigkeit an B***** zur Durchführung der Zahlungen weitergeleitet. Ab Ende April 2000 war kein Rückstand vorhanden. Allerdings musste Ende Juli 2000 ein Betrag von 1.479.416 S zufolge einer Rückforderung durch den Masseverwalter nach Konkurseröffnung zurückbezahlt werden (Blg ./9 zu ON 81 und C./ zu ON 83/V).
Auf Grund der angenommenen funktionsgerechten Führung der Geschäftsbücher und sonstiger Aufzeichnungen, die nicht nur die finanzielle Notlage des Unternehmens erkennen ließ, sondern auch zu entsprechenden, wenngleich nicht der unmittelbaren Ingerenz des Angeklagten unterliegenden Finanzierungsbemühungen führte, schloss das Erstgericht, das zudem die Verantwortung des Angeklagten für den Jahresabschluss 1999 nicht für gegeben erachtete (insoweit freilich aufgrund eines Irrtums über den Zeitpunkt des Ausscheidens des Genannten als Geschäftsführer - US 7) ein kridaträchtiges und damit auch im Sinn des § 159 Abs l und 2 StGB tatbildmäßiges Verhalten des Angeklagten aus. Den vorangeführten Konstatierungen zufolge verneinte es auch ein vorsätzliches Einbehalten von Dienstnehmeranteilen zur Sozialversicherung durch diesen Angeklagten (der nach den Urteilsannahmen ab dem Jahreswechsel 1999/2000 infolge einer internen Verfügung auch nicht mehr in der Lage war, selbst von den Firmenkonten Geld anzuweisen).
Wenn das Schöffengericht auch einerseits (aktenkonform) feststellte, dass der Angeklagte bis Ende März 2000 (Mit-)Geschäftsführer war, andererseits aber seine Verantwortlichkeit für den Jahresabschluss betreffend das Geschäftsjahr 1999 mit dem (insoweit ersichtlich irrigen) Hinweis auf dessen Ausscheiden als Geschäftsführer "mit Ende März 1999" verneinte (US 7 und 10), kommt diesem Widerspruch (Z 5) keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.
Die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft haben in den ersten fünf Monaten des Geschäftsjahres den Jahresabschluss (und Lagebericht) für das Vorjahr aufzustellen (§§ 222 Abs l HGB, 22 Abs 2 GmbHG). Da § 159 Abs 5 Z 5 StGB jedoch auf Gläubigerschutz unter dem Aspekt der Gewährleistung eines zeitnahen Überblicks über die Gebarung abstellt und damit der Ausschöpfung oder selbst auch der bloßen Inanspruchnahme der erwähnten Erstellungsfrist entgegenstehen kann (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 159 Rz 59), wäre ein kridaträchtiges Verhalten des Angeklagten im Sinn dieser Bestimmung nicht deshalb von vornherein auszuschließen, weil er bereits Ende März 2000 aus seiner Funktion als Geschäftsführer ausgeschieden ist und der von ihm nicht mehr erstellte Jahresabschluss formell erst bis Ende Mai 2000 erstellt werden musste.
Dennoch ist die Beschwerdeführerin mit ihrem auf ein solches kridaträchtiges Verhalten abstellenden Vorbringen (Z 5), mit dem sie unter Hinweis auf aktenkundige Umstände bloß die insoweit verfehlte Urteilsannahme bekämpft, dass der Angeklagte bereits im März 1999 aus dem Unternehmen ausgeschieden und deshalb für den Jahresabschluss 1999 nicht mehr verantwortlich wäre, aber dabei die erstgerichtlichen Entscheidungsgrundlagen in ihrer Gesamtheit vernachlässigt, nicht im Recht. Das Schöffengericht ist nämlich - gestützt auf die Verantwortung des Angeklagten und die Aussage des Zeugen Mag. R***** (insbesondere S 255/IV sowie 281 ff/V) sowie aufgrund der Angaben des Mitangeklagten B***** - davon ausgegangen, dass der Angeklagte den erforderlichen zeitnahen Überblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens mit Hilfe der von ihm initiierten sachgerechten Führung der Bücher und sonstiger Unterlagen gewährleistete.
Da die daraus abgeleitete Erkenntnis des Angeklagten von der äußerst angespannten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zeitlich mit der Erkennbarkeit der damals eingetretenen Zahlungsunfähigkeit zusammenfiel, der Angeklagte zudem entsprechende Schlussfolgerungen über den zur Sanierung nötigen Finanzbedarf zog und davon nicht nur den Mitgeschäftsführer informierte, sondern auch entsprechende Finanzierungsbemühungen desselben auslöste, war demnach die für die Begehungsweise des § 159 Abs 5 Z 5 StGB geforderte Kausalität seines Verhaltens nicht gegeben und damit insoweit auch eine Deliktsverwirklichung nach § 159 Abs l und Abs 2 StGB (und zwar hinsichtlich Abs 2 auch unter Zugrundelegung seines Ausscheidens aus der Geschäftsführerfunktion mit 29. März 2000) ausgeschlossen (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 159 Rz 70 und 81; 11 Os 28/03 = EvBl 2004/8).
Damit erledigt sich vorweg auch das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die unter abermaliger Bezugnahme auf die erwähnte Divergenz in den Ausführungen des Erstgerichts über den Zeitpunkt der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Angeklagten - unsubstantiiert - kritisiert, dass das Unterlassen der Stellung eines Jahresabschlusses für 1999 nicht als tatbestandsmäßiges Handeln im Sinne des § 159 Abs 5 Z 5 StGB gewertet wurde.
Nicht stichhältig ist auch der Beschwerdeeinwand (Z 5), das Erstgericht sei lediglich deshalb zu der Auffassung gelangt, dass der Angeklagte auf Grund einer ausreichenden Buchführung und Kostenrechnung den zur voraussichtlichen Sanierung des Unternehmens erforderlichen Finanzbedarf sachgerecht mit zumindest 50 Millionen S veranschlagt habe und dementsprechend bei Konkurseröffnung auch nur Forderungen über 40.323.000 S (bei angemeldeten Forderungen von insgesamt 113.209.000 S) festgestellt werden konnten (US 8), weil es das Vorbringen des Masseverwalter-Stellvertreters Dr. Stefan R***** in der Hauptverhandlung vom 25. Februar 2003 unberücksichtigt gelassen habe (S 6l/V), wonach der Stand angemeldeter Forderungen 7.270.964,68 Euro betragen würde, wobei Forderungen in der Höhe von 4.667.589,44 Euro anerkannt worden und solche von rund 2,6 Millionen Euro bestritten worden wären (Konkursquote: ca 2 %). Denn zum einen bezogen sich die Urteilsannahmen über den erwähnten sanierungsrelevanten Finanzbedarf auf den Zeitraum von Ende August/Anfang September 1999 bis zum Jänner 2000 (wobei zu Beginn dieses Zeitraumes das Unternehmen nach dem Gutachten des Buchsachverständigen mit 23,9 Millionen S überschuldet war - vgl S 33/III und 83/V) und finden zum anderen die Urteilsfeststellungen über den Stand der angemeldeten Forderungen bei Konkurseröffnung (US 8) sehr wohl in der Aktenlage Deckung (S 397 und 631/I).
Von dem nicht der Ingerenz des Angeklagten unterliegenden Misslingen der entsprechenden Kapitalzufuhr und von dessen Ende März 2000 erfolgten Ausscheiden aus dem Unternehmen ganz abgesehen übergeht die Beschwerde nämlich die Passage aus dem Vorbringen des Zeugen Dr. R*****, wonach die von ihm als bestritten angegebenen Anmeldungen lediglich Forderungen ohne "Hintergrund" zum Gegenstand hatten und die anerkannten Forderungen von der seinerzeitigen Beurteilung des Kapitalbedarfs durch den Angeklagten nicht wesentlich abwichen (S 61/V). Aus den Ausführungen dieses Zeugen ist demnach für den Beschwerdestandpunkt nichts zu gewinnen, weshalb sie keiner näheren Erörterung bedurften.
Weil die Tatrichter die Urteilsfeststellungen über das Vorhandensein einer im Sinn des § 159 Abs 5 Z 4 StGB effektiven Buchführung schlüssig aus den in freier Beweiswürdigung für zutreffend erachteten (und zudem auf unmittelbaren Wahrnehmungen über die betreffenden Vorgänge beruhenden) Angaben des Zeugen Mag. R***** sowie der Verantwortung des Angeklagten und B***** abgeleitet, damit aber auch entgegenstehende Verfahrensergebnisse als widerlegt erachtet haben, waren sie im Hinblick auf das Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten, sich mit den Angaben des Zeugen Michael Ka***** auseinander zu setzen. Beruht doch dessen - von der Beschwerde zudem durch isolierte Hervorhebung einzelner Passagen relevierte - Kritik an der Buchführung der GmbH nur auf einer bloßen Situationseinschätzung und nicht auf einen unmittelbaren Einblick in das tatrelevante Geschehen.
Soweit von diesem Zeugen Bilanz und Abschlusszahlen in Zweifel gezogen werden, verkennt die Beschwerde, dass die betreffende Aufstellung für 1999 gar nicht vom Angeklagten erstattet wurde, wozu noch kommt, dass der Zeuge nach seinen Bekundungen das erforderliche Zahlenmaterial trotz eines angeblich "mühsamen Prozesses" vom Angeklagten schließlich doch erhalten hat (S 71/V). Warum gerade der Umstand für die Tatbeurteilung von Bedeutung sein soll, dass Ka***** über die angenommene Beschränkung des Angeklagten in seiner Vollmacht zur eigenständigen Durchführung von Anweisungen keine Angaben machen und sich nur ganz allgemein auf dessen Auftreten als Verantwortlicher für den kaufmännischen Bereich auch gegenüber der Bank berufen konnte (S 73 sowie 79/V), wird von der Beschwerde nicht dargetan.
Soweit die Anklagebehörde versucht, mit dem Hinweis auf das nur allgemein gehaltene und ersichtlich auch nicht korrekt zwischen Schilling- und Eurobeträgen differenzierende Vorbringen der Zeugin Dr. Sylvia G***** als Vertreterin der Wiener Gebietskrankenkasse (S 59/V) die vorangeführten Urteilsannahmen in Frage zu stellen, wonach zu den in den Beilagen 9/ON 81 und C/ON 83 angeführten Zeitpunkten keine Beitragszahlungen zur Sozialversicherung mehr ausständig waren, geht sie - der Sache nach unzulässigerweise die erstrichterliche Beweiswürdigung kritisierend - auch in dieser Hinsicht nicht von den Urteilsgrundlagen aus und negiert überdies, dass die Tatrichter mit den Annahmen zum tatrelevanten Verhalten des Angeklagten der Sache nach auch ein vorsätzliches Einbehalten von Dienstnehmeranteilen durch den Genannten ausgeschlossen haben (US 11).
Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) versagt.
Der Tatbestand des § 159 Abs l StGB verlangt die grob fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit durch kridaträchtiges Handeln im Sinne des Abs 5 leg cit, jener des § 159 Abs 2 StGB dagegen, dass der Täter in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines seiner Gläubiger dadurch vereitelt oder schmälert, dass er nach Abs 5 kridaträchtig handelt. Unter grober Fahrlässigkeit ist jene Fahrlässigkeit zu verstehen, die unter Anlegung eines dem Gläubigerschutz dienenden strengen Maßstabes über leichte und durchschnittliche Fahrlässigkeit hinausreicht. Vor allem der Handlungs- und Gesinnungsunwert müssen insgesamt ein Ausmaß erreichen, das auffallend und ungewöhnlich ist (zu den Beurteilungskriterien im Einzelnen vgl 11 Os 28/03 = EvBl 2004/8 und Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 159 Rz 25 ff). Die grobe Fahrlässigkeit muss sich somit auf das kridaträchtige Verhalten im Sinn des § 159 Abs 5 StGB erstrecken und es muss das tatbestandsmäßige Handeln auch für den Taterfolg kausal sein.
Letzteres ist beim Vergehen nach § 159 Abs l StGB auch für die Begehungsweisen nach Abs 5 Z 4 und 5 dieser Bestimmung von Bedeutung, die für sich allein die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage nicht verändern, aber dem Schuldner den gebotenen zeitnahen Überblick über die wirtschaftliche Lage erheblich erschweren und so die Mitursache dafür werden können, dass er seine Verbindlichkeiten nicht in redlicher Weise zu bedienen imstande ist. Die hier aktuelle Begehungsweise nach § 159 Abs 5 Z 4 StGB (soweit sich die Rüge auch auf § 159 Abs 5 Z 5 StGB bezieht genügt der Hinweis auf die obigen Ausführungen dazu) besteht sowohl in einem Verstoß gegen die Buchführungs- oder Aufzeichnungspflicht als auch im Unterlassen sonstiger geeigneter und erforderlicher Kontrollmaßnahmen. Als kridaträchtiges Handeln in diesem Sinn ist daher auch anzusehen, wenn trotz an sich ordnungsgemäßer Führung von Geschäftsaufzeichnungen die daraus zu ziehenden Schlüsse nicht gezogen und die zur Hintanhaltung einer Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen wirtschaftlich naheliegenden Maßnahmen nicht getroffen wurden, wobei diese Unterlassung für eine tatsächlich eingetretene Zahlungsunfähigkeit kausal geworden ist.
Hievon ausgehend ist die Beschwerdeführerin schon insoweit nicht im Recht, als sie die Kausalität des tatbildmäßigen Handelns im Sinn des § 159 Abs l StGB reklamiert, weil nach den Urteilsannahmen die vom Angeklagten nach seinem tatsächlichen Arbeitsbeginn am 2. Mai 1999 eingeführte Kostenrechnung schon nach der erforderlichen Anlaufzeit Ende August/Anfang September 1999 ersehen ließ, dass das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt (und zwar damals auch erst überhaupt erkennbar) zahlungsunfähig war. Damit war aber die geforderte Kausalität nicht gegeben, weshalb eine Unterstellung der Tat unter § 159 Abs l StGB schon aus diesem Grund nicht in Frage kommt.
Soweit die Beschwerdeführerin ein Tatverhalten des Angeklagten im Sinne des § 159 Abs 2 und 5 Z 4 StGB behauptet, indem sie ihm nicht nur eine Verletzung seiner Buchführungs- oder Aufzeichnungspflicht, sondern auch (unsubstantiiert) das Unterlassen entsprechender Kontrollmaßnahmen vorwirft, übergeht sie die diesbezüglichen Urteilskonstatierungen, nach denen der Genannte sowohl eine entsprechende Kostenrechnung eingeführt als auch für eine effektive Buchhaltung Sorge getragen hat, die ihn am Ende des Sommers 1999 die wahre Situation des Unternehmens sowie den erforderlichen Kapitaleinsatz zu dessen Sanierung erkennen ließ und ihn darüber hinaus auch zu einer entsprechenden Warnung des Mitgesellschafters veranlasste, die schließlich auch Bemühungen um entsprechende Abhilfe auslösten.
Gleichfalls die erforderliche Orientierung an den Urteilsfeststellungen vermissen lässt die Beschwerde auch mit der Behauptung, dass die Beiziehung eines Wirtschafts- oder Steuerprüfers den Angeklagten nicht von seiner Verantwortung als mit kaufmännischen Belangen befasster Geschäftsführer entbinden konnte. Hat das Erstgericht einen solchen Haftungsausschluss doch gar nicht angenommen, sondern vielmehr konstatiert, dass der Angeklagte mit der beauftragten Wirtschaftstreuhandgesellschaft und mit Mag. R***** schon bei der Einführung der Kostenrechnung und Buchführung zusammenarbeitete und mit der betreffenden Materie auch weiterhin befasst blieb, solcherart den Überblick über die anfallenden Finanzierungsprobleme wahren konnte und damit die zur Führung der Geschäftsbücher und geschäftlichen Aufzeichnungen geeigneten Maßnahmen gesetzt hat (US 7 und 10). Die im Gegensatz zu diesen Urteilsannahmen von einer Abwälzung der Buchhaltungs- und Aufzeichnungspflicht auf die beantragte Wirtschaftstreuhandgesellschaft ausgehende Beschwerdebehauptung, dass der Angeklagte auch in Ansehung von (freilich nicht näher spezifizierter) Kontrollmaßnahmen eine auffällige Nachlässigkeit gezeigt und daher grob fahrlässig gehandelt habe, entbehrt deshalb gleichfalls der erforderlichen Feststellungsgrundlage.
Mit dem Einwand, der vom Angeklagten mit wenigstens 50 Millionen S veranschlagte Sanierungsbetrag würde vom schließlich eingetretenen Gesamtschaden erheblich abweichen, kritisiert die Beschwerde (wobei in diesem Zusammenhang auch auf die entsprechende Erörterung zur Mängelrüge verwiesen wird) unter Umdeutung von Verfahrensergebnissen lediglich unzulässigerweise die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter. Nicht anders verhält es sich auch mit dem gleichfalls nicht an den Urteilsannahmen festhaltenden und daher eine gesetzmäßige Ausführung der Rechtsrüge verfehlenden pauschalen Beschwerdevorbringen, dass dem Angeklagten grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen wäre und das Erstgericht zu einem verurteilenden Erkenntnis hätte gelangen müssen, wenn es sämtliche relevierten "Beweisergebnisse" in seine Entscheidung "aufgenommen" (gemeint: im Sinne der Beschwerde verwertet) und richtige sowie vollständige Feststellungen getroffen hätte.
Warum die Rechtsansicht des Erstgerichts (wonach dem Angeklagten kein grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist) "selbst auf der Basis der getroffenen Feststellungen" nicht haltbar sein soll, wird von der Beschwerde (die damit verkennt, dass es zur erfolgreichen Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes stets des Vergleiches der getroffenen Konstatierungen mit der darauf anzuwendenden Norm bedarf) nicht dargetan, weshalb die Rüge auch insoweit versagt.
Soweit sich die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich noch gegen den in der Hauptverhandlung vom 29. April 2003 gefassten Beschluss auf Ausscheidung des Verfahrens gegen den Mitangeklagten B***** aus der gegenständlichen Strafsache (§ 57 StPO) wendet (S 305/V), verkennt sie, dass ein allfälliger Verstoß gegen § 57 StPO an sich nicht unter Nichtigkeitssanktion steht (Mayerhofer StPO4 § 57 E 7), sondern nur bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen mit Verfahrensrüge nach § 281 Abs l Z 4 StPO bekämpfbar wäre. Um zur Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrunds berechtigt zu sein, hätte die Beschwerdeführerin den Gerichtshof nach § 238 StPO mit einem Antrag befassen müssen, die amtswegig gefasste prozessleitende Verfügung abzuändern, was aber unterblieb (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 306).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
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