OGH 15Os112/13d

OGH15Os112/13d2.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Oktober 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wassim S***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Geschworenengericht vom 15. Mai 2013, GZ 13 Hv 29/13x-35, sowie über dessen Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 StPO, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Wassim S***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 24. November 2012 Daniela S***** vorsätzlich zu töten versucht, indem er ihr ein Messer mit einer rund 17 cm langen und 4,5 cm breiten Klinge unterhalb des rechten Rippenbogens in den Brustkorb stach und ihr anschließend mit dem abgebrochenen Messergriff in der Hand mehrere Faustschläge gegen den Oberkörper versetzte, wodurch Daniela S***** eine 5 cm lange Stichwunde mit einem rund 20 cm langen Stichkanal samt einer rund 8 cm langen Schnittwunde, eine Zerrung des linken Daumens und eine knöcherne Absprengung am linken Mittelfingerendglied erlitt.

Die Geschworenen hatten die nach dem Verbrechen des Mordes (§§ 15, 75 StGB) gestellte Hauptfrage bejaht, die Eventualfragen nach dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 Abs 1 StGB) und nach dem Vergehen der schweren Körperverletzung (§ 84 Abs 1, Abs 2 Z 1 StGB) blieben demgemäß unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf Z 8, 10a, 12 und 13 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Eine prozessordnungsgemäße Ausführung der Instruktionsrüge (Z 8) verlangt den Vergleich der tatsächlich erteilten Rechtsbelehrung mit dem nach § 321 Abs 2 StPO erforderlichen Inhalt und die darauf gegründete deutliche und bestimmte Darstellung der behaupteten Unrichtigkeit der den Geschworenen zuteil gewordenen juristischen Information (RIS-Justiz RS0119549).

Das Vorbringen der Rüge (Z 8) geht indes nicht von der tatsächlich erteilten Rechtsbelehrung aus, die dem Einwand des Beschwerdeführers zuwider beide Elemente des bedingten Vorsatzes (§ 5 Abs 1 StGB; Wissens- und Wollenskomponente) erklärt (S 2 f, 9 der Rechtsbelehrung). Auch das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander wird in der den Geschworenen erteilten Belehrung erörtert (S 10, 11 und 13 der Rechtsbelehrung). Welcher Instruktion über die Darstellung der Folgen von Bejahung oder Verneinung einer Frage es noch bedurft hätte, vermag die Rüge nicht anzugeben.

Die weitere Argumentation legt nicht konkret dar, welche „Textteile schwer verständlich“ sein sollen und inwiefern oder inwieweit es einer „näheren Erläuterung“ bedurft hätte, und entzieht sich somit meritorischer Erledigung. Gleiches gilt für die in der Beschwerde anhand der Niederschrift der Geschworenen über deren Erwägungen angestellten Spekulationen („eine Differenzierung zwischen Verletzungsabsicht und Tötungsvorsatz dürfte von den Geschworenen ... nicht vorgenommen worden sein“).

Mit der Wiederholung der Verantwortung des Angeklagten und dem Hinweis auf die Aussage der Zeugin S*****, wonach es auch nach Vorfällen im Mai und Juni 2012 (die zu einer strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers führten) Kontakte zwischen ihr und dem Angeklagten gegeben hätte, gelingt es der Tatsachenrüge (Z 10a) nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 12), die Voraussetzungen für den bedingten Tötungsvorsatz seien nicht gegeben, geht nicht vom - allein maßgeblichen (Fabrizy, StPO11 § 345 Rz 22) - Inhalt des Wahrspruchs aus und verfehlt solcherart die gebotene Orientierung an der Verfahrensordnung.

Soweit die Beschwerde anregt, beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren in Ansehung des Wortes „kurzen“ in § 331 Abs 3 StPO („in einer kurzen Niederschrift“) sowie des letzten Satzes des § 342 StPO („Auf die im § 331 Abs 3 StPO bezeichnete Niederschrift darf im Urteil kein Bezug genommen werden.“) „einzuleiten“, genügt der Hinweis, dass diese Bestimmungen im konkreten Fall vom Obersten Gerichtshof nicht anzuwenden und somit auch nicht präjudiziell im Sinn des Art 89 Abs 2 B-VG waren (RIS-Justiz RS0053720).

Ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (Z 13) liegt dann vor, wenn bei der Strafbemessung Umstände, die bereits die Strafdrohung bestimmen, als erschwerend oder mildernd berücksichtigt werden (§ 32 Abs 2 StGB; Fabrizy, StGB10 § 32 Rz 4a). Da die „große Brutalität“ bei der Tatbegehung kein Tatbestandsmerkmal betrifft, kann deren Wertung im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägungen den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht begründen (RIS-Justiz RS0090945).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde (§§ 344, 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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