OGH 15Os112/12b

OGH15Os112/12b17.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Oktober 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krausam als Schriftführerin in der Strafsache gegen Zbigniew M***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 3, 130 dritter und vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Zbigniew M***** und Rafal J***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 21. Juni 2012, GZ 39 Hv 14/12y-98, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Zbigniew M***** und Rafal J***** werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch beider Angeklagter enthält, wurden Zbigniew M***** und Rafal J***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 3, 130 dritter und vierter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 22. November 2011 in B***** Egon H***** eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen PKW Audi A4 im Wert von mindestens 21.000 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch gewaltsames Abdrehen des Türschlosses, sohin Aufbrechen eines Transportmittels, und durch Abdrehen des Zündschlosses, sohin Aufbrechen einer Sperrvorrichtung, wegzunehmen versucht, wobei sie den Diebstahl an einer Sache, deren Wert 3.000 Euro übersteigt, und überdies den schweren Diebstahl (§ 128 Abs 1 Z 4 StGB) und den Diebstahl durch Einbruch (§ 129 StGB) in der Absicht zu begehen suchten, sich durch die wiederkehrende Begehung „der Tat“ (US 4: von wertqualifizierten Diebstählen und Einbruchsdiebstählen) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten M***** aus Z 5a und vom Angeklagten J***** aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten M*****:

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583, RS0118780). Der Umstand, dass aus der Verantwortung der Angeklagten und den vorliegenden Indizien auch für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen hätten gezogen werden können, ist für sich allein nicht geeignet, jene erheblichen Bedenken darzutun, auf die der angesprochene Nichtigkeitsgrund abstellt (RIS-Justiz RS0099674).

In einer Gesamtschau aller Beweismittel verwarfen die Tatrichter angesichts des Aufgriffs beider Angeklagter in unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Nähe zum Tatort, der beim Erstangeklagten, im von den Angeklagten benützten Fahrzeug sowie bei der Anhaltung des Zweitangeklagten in einer Hecke neben diesem sichergestellten Gegenstände (ON 4 S 5 ff und 23 ff) und der Auswertung der Mobiltelefone (ON 50 S 5 ff) das Vorbringen der Angeklagten (der Erstangeklagte sei bloß zur Aufnahme von Schwarzarbeiten am Bau in Österreich angereist und der Zweitangeklagte habe ihn chauffiert) als nicht lebensnah und unglaubwürdig, wobei sie auch die von der Zeugin Gj***** berichteten Wahrnehmungen in Tatortnähe (ON 4 S 5 und 23 ff sowie ON 80 S 29 ff) in ihre Überlegungen einbezogen (US 4 ff). Mit eigenen spekulativen Erwägungen zur Wahrscheinlichkeit des Vorliegens ähnlich kompromittierender Umstände bei der Betretung von Schwarzarbeitern oder zu Möglichkeiten der Wertung der Aussage der Zeugin Gj***** bekämpft der Beschwerdeführer bloß unzulässig die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung, ohne dadurch nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufzuwerfen.

Ebensowenig vermag die - gewerbsmäßige Tendenz des Angeklagten in Zweifel ziehende - Überlegung, eine beabsichtigte Aufnahme von Schwarzarbeit in Österreich würde den Aufwand einer Anreise aus Polen ebenso rechtfertigen wie eine von den Tatrichtern angenommene Einbruchstour, solche Bedenken (Z 5a) zu wecken, zumal für die Annahme gewerbsmäßiger Absicht den Urteilserwägungen zufolge auch das sichergestellte professionelle Einbruchswerkzeug (US 4 f) und die einschlägigen Vorstrafen der Angeklagten (US 3) den Ausschlag gaben (US 6).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten J*****:

Die auf den Aufwand einer Fahrt von Polen nach Österreich, das sichergestellte professionelle Einbruchswerkzeug und die einschlägigen Vorstrafen der Angeklagten gestützte Feststellung gewerbsmäßiger Tatbegehung ist mit einer den Kriterien logischen Denkens nicht zuwider laufenden Begründung versehen, weshalb mit dem Einwand, dass aus den vorliegenden Umständen auch andere Schlüsse gezogen werden könnten und dass die des Urteils nicht zwingend seien, keine unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) dargetan wird (RIS-Justiz RS0119094).

Das Vorbringen, die Feststellung, dass beide Angeklagten ihr Fahrzeug einige Gassen weiter parkten und sich (ihrem Tatplan entsprechend, US 3 f) mit geeignetem Werkzeug zum Tatobjekt begaben, wo sie zunächst das Türschloss und anschließend im Inneren des Fahrzeugs das Zündschloss abdrehten (US 4), lasse eine nähere Darstellung vermissen, welcher der beiden Angeklagten konkret welche Tathandlung ausgeführt habe, und erlaube damit auch keine Abgrenzung zwischen Mit- oder Beitragstäterschaft, spricht keine für Schuldspruch oder Subsumtion entscheidende Tatsache an und ist angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen weder aus Z 5 noch aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO anfechtbar (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 und 646; RIS-Justiz RS0117604, RS0013731, RS0089835).

Ebensowenig betrifft die für die Bewertung des Tatobjekts mit lediglich 12.000 Euro (anstatt wie im Urteil mit 21.000 Euro) eintretende Tatsachenrüge (Z 5a) eine entscheidende Tatsache, weil sie die vom Schuldspruch umfasste Wertqualifikation nach § 128 Abs 1 Z 4 StGB und somit auch die Subsumtion der Tat nicht berührt.

Die weitere Argumentation die Verantwortung der Angeklagten sei „denkmöglich“ ist nicht geeignet, erhebliche Bedenken (Z 5a) an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichts hervorzurufen (RIS-Justiz RS0118780).

Die Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Mit Blick auf die - von den Angeklagten nicht in Frage gestellte - Feststellung, wonach es sich bei den - im Urteil näher bezeichneten - vom Einziehungserkenntnis betroffenen Gegenständen (US 2 und 4 f) um typisches Einbruchswerkzeug handelt (US 4) bleibt zu bemerken, dass kein Anlass für eine amtswegige Maßnahme gemäß § 290 StPO aus dem Grunde des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO besteht, weil die Erstrichter damit zum Ausdruck brachten, dass diese im konkreten Fall primär und überwiegend der Einbruchsdelinquenz dienen (vgl RIS-Justiz RS0090389).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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