OGH 15Os111/12f

OGH15Os111/12f21.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. November 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Scheickl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef F***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall, Abs 2, 148 erster und zweiter Fall, 12 dritter Fall StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 23. Mai 2012, GZ 11 Hv 58/12m-7a, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Unterstellung der ihm im Schuldspruch A./ angelasteten Taten auch unter §§ 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall, 148 zweiter Fall StGB, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels verwiesen.

Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren weiteren Rechtsmitteln auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef F***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall, Abs 2, 148 erster und zweiter Fall StGB, teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (A./), sowie des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB (B./) schuldig erkannt und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts Linz vom 8. November 2011, AZ 26 Hv 166/11y, nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.

Unter Berufung auf § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Nach dem Schuldspruch hat Josef F***** - soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde relevant - in W***** und andernorts

„A./ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eines Betrugs eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eines schweren Betrugs bei dem zur Täuschung falsche Urkunden (nach dem Ausspruch gemäß § 260 Abs 1 Z 2 StPO: falsche Beweismittel) benutzt wurden, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sowie mit dem Vorsatz, sich oder Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, indem er vortäuschte, er würde die von ihm eingehobenen Geldbeträge an den Verein 'T*****' bzw an den Verein 'Ö*****' abführen, sowie indem er in vielen Fällen zusätzlich vortäuschte, er wäre ein befugter Werber dieser Vereine, wobei er zur Täuschung in zahlreichen Fällen falsche Urkunden (nach dem Ausspruch gemäß § 260 Abs 1 Z 2 StPO: falsche Beweismittel) benutzte, nämlich von ihm unbefugt - (vorgeblich) in Vertretung für die Vereine - unterfertigte Farbkopien von 'Tierpatenschaftserklärungen' des Vereins 'T*****' bzw von 'Mitgliedschaftserklärungen' des Vereins 'Ö*****' , welche allesamt mit Vereinslogo, mit Vereinskontaktdaten und mit einer laufenden Seriennummer der Vereine versehen waren, teils bekannte, teils nicht näher bekannte Verfügungsberechtigte zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung von Bargeldspenden in der Höhe von insgesamt 9.121 Euro verleitet, wodurch diese oder andere infolge der Zweckverfehlung in einem insgesamt 3.000 Euro, nicht jedoch 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag am Vermögen geschädigt wurden“, und zwar:

I./ als unmittelbarer Täter

1./ ab dem Jahr 2007 bis zum 4. November 2011 in mehreren Angriffen Hildegard Fi***** zur Ausfolgung von insgesamt zumindest 600 Euro;

2./ ab dem Jahr 2007 bis zum Jahr 2011 in zumindest fünf Angriffen Ida M***** und Brunhilde M***** zur Ausfolgung von insgesamt zumindest 1.200 Euro;

3./ ab dem Jahr 2006 bis zum Jahr 2011 in mehreren Angriffen Hilda N***** zur Ausfolgung von insgesamt zumindest 2.400 Euro;

4./ ab dem Jahr 2007 bis zum 26. April 2011 in zumindest zwei Angriffen Josef H***** zur Ausfolgung von insgesamt zumindest 120 Euro;

5./ am 28. September 2010 Dr. Edeltraud Me***** zur Ausfolgung von 60 Euro;

6./ ab dem Jahr 2007 bis zum Jahr 2011 Olga K***** zur Ausfolgung von insgesamt zumindest 1.800 Euro;

7./ ab den Jahren 2006/2007 bis [berichtigt] 4. November 2011 in zahlreichen weiteren Angriffen weitere, nicht näher bekannte Verfügungsberechtigte, zur Ausfolgung von Bargeld in unbekannter Höhe;

II./ als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB ab dem Jahr 2006 bis Mitte des Jahres 2009 dadurch, dass er Ernst Fl***** vielfach mit seinem PKW zu den Tatorten brachte und ihn entsprechend seiner Zusage auch wieder mitnahm, dazu beigetragen, dass der Genannte unter der Vorgabe, er wäre befugter Werber und würde die von ihm eingehobenen Spenden an die zu Punkt I./ genannten Vereine abführen, „wobei er zur Täuschung in zahlreichen Fällen falsche Urkunden“ (nach dem Ausspruch gemäß § 260 Abs 1 Z 2 StPO: falsche Beweismittel), nämlich von ihm unbefugt einbehaltene Originale und unbefugt hergestellte Farbkopien der zu Punkt I./ genannten Erklärungen benutzte, welche er allesamt unbefugt - (vorgeblich) in Vertretung für die Vereine - unterfertigte, mehrere Geschädigte zur Ausfolgung von Bargeld in nicht näher bekannter, jedenfalls 3.000 Euro übersteigender Höhe verleitete.

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich gegen die Annahme der Qualifikation der zu A./ beschriebenen Taten nach §§ 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und 148 zweiter Fall StGB richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Gegen den Strafausspruch wenden sich die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte mit jeweils auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gegründeten Beschwerdeausführungen.

Mit Subsumtionsrüge (Z 10) macht der Angeklagte geltend, dass zureichende Konstatierungen des Erstgerichts für eine Unterstellung der zu Schuldspruch A./ beschriebenen Taten auch unter §§ 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und 148 zweiter Fall StGB fehlen.

Nach den Feststellungen verfügte der Angeklagte aus seiner Tätigkeit bei der „Ö*****“ über „Mitgliedschaftserklärungen“ und beim Verein „T*****“ über „Tierpatenschaftserklärungen“, wobei auf diesen als „Förderscheinen“ bezeichneten Formularen das Vereinslogo, Vereinskontaktdaten und eine laufende Seriennummer aufschienen und diese von den Arbeitgebern blanko an die Werber ausgehändigt worden waren, um damit Zahlungen bzw Beitritte zu den jeweiligen Organisationen zu bestätigen, indem die Formulare jeweils in der Wohnung der Spender ausgefüllt wurden (US 5). Solche Förderscheine wurden nach den Urteilsannahmen von Ernst Fl***** kopiert und (auch) vom Angeklagten in der Folge „im unausgefüllten Zustand zur Täuschung darüber benutzt, (noch) befugter Werber“ der Hilfsorganisationen zu sein. Den vervollständigten Förderscheinen kam keine weitere Funktion in Bezug auf die Tathandlungen zu (US 5 dritter Absatz iVm US 9 zweiter Absatz).

Feststellungen, die die Beurteilung ermöglichen, ob die vorliegenden „Förderscheine“ im noch unausgefüllten Zustand falsche oder verfälschte Beweismittel im Sinn des § 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB darstellten (s dazu Kirchbacher in WK² § 147 Rz 36, Rz 38 f; vgl auch RIS-Justiz RS0121294; 15 Os 67/11h) sind dem Urteil nicht zu entnehmen.

Demnach war - mangels Behebbarkeit des Mangels durch den Obersten Gerichtshof - in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Josef F***** das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in der Unterstellung der dem Angeklagten im Schuldspruch A./ angelasteten Tat unter §§ 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall, 148 zweiter Fall StGB sowie auch der Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufzuheben und dem Landesgericht Wels in diesem Umfang die neue Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Mit ihren inhaltlich zutreffend (RIS-Justiz RS0091988) Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO geltend machenden Rechtsmittelausführungen sowie mit ihren Berufungen wegen Strafe waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die Aufhebung des Strafausspruchs zu verweisen.

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