OGH 15Os10/00

OGH15Os10/002.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. März 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Greinert als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Nermin B***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Nermin B***** und Ilija I***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 11. Oktober 1999, GZ 12 Vr 553/99-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden) Urteil wurden Nermin B***** und Ilija I***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall und 15 StGB (A) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach haben sie - soweit von den Nichtigkeitsbeschwerden inhaltlich angefochten - (A) zwischen Frühjahr 1997 und 12. Juni 1999 an verschiedenen Orten im bewussten und gewollten Zusammenwirken (auch mit weiteren Mittätern) in (bei B***** 24, bei I***** 18) im Ersturteil detailliert dargestellten Angriffen fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 25.000 S übersteigenden Wert anderen teils auch durch Einbruch und Einsteigen in Transportmittel, Einbruch in Gebäude und Aufbrechen von Behältnissen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung teils weggenommen und dies teils versucht, wobei sie die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begingen, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar (soweit angefochten)

(A I 8) Nermin B***** und Ilija I***** im April 1999 in Neumarkt in der Steiermark einem Unbekannten einen Autoradio und einen CD-Wechsler,

(A IV 1) Nermin B***** und Ilija I***** in Zusammenwirken mit Suad A***** im Februar 1999 in Murau einem Unbekannten Zigaretten und Bargeld durch Einbruch wegzunehmen versucht, indem sie mit einem Brecheisen einen Zigarettenautomaten aufzubrechen trachteten,

(A VI) Nermin B***** in Zusammenwirken mit Mirsad D***** am 21. oder 22. Oktober 1997 in Neumarkt in der Steiermark Berechtigten der Firma K***** vier PKW-Winterreifen im Wert von 1.710,92 S, sowie

(A VII) Nermin B***** und Ilija I***** in Zusammenwirken mit Mirsad D***** und Vera M***** im Frühjahr 1997 in Teufenbach einem Unbekannten eine Heckablage durch Einbruch in dessen PKW VW-Golf weggenommen.

Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, die Nermin B***** auf Z 5, 5a, 9 lit a und 10, Ilija I***** ausschließlich auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO stützt. Beide sind nicht im Recht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Nermin B*****:

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge (Z 5) bekämpft mit den Behauptungen, die erstgerichtlichen Feststellungen zu A VI und VII des Schuldspruchs würden sich "auf dem Niveau einer unstatthaften Vermutung zu Lasten des Angeklagten bewegen", der Grundsatz "in dubio pro reo" sei verletzt worden, sowie Verfahrensergebnisse seien "nicht ausreichend gewürdigt" worden, unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Der - soweit auch unvollständig zitierenden - Beschwerde zuwider hat das Erstgericht die den Feststellungen entgegenstehenden Teile der Verantwortungen der beiden Angeklagten in der Hauptverhandlung zu A VI und VII nicht mit Stillschweigen übergangen, sondern durch die Angaben des Beschwerdeführers vor der Gendarmerie (S 325) und in der Hauptverhandlung (S 565) als widerlegt angesehen (US 13 f).

Die Feststellungen zur gewerbsmäßigen Begehung haben die Erkenntnisrichter "im Besonderen" mit der Vielzahl der Angriffe und der Weiterveräußerung des Diebsguts, darüber hinaus aber auch mit der geständigen Verantwortung des Nermin B***** vor der Gendarmerie, die Diebstähle zur Bestreitung des Lebensunterhalts und zum Teil über Auftrag begangen zu haben (S 331), schließlich auch mit seiner nur fallweisen Arbeitstätigkeit denkmöglich und mängelfrei begründet, ohne - dem Gebot gedrängter Darstellung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend - verhalten gewesen zu sein, zu den detaillierteren Angaben des Angeklagten über seine finanzielle Situation (S 565) Stellung zu beziehen, verlangt doch der Begriff der Gewerbsmäßigkeit keineswegs, dass die strafbare Handlung die einzige Erwerbsquelle des Rechtsbrechers ist (SSt 46/30 uva).

Ob der Nichtigkeitswerber bei den zu A VI und VII genannten Taten sich selbst oder seinen Mittäter unrechtmäßig bereichern wollte, ist infolge rechtlicher Gleichwertigkeit für die Beurteilung nach § 127 StGB ohne Bedeutung. Wie viele der von ihm (zu A) begangenen (24) Taten gewerbsmäßig verübt worden sind, betrifft aber keine im Sinn der Z 5 entscheidende Tatsache (Ratz in WK2 § 29 Rz 6, Mayerhofer/Rieder StGB4 § 29 E 9).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem formalen Verweis auf die Ausführungen zur Mängelrüge keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen hervorzurufen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vernachlässigt mit der Behauptung von Feststellungsmängeln zur subjektiven Tatseite zu A VI und VII die - alle Diebstahlsfakten betreffenden - hinreichenden Urteilskonstatierungen (US 10), die einer näheren Konkretisierung nicht bedurften. Soweit sie in diesem Rahmen den Boden der tatsächlichen Urteilsannahmen verlässt und der Sache nach (sowie unsubstantiiert) Begründungsmängel einwendet, ist sie ebenfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) vermisst Feststellungen zur Einbruchsqualifikation zu A VI und VII, übersieht dabei aber, dass die Tatrichter eine solche zu A VI nicht angenommen (US 6, 10 f), zu A VII wiederum ausreichende Konstatierungen getroffen haben (US 10 f), deren Bestreitung im Rahmen der Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Prozessordnung zuwiderläuft.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Ilija I*****:

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat sich dieser Nichtigkeitswerber zu A IV 1 des Schuldspruchs in der Hauptverhandlung (nach ursprünglichem Leugnen, S 567) letztlich ausdrücklich schuldig bekannt (S 569), weshalb die der Sache nach behauptete Aktenwidrigkeit nicht vorliegt. In Hinblick darauf waren die Tatrichter auch nicht verhalten, die Angaben des Nermin B***** vor dem Untersuchungsrichter (S 117) einer näheren Erörterung zu unterziehen, zumal auch dieser Angeklagte schließlich den diesbezüglichen Anklagesachverhalt als richtig bezeichnete (S 563).

Zu A VII wiederum hat das Erstgericht seine den Schuldspruch tragenden Feststellungen mängelfrei auf die Angaben des Nermin B***** in der Hauptverhandlung (S 565) gestützt und hiedurch ersichtlich nicht nur die Verantwortung des Ilija I*****, sondern auch die früheren Behauptungen des Erstangeklagten als widerlegt angesehen. Ebenso durften die Tatrichter ihre Konstatierungen zu A I 8 ohne Verstoß gegen die Grundsätze der Logik auf die Depositionen des Nermin B***** vor der Gendarmerie (S 55) stützen und damit erkennbar nicht nur die Angaben des Beschwerdeführers, sondern auch jene des Erstangeklagten vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung verwerfen. Mit ihrer Kritik daran bekämpft die Beschwerde bloß unzulässiger Weise die erstgerichtliche Beweiswürdigung.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt.

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