OGH 15Ns58/21d

OGH15Ns58/21d17.8.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. August 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen M***** L***** wegen des Verbrechens der staatsfeindlichen Verbindung nach § 246 Abs 2 StGB in dem zu AZ 16 Hv 48/21p des Landesgerichts für Strafsachen Graz und zu AZ 601 Hv 3/21k des Landesgerichts für Strafsachen Wien zwischen diesen Gerichten geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0150NS00058.21D.0817.000

 

Spruch:

Für die Durchführung des Strafverfahrens ist das Landesgericht für Strafsachen Graz zuständig.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

[1] Die Staatsanwaltschaft Graz brachte am 17. Mai 2021 beim Landesgericht für Strafsachen Wien eine Anklageschrift gegen D***** S***** wegen dem Verbrechen der staatsfeindlichen Verbindung nach § 246 Abs 2 erster und vierter Fall StGB subsumierten Verhaltens ein. Die Anklage ist seit 5. Juni 2021 rechtswirksam und zu AZ 601 Hv 2/21m anhängig.

[2] Am 5. Mai 2021 erhob die Staatsanwaltschaft Graz beim Landesgericht für Strafsachen Graz auch Anklage gegen M***** L***** wegen dem Verbrechen der staatsfeindlichen Verbindung nach § 246 Abs 2 erster und vierter Fall StGB subsumierten Verhaltens (ON 623 des Aktes AZ 16 Hv 48/21p des Landesgerichts für Strafsachen Graz), wobei die Anklage am 25. Juni 2021 rechtswirksam wurde (ON 1 S 203).

[3] Mit Verfügung vom selben Tag trat das Landesgericht für Strafsachen Graz das Strafverfahren gegen M***** L***** wegen „objektiver Konnexität“ nach § 37 Abs 1 StPO zur gemeinsamen Führung mit dem Strafverfahren gegen D***** S***** an das Landesgericht für Strafsachen Wien ab.

[4] Dieses legte den Akt (nunmehr AZ 601 Hv 3/21k) dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt vor (§ 38 StPO).

[5] Werden nacheinander mehrere Anklagen in Bezug auf subjektiv, objektiv oder subjektiv‑objektiv konnexe Straftaten erhoben, sind die Verfahren von dem nach § 37 Abs 2 oder Abs 3 StPO zuständigen Gericht zu verbinden, wenn zum Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der späteren Anklage bereits ein Hauptverfahren anhängig ist (§ 37 Abs 3 StPO). Im Fall einer bloß prozessualen Konnexität (enger sachlicher Zusammenhang im Hinblick auf ein einheitliches Tatgeschehen; vgl RIS‑Justiz RS0127579) gilt dies allerdings nicht (Oshidari, WK-StPO § 37 Rz 8; Fabrizy/Kirchbacher StPO14 § 37 Rz 4).

[6] Sowohl D***** S***** als auch M***** L***** waren laut Anklagevorwurf Mitglied der staatsfeindlichen Verbindung „International Common Law Court of Justice Vienna“ (kurz: „ICCJV“), wobei sie dort unterschiedliche Funktionen und Tätigkeiten ausgeübt haben sollen (vgl ON 623 S 1 f, 10, 11). Dass L***** darüber hinaus die Beteiligung (§ 12 StGB; vgl dazu Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 24 ff, 42 ff, 81 ff) an einer strafbaren Handlung der S***** zur Last gelegt würde, kann der Anklageschrift nicht entnommen werden. Eine bloß prozessuale Konnexität erfüllt die Voraussetzungen für eine Verbindung der Verfahren nach § 37 Abs 3 StPO aber nicht.

[7] Zur Führung des Verfahrens gegen M***** L***** ist daher – im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – das Landesgericht für Strafsachen Graz zuständig.

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