OGH 14Os9/90

OGH14Os9/9013.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.März 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Ponholzer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Anton K*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7.Juni 1989, GZ 6 b Vr 7.785/87-28, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, der Vertreterin des Finanzamtes für Körperschaften, Dr. Schmutzer, des Angeklagten Anton K*** und des Verteidigers Dr. Laimer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Anton K*** von der Anklage, in der Zeit von 1978 bis Mai 1982 in Wien als faktischer Geschäftsführer der K*** & B*** GmbH vorsätzlich fortgesetzt in mehreren Tathandlungen im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Eleonore K*** unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch die bücherliche Erfassung fingierter Ankäufe von Markenrechten und durch die Abgabe von darauf aufbauenden unrichtigen Steuererklärungen die Verkürzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1978 und 1980 sowie der Körperschaftssteuer und der Gewerbesteuer für die Jahre 1980, 1981 und 1982 im Gesamtbetrag von 3,115.826,-- S bewirkt und hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen zu haben, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Die Anklage geht davon aus, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1978 den Erwerb eines Markenrechtes um 2,5 Millionen S (ohne Umsatzsteuer) und im Jahre 1979 den Erwerb eines weiteren Markenrechtes um 8 Millionen S (ohne Umsatzsteuer) durch die Gesellschaft mit beschränkter Hatung fingierte und den einschlägigen Steuererklärungen wahrheitswidrig diese vorgespiegelten finanziellen Aufwendungen zugrunde legte. Im betreffenden Umfang ergingen rechtskräftige finanzamtliche Bescheide über die zu entrichtende Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer, wobei die endgültige Abgabenfestsetzung im Anschluß an eine Betriebsprüfung nach Wiederaufnahme des Verfahrens und Aufhebung der ursprünglichen Bescheide vorgenommen wurde und auf der Annahme beruht, daß die beiden Erwerbsgeschäfte über Markenrechte nicht wirklich stattgefunden haben.

Das Schöffengericht gelangte zur Feststellung, daß der Angeklagte dem Anklagevorwurf zuwider namens der Gesellschaft mit beschränkter Haftung von sich selbst die Nutzungsrechte der beiden Marken um die behaupteten Entgelte tatsächlich erworben habe. Zur Bezahlung sei ein von der Ehegattin des Angeklagten gewährtes Darlehen von 10,5 Millionen S herangezogen worden. Auf die Umstände, daß demnach der Darlehensnehmer die Gesellschaft mit beschränkter Haftung gewesen sein mußte, diesbezügliche Vereinbarungen aber nicht schriftlich fixiert wurden und der Angeklagte seinerseits das erhaltene Geld seiner Frau kurzfristig ohne schriftlichen Nachweis wieder als Darlehen zur Verfügung gestellt haben will, ging das Erstgericht nicht ein. Ebensowenig fanden die Tatsachen Erwähnung, daß die Rückgabe des Geldes an die Ehefrau des Angeklagten der Begleichung jener Wechselverbindlichkeiten gedient haben soll, die allein durch Aufbringung der Darlehenssummen entstanden sind, und daß der Angeklagte die gesamte Gebarung einschließlich des Geldkreislaufes nicht mit kaufmännischen Erfordernissen oder Zweckmäßigkeiten für das Unternehmen, sondern mit der in seinem eigenen Interesse gelegenen Ausnützung eines Verlustvortrages erklärte (S 109 bis 111).

Von der Überzeugung ausgehend, daß die behaupteten entgeltlichen Erwerbungen der Markenrechte reale wirtschaftliche Transaktionen und nicht - wie das Finanzamt meinte - Scheingeschäfte ohne finanzielle Auswirkungen gewesen seien, verneinte das Erstgericht die Verletzung einer abgabenrechtlichen Verpflichtung durch den Angeklagten und gelangte demgemäß zu einem Freispruch.

Dieses Urteil wird von der Staatsanwaltschaft mit einer auf die Nichtigkeitsgründe nach Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Bereits den einleitenden, der Sache nach allein eine Mängelrüge (Z 5) enthaltenden Einwänden der Anklagebehörde, daß das Erstgericht der - im Sinne der ständigen Rechtsprechung (EvBl 1979/225, SSt 48/36 ua) - bindenden Wirkung der Abgabenbescheide eine zu geringe Tragweite einräumte, kommt Berechtigung zu. Es stellt nämlich einen Beründungsmangel dar (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Komm zum FinStrG E 12 zu § 55), wenn das Gericht Sachverhaltsfeststellungen trifft, die mit dem als bindende Tatsache vorgegebenen Bestehen der Abgabenschulden unvereinbar sind, wie dies hier auf die Annahme des entgeltlichen Erwerbes der Markenrechte zutrifft, weil das Unterbleiben dieser Geschäfte notwendige Grundlage der Abgabenschulden ist. Gerade weil das Gericht nur solche Sachverhaltsfeststellungen treffen darf, die das Bestehen der Abgabenschuld ihrem Grund und ihrer Höhe nach nicht in Zweifel ziehen, bleibt auf der Tatsachenebene für die gerichtliche Annahme eines geschäftlichen Vorganges, dessen Nichtverwirklichung die Grundlage der endgültigen Abgabenfestsetzung ist, kein Raum. Von einer Vereinbarkeit (US 14/15) der gerügten Konstatierung mit der bindend festgestellten Abgabenschuld kann daher nicht gesprochen werden (vgl den Hinweis in 12 Os 167/88 zu 6 b Vr 6611/86 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien). Wegen der aufgezeigten Nichtigkeit war das angefochtene Urteil zur Gänze aufzuheben und eine neue Hauptverhandlung anzuordnen (§ 288 Abs. 2 Z 1 StPO).

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