OGH 14Os98/96

OGH14Os98/9620.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. August 1996 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer, Dr. Ebner, Dr. E.Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hawlicek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Domagoj B***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Feber 1996, GZ 4a Vr 12.163/95-44, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG (A) insoweit, als dem Angeklagten die Aus- und Einfuhr sowie die Inverkehrsetzung eines über die Menge von 30 bis 50 Gramm Kokain hinausgehenden Suchtgiftquantums angelastet wird, demgemäß auch in der rechtlichen Beurteilung als Verbrechen nach § 12 Abs 1 bzw Abs 3 Z 3 SGG sowie im Strafausspruch, einschließlich der Aussprüche über die Vorhaftanrechnung und die Wertersatzstrafe, aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerde sowie die "Berufung wegen Schuld" zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen (wegen des Ausspruches über die Strafe) werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem in Beschwerde gezogenen Teil des angefochtenen Urteils wurde Domagoj B***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG schuldig erkannt (A).

Darnach hat er in Wien und anderen Orten von Juli bis Ende September 1995 ca 300 Gramm Heroin und ca 500 Gramm Kokain, mithin Suchtgift, welches das Fünfundzwanzigfache der in § 12 Abs 1 SGG genannten Menge bei weitem übersteigt, aus Kroatien aus-, durch Slowenien durch- und nach Österreich eingeführt sowie durch Übergabe von Teilmengen dieses Suchtgiftes an den gesondert verfolgten Harald W***** und von ca 30 bis 50 Gramm Kokain an den gesondert verfolgten Arno K***** in Verkehr gesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der, ebenso wie die Staatsanwaltschaft, auch den Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Soweit der Angeklagte gegen den Schuldspruch auch die "Berufung wegen Schuld" angemeldet (jedoch nicht ausgeführt) hat, war diese zurückzuweisen, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen Urteile der Kollegialgerichte in der Strafprozeßordnung nicht vorgesehen ist.

Der Mängelrüge (Z 5) kann Berechtigung insofern nicht abgesprochen werden, als damit eine unzureichende Begründung der festgestellten übergroßen Suchtgiftmenge (iSd § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG) releviert, damit aber implicite auch gegen eine große Menge iSd § 12 Abs 1 SGG remonstriert wird.

Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß die vom Schöffengericht als alleinige Beweisgrundlage (US 11) für die in Rede stehende Feststellung, er habe ca 300 Gramm Heroin und ca 500 Gramm Kokain aus- bzw eingeführt und in Verkehr gesetzt, herangezogene Aussage des gesondert verfolgten Arno K***** diese Feststellung nicht zu tragen vermag. In der Tat nämlich kann den Angaben dieses Zeugen vor der Polizei (S 271 ff), welchen die Tatrichter gegenüber der abschwächenden Darstellung in der Hauptverhandlung den Vorzug gegeben haben, lediglich die Aus- und Einfuhr bzw Inverkehrsetzung von 70 Gramm Kokain (S 275) entnommen werden. Zwar ergibt sich daraus, daß der Beschwerdeführer teils allein, teils mit dem ebenfalls gesondert verfolgten Harald W*****, als dessen Chauffeur er fungierte, mehrfach Schmuggelfahrten von Zagreb nach Österreich zur Beschaffung von Suchtgift unternommen hat, doch findet sich kein Anhaltspunkt für die dem Angeklagten darüber hinaus angelasteten Heroin- und Kokainmengen. Lediglich ein einziges Mal hat der Beschwerdeführer dem Zeugen K*****, dessen Angaben zufolge, - allein - auf dem Parkplatz vor dem Novotel West ca 50 bis 70 Gramm Kokain übergeben, das er zuvor mit seinem PKW über die Grenze geschmuggelt hatte (S 275), wobei das Erstgericht die bei diesem Vorfall in Verkehr gebrachte Suchtgiftmenge nur mit "ca 30 bis 50 Gramm" annahm (US 7) und in Ansehung dessen Reinheitsgehaltes von einem "durchaus üblichen" Streckungsverhältnis von 1 : 3 ausging (US 13).

Weil jedoch eine Suchtgiftmenge von 50 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 25 % (= 12,5 Gramm Reinsubstanz) für die zur Annahme einer großen Menge iSd § 12 Abs 1 SGG erforderliche Quantität von 15 Gramm Reinsubstanz nicht hinreicht, könnte dem Beschwerdeführer insoweit nur das Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG angelastet werden. Der die Feststellung einer Suchtgiftmenge von ca 300 Gramm Heroin und ca 500 Gramm Kokain betreffende Begründungsmangel ist daher für die Verurteilung wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 bzw Abs 3 Z 3 SGG von wesentlicher Bedeutung.

Soweit der Beschwerdeführer die Aussage des Belastungszeugen vor der Polizei insgesamt mit der Behauptung als unrichtig bekämpft, K***** habe während seiner polizeilichen Einvernahme an Entzugserscheinungen gelitten, vermag er weder einen formellen Begründungsmangel (Z 5), noch sich aus den Akten ergebende Umstände aufzuzeigen, die Bedenken gegen die Richtigkeit der (noch entscheidungsrelevanten) Feststellung über die Übergabe von (jedenfalls) 30 bis 50 Gramm Kokain im August 1995 an K***** erwecken (Z 5 a), hat doch das Schöffengericht die auf Entzugserscheinungen hinweisenden Verfahrensergebnisse in seine Überlegungen miteinbezogen und logisch einwandfrei gewürdigt.

In Ansehung der letztangeführten Konstatierung erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet.

Im übrigen war der Nichtigkeitsbeschwerde jedoch bereits bei einer nichtöffentlichen Sitzung Folge zu geben, der Schuldspruch zum Faktum A zum Teil aufzuheben und in diesem Umfang die Verfahrenserneuerung anzuordnen.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof auch davon überzeugen, daß dem - unbekämpft gebliebenen - Schuldspruch zum Urteilsfaktum B wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 StGB ein Sachverhaltssubstrat zugrundeliegt, das rechtsrichtig als Verbrechen der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 zweiter Satz StGB zu beurteilen ist. Denn nach den maßgeblichen Urteilsannahmen in Spruch und Gründen war jener "Tresor", dessen Aufbrechen samt Bargeldentnahme dem Angeklagten angelastet wird, von gesondert verfolgten Tätern ohne seine wie immer geartete Mitwirkung durch Einbruch gestohlen, abtransportiert und zunächst versteckt worden. Die erst nach Abschluß dieser Tat, jedoch im Wissen darum geleistete Unterstützung der Täter an der Verwertung des Diebsgutes durch dessen Aufbrechen ist daher dem Angeklagten nicht als (verbrechensqualifizierter) Diebstahl, sondern als (ebenfalls verbrechensqualifizierte) Hehlerei zuzurechnen.

Weil indes das Verbrechen der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 zweiter Satz StGB mit derselben Strafe bedroht ist wie das Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 StGB, dessen der Angeklagte schuldig erkannt worden war, die unrichtige Subsumtion sich demnach nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, war von einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO abzusehen.

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