European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00004.16V.0308.000
Spruch:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. November 2015, GZ 033 Hv 115/15v‑23, und dessen Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. November 2015, GZ 033 Hv 115/15v‑23, wurde Youenes S***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Mit gleichzeitig gefasstem Beschluss wurde zudem eine bedingte Strafnachsicht widerrufen.
Nach Verkündung des Urteils und Rechtsmittelbelehrung erklärte der Angeklagte nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin, auf Rechtsmittel zu verzichten (ON 22 S 25).
Mit am 9. November 2015 bei Gericht eingelangtem eigenhändigen Schreiben vom 5. November 2015 meldete er dessen ungeachtet Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 26).
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2015, GZ 033 Hv 115/15p-29, wies die Vorsitzende des Schöffengerichts die (Anmeldung der) Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285a Z 1 StPO zurück.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Youenes S***** (ON 31).
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 285a Z 1 StPO hat das Landesgericht, bei dem eine Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet wird, diese zurückzuweisen, wenn sie zu spät angemeldet oder von einer Person eingebracht wurde, der die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zukommt oder die auf sie verzichtet hat.
Ein nach Urteilsverkündung in Anwesenheit des Verteidigers von einem prozessfähigen Angeklagten erklärter
Rechtsmittelverzicht ist grundsätzlich unwiderruflich, ein ‑ nicht auf einem Fehlverhalten des Gerichts beruhender ‑ Motivirrtum (etwa über die Tragweite oder die Widerrufbarkeit) für die Wirksamkeit einer derartigen prozessualen Erklärung unbeachtlich (vgl RIS‑Justiz RS0099945, RS0100103; Ratz , WK‑StPO § 284 Rz 8).
Mit dem unsubstanziierten
Beschwerde-vorbringen, er habe das Urteil „aufgrund des Drucks des Übersetzers, zusätzlich zu jenem seines Rechtsanwalts“ sowie des „Schocks“, den er nach seiner Verurteilung hatte, und in der „Hoffnung, innerhalb der ihm gewährten Frist von 72 Stunden, besser nachdenken“ zu können, angenommen, zeigt der Beschwerdeführer weder konkrete Anhaltspunkte für eine vor Abgabe des Rechtsmittelverzichts eingetretene prozessuale Diskretions- oder Dispositionsunfähigkeit auf, noch wird eine unrichtige Information über Inhalt, Voraussetzungen oder (mögliche) Folgen einer Rechtsmittelerklärung durch die Vorsitzende des Schöffengerichts behauptet.
Die Zurückweisung der nach Rechtsmittelverzicht angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde erfolgte daher zu Recht.
Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (angemeldete) Berufung und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO; RIS‑Justiz
Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil es nicht zu einem Rechtsmittelverfahren im Sinn des § 390a Abs 1 StPO gekommen ist ( Lendl , WK-StPO § 390a Rz 11).
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