OGH 14Os35/12x

OGH14Os35/12x15.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Mai 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schöfmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Donat A***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 2 und 3, 130 vierter Fall und 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Donat A***** gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 29. August 2011, GZ 37 Hv 30/11f-201, sowie über dessen Beschwerde gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten Donat A***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - Donat A***** des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 2 und 3, 130 vierter Fall und 15 StGB (A) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (B), der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (C), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (D) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (E) schuldig erkannt.

Danach hat er

(A) im einverständlichen Zusammenwirken mit Dumitru Ar***** (A/I) und bisher unbekannt gebliebenen Mittätern (A/II und III) gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert, nämlich im Urteil detailliert aufgezählte Wertgegenstände, darunter den PKW Mercedes des Ing. Michael H***** (A/I/1/a), den PKW Jeep Cherokee der F***** GmbH & CoKG (A/I/2/a) und den PKW Daewoo Tacuma des Wilhelm R***** (A/III/1), die er jeweils mit bei den Taten erbeuteten Schlüsseln in Betrieb nahm, drei Mountainbikes, mehrere Laptops, Mobiltelefone, Digitalkameras, Bargeld, Werkzeug, Bekleidung und Lebensmittel, im Urteil namentlich genannten Geschädigten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Einbruch, Einsteigen, Aufbrechen von Behältnissen und Sperrvorrichtungen weggenommen und wegzunehmen versucht (A/I/1/b, A/II/4 und 8, A/III/3, 4, 5 und 7), und zwar

(I) in der Nacht zum 8. Oktober 2010 in S***** in zwei Angriffen (A/I/1) und in der Nacht zum 27. August 2010 in M***** in zwei Angriffen (A/I/2),

(II) in der Nacht zum 15. und zum 16. Juli 2010 in S***** und St. V***** in acht Angriffen (A/II/1 bis 6, 8 und 9), zwischen 15. und 21. Juli 2010 in St. V***** in einem Angriff (A/II/7), in der Nacht zum 17. September 2010 in A***** in einem Angriff (A/II/10) und in der Nacht zum 19. November 2010 in B***** in einem Angriff (A/II/11),

(III) in der Nacht zum und am 3. November 2010 in L***** und E***** in drei Angriffen (A/III/1 bis 3) sowie in der Nacht zum und am 26. November 2010 in A*****, Z***** und K***** in vier Angriffen (A/III/4 bis 7);

(B) am 8. August 2010 in Salzburg Ina L***** durch die telefonische sinngemäße Äußerung, er wisse, wo sie wohne, werde zu ihr kommen, sie umbringen, klein schneiden und vom Balkon schmeißen, gefährlich mit einer Verletzung am Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

(C) am 27. Dezember 2010 in Salzburg anlässlich einer polizeilichen Personenkontrolle durch Einsetzen von falschen Daten verfälschte Urkunden, die durch Gesetz einer inländischen öffentlichen Urkunde gleichgestellt sind, nämlich eine rumänische Identitätskarte und einen rumänischen Führerschein zum Beweis einer Tatsache, nämlich der Identität seiner Person und seiner Aufenthaltsberechtigung, gebraucht;

(D) am 16. Juli 2010 in St. V***** eine fremde bewegliche Sache beschädigt, indem er ein verriegeltes Fenster der Bienenhütte des Alois Re***** aufdrückte;

(E) in der Nacht zum 8. Oktober 2010, in jener zum 15. Oktober und vor dem 1. Oktober 2010 in S***** und Salzburg gemeinsam mit Dumitru Ar***** und in zwei Fällen gemeinsam mit zwei weiteren Mittätern Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich drei Kfz-Kennzeichentafeln, in drei Angriffen mit dem Vorsatz unterdrückt zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes gebraucht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die ausdrücklich nur gegen die Schuldsprüche A/I/1, A/II/1 bis 9, A/III/1 bis 7, B und E gerichtete, aus dem Grund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Vorauszuschicken ist zunächst, dass dem in der Mängelrüge der Sache nach vertretenen Standpunkt zuwider nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu Tatsachenfeststellungen berechtigen, sowie dass Indizienbeweise nach der Strafprozessordnung zulässig sind und eine taugliche Grundlage des Schuldspruchs bilden, wenn die aus ihnen gezogenen Schlüsse den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen nicht widersprechen (RIS-Justiz RS0098362, RS0098249, RS0116732; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 449, 452).

Ausgehend davon sind die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter, die ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten zu sämtlichen Taten, die den in Beschwerde gezogenen Schuldsprüchen zugrunde liegen, aus einer vernetzten Betrachtung einer Reihe von Indizien ableiteten, unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden. Indem der Beschwerdeführer bloß einzelne Elemente dieser Argumentationskette isoliert angreift, unterlässt er die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394) und bekämpft bloß unzulässig die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Dass ihm die Argumente des Erstgerichts nicht überzeugend scheinen und dass auch andere für ihn günstigere Schlüsse denkbar gewesen wären, stellt einen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 gleichermaßen nicht dar (RIS-Justiz RS0099535, RS0098362).

So übergeht die Rüge zunächst die (aktenkonforme) beweiswürdigende Bezugnahme auf das Schuldeingeständnis des Beschwerdeführers zum Schuldspruch A/I/2/a und auf an den Tatorten und Diebstahlsobjekten sichergestellte - in der angefochtenen Entscheidung gar wohl konkret bezeichnete - DNA- und daktyloskopische Spuren, die dem Beschwerdeführer und einem seiner (unter einem rechtskräftig verurteilten) Mittäter zugeordnet werden konnten (jene des Angeklagten Dumitru Ar***** an einer im gestohlenen Fahrzeug Jeep Cherokee [A/I/2/a] aufgefundenen Getränkedose, auf vor dem PKW Mercedes des Ing. Michael H***** [A/I/1/a] sichergestellten Zigarettenresten und am Draht, mit dem das unterdrückte PKW-Kennzeichen des Unternehmens Li***** [E/2] auf diesem Fahrzeug montiert war [US 25 und 27], jene des Beschwerdeführers auf einer im letztgenannten Auto sichergestellten Zigarettenkippe [US 27] sowie am Lenkrad und dem Allradschalthebel des Jeep Cherokee [US 25 und 27], an einer Plastikflasche und Zigarettenresten, die vor der Bienenhütte des Alois Re***** [D] gefunden wurden [US 28 f], im gestohlenen Fahrzeug Daewoo Tacuma des Wilhelm R***** [A/III/1] und in den Räumlichkeiten des Unternehmens S***** Modeproduktion [A/III/2; US 29] sowie auf einem von den Tätern nach dem Einbruch in die Räumlichkeiten der A***** GmbH [A/III/4] zurückgelassenen Plastiksack, in dem Tatwerkzeug verwahrt war [US 30]). Die hievon - sowie von weiteren ausführlich dargestellten und erörterten Indizien (etwa die aus einer Rufdatenrückerfassung erschlossenen Kontakte des Beschwerdeführers zu dem in Betreff des gestohlenen Fahrzeugs des Ing. Michael H***** [A/I/1/a] rechtskräftig als Hehler Verurteilten [US 26 f], weiters am Tatort zum Faktum A/I/1/b sichergestellte Schuhabdrücke, die - wenn auch nicht konkret Donat A*****, so doch - den gleichen Tätern wie denen des in unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Nähe begangenen Einbruchs zum Nachteil des Ing. Michael H***** [A/I/1/a] zugeordnet werden konnten [US 27], und Beobachtungen verschiedener Zeugen im örtlichen und zeitlichen Umfeld der dem Faktenkomplex A/II/1 bis 6, 8 und 9 und D zugrunde liegenden Einbrüche [US 28 f]) - ausgehende, die zeitliche und örtliche Nähe der einzelnen Faktenkomplexe, (teilweise; vgl dazu gleich) den modus operandi und die Gleichartigkeit der Diebstahlsobjekte in die erstgerichtlichen Überlegungen einbeziehende Schlussfolgerung von einer Vielzahl solcherart nachgewiesener auf korrelierende weitere deliktische Handlungen entspricht den Grundsätzen logischen Denkens sowie grundlegenden Erfahrungssätzen. Dem Beschwerdevorbringen zuwider gingen die Tatrichter zudem in Ansehung der Einbrüche zum Nachteil der A***** GmbH und der Gletscherbahnen K***** AG (A/III/4 und 6) nicht von einer gleichartigen Begehungsweise aus, sondern begründeten - logisch und empirisch einwandfrei - ausführlich, weshalb sie trotz teilweise unterschiedlichem Vorgehen von identen Tätern ausgingen (US 30).

Der Interpretation der auf Z 5 fünfter Fall des § 281 Abs 1 StPO gestützten Beschwerde zuwider, hat das Erstgericht zum Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (B) nicht zum Ausdruck gebracht, dass sowohl der Angeklagte als auch das Tatopfer Ina L***** die inkriminierten Äußerungen „außer Streit gestellt“ hätten. Die entsprechenden Feststellungen wurden vielmehr unmissverständlich auf die für glaubwürdig erachteten Angaben der genannten Zeugin gestützt und ergänzend die - sinngemäß korrekt wiedergegebene - Aussage des Beschwerdeführers erwähnt, der - trotz grundsätzlich leugnender Verantwortung - auf eine Frage der Vorsitzenden (wie er seine ehemalige Lebensgefährtin beschimpft habe und „ob es so eine Intensität bekommen habe, dass er sie irgendwie bedroht habe am Körper oder gegen Leib und Leben“) geantwortet hatte, dass Ina L***** ihn „selber dazu gebracht“ hatte (ON 180 S 12).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung und der Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter SatzStPO).

Bleibt anzumerken, dass beiden Angeklagten zum Schuldspruch A trotz insoweit fehlender Feststellungen zu einem auf die Wegnahme von Gegenständen in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert gerichteten Vorsatz die Qualifikation des § 128 Abs 2 StGB angelastet wurde. Weil dies angesichts der weiteren Subsumtion des Täterverhaltens auch unter die - die gleiche Strafdrohung aufweisende - Bestimmung des § 130 vierter Fall StGB auf den Strafrahmen keinen Einfluss hatte, und sich die rechtsirrig angenommene Qualifikation auch bei der Strafbemessung nicht nachteilig auswirkte (als erschwerend wurden nur die einschlägigen Vorstrafen sowie das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem bzw mehreren Vergehen gewertet, US 34), bestand kein Anlass zu amtswegigem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO. Bindung an die im Urteil insoweit unrichtig vorgenommene rechtliche Beurteilung besteht angesichts dieser Klarstellung nicht (RIS-Justiz RS0118870).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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