OGH 14Os33/23v

OGH14Os33/23v25.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. April 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshof Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M., den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Fitzthum in der Strafsache gegen * P* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2, Abs 4 erster Fall FPG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * S* gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 12. Jänner 2023, GZ 8 Hv 46/22x‑35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00033.23V.0425.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Schlepperei/FPG

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten * S* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – * S* der Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2, Abs 4 erster Fall FPG schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in * und andernorts im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem im Urteil namentlich genannten und weiteren unbekannten Mittätern als Mitglied einer kriminellen Vereinigung die rechtswidrige Ein- und Durchreise in Bezug auf mindestens drei Fremde in und durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich die Republiken Österreich und Ungarn, mit auf unrechtmäßige Bereicherung durch ein dafür geleistetes Entgelt gerichtetem Vorsatz gefördert, indem er

(1) am 8. Oktober 2022 25 syrische und einen irakischen Staatsangehörigen, die über keine gültigen Einreise- und Aufenthaltsdokumente für den EU‑ oder Schengenraum verfügten, in ein von der kriminellen Vereinigung zur Verfügung gestelltes Fahrzeug in einem Waldstück an der serbisch‑ungarischen Grenze aufnahm und nach Österreich transportierte;

(2) im September 2022 24 Fremde in ein von der kriminellen Vereinigung zur Verfügung gestelltes Fahrzeug aufnahm und von Ungarn nach Österreich transportierte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des S* geht fehl.

[4] Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) ist das Erstgericht zu Recht vom Vorliegen der Voraussetzung des § 39 Abs 1 StGB ausgegangen und hat solcherart seine Strafbefugnis nicht überschritten.

[5] Denn die Vorverurteilungen des Bezirksgerichts Ústí nad Labem der Tschechischen Republik vom 4. Mai 2015, AZ 6 T 95/2014, und vom 21. März 2018, AZ 63 T 206/2016, zu (wenigstens zum Teil verbüßten) Freiheitsstrafen wegen (auch) Diebstahls (US 4 f; zur Gleichstellung ausländischer Verurteilungen siehe § 73 StGB) beruhen auf der gleichen schädlichen Neigung wie die hier abgeurteilten Tatvorwürfe der Schlepperei (ebenso 13 Os 144/15y).

[6] Die Frage des Vorliegens gleicher schädlicher Neigung (§ 71 StGB) ist – insbesondere bei (wie hier) Verschiedenheit der von in Rede stehenden Tatbeständen geschützten Rechtsgüter (vgl dazu RIS‑Justiz RS0112567; Tipold in WK2 FPG § 114 Rz 5) – anhand einer kriminologischen Beurteilung des im Einzelfall gezeigten Verhaltens und dabei zum Ausdruck kommender (verwerflicher) Beweggründe und Charaktermängel zu prüfen (RIS‑Justiz RS0092151). Vorliegend kommt in den Straftaten wegen Vermögensdelinquenz und den Verbrechen der Schlepperei nach der konkreten Begehungsweise das Streben des Beschwerdeführers, sich – durch pflichtwidriges Handeln – rechtswidrig Vermögensvorteile zu verschaffen, zum Ausdruck (US 5; vgl RIS‑Justiz RS0092065; zum Ganzen Jerabek/Ropper in WK² StGB § 71 Rz 5 und 8; Flora in WK2 StGB § 39 Rz 25). Damit liegt derselbe verwerfliche Charaktermangel vor.

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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