OGH 14Os21/11m

OGH14Os21/11m24.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Otto H***** wegen nachträglicher Milderung der Strafe nach § 31a Abs 1 StGB, AZ 081 Hv 58/08d des Landesgerichts für Strafsachen Wien über den Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Mai 2009, GZ 081 Hv 58/08d-100, wurde Otto H***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt. Bei der Strafzumessung wurde neben erschwerenden Umständen das Geständnis und die Unbescholtenheit des Genannten als mildernd gewertet.

Die gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Otto H***** wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 24. September 2009, GZ 12 Os 118/09h-5, zurückgewiesen (ON 112). Den Berufungen des Genannten und der Staatsanwaltschaft gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 18. November 2009, AZ 17 Bs 366/09m, nicht Folge (ON 115).

Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. Oktober 2010, GZ 081 Hv 58/08d-125, wurde ein Antrag des Otto H***** auf nachträgliche Milderung der Strafe gemäß § 31a StGB, den dieser soweit hier wesentlich unter anderem mit der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer begründete, abgelehnt. Das Landesgericht für Strafsachen Wien führte aus, dass sich der Antragsteller auf eine unbegründete Behauptung beschränkt habe, ohne auszuführen, wodurch das Beschleunigungsgebot verletzt worden sein solle.

Einer dagegen gerichteten, allein die Verfahrensdauer von etwa vier Jahren kritisierenden Beschwerde des Verurteilten gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 16. Dezember 2010, AZ 17 Bs 341/10m, unter anderem mit der Begründung nicht Folge, dass die Verfahrensdauer dem Gericht im Zeitpunkt der Urteilsfindung bereits bekannt war und Otto H***** die Dauer des Verfahrens in der von ihm gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht erhobenen Berufung nicht releviert habe (ON 128 des Hauptverhandlungsaktes).

In seinem - nicht auf ein Erkenntnis des EGMR gestützten (RIS-Justiz RS0122228) - Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO reklamiert Otto H***** eine Verletzung von Art 6 MRK zufolge überlanger Verfahrensdauer, ohne jedoch konkrete Verzögerungen zu bezeichnen.

Rechtliche Beurteilung

Der Antrag geht schon deshalb fehl, weil die Sanktionsfrage betreffende Umstände, die nicht Gegenstand einer Sanktionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO) sind, sondern ausschließlich in den Bereich der Berufung fallen wie die Behauptung überlanger Verfahrensdauer (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 724), mit dem innerstaatlichen subsidiären Rechtsbehelf eines Erneuerungsantrags ohne vorherige Anrufung des EGMR nicht geltend gemacht werden können (vgl RIS-Justiz RS0125371).

Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach dargelegt, dass für den subsidiären Rechtsbehelf eines nicht auf ein Urteil des EGMR gestützten Erneuerungsantrags alle gegenüber dem EGMR normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 Abs 1 und Abs 2 MRK sinngemäß gelten (RIS-Justiz RS0122737). So kann der Oberste Gerichtshof unter anderem erst nach Rechtswegausschöpfung angerufen werden. Dem Erfordernis der Ausschöpfung des Rechtswegs wird entsprochen, wenn von allen effektiven Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht wurde (vertikale Erschöpfung) und die geltend gemachte Konventionsverletzung zumindest der Sache nach und in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften im Instanzenzug vorgebracht wurde (horizontale Erschöpfung; vgl Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention4 § 13 Rz 19, 31).

Auch daran würde es dem vorliegenden Antrag gebrechen, weil Otto H***** eine überlange Dauer des Verfahrens in seinen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Mai 2009, GZ 81 Hv 58/08d-100, erhobenen Rechtsmitteln (ON 108) oder in einem Fristsetzungsantrag nach § 91 GOG (der bei Verfahrensverzögerung bei der Urteilsausfertigung in Betracht kommt; vgl 14 Os 187/10x) gar nicht behauptet hat.

Der Erneuerungsantrag war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 2 und Z 3 StPO).

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