OGH 14Os176/93

OGH14Os176/9330.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.November 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Wimmer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Silvano V***** wegen des (zum Teil beim Versuch gebliebenen) Verbrechens nach § 12 Abs. 1, Abs. 2, erster Fall, und Abs. 3 Z 3 SGG sowie § 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung (1.) über den Reassumierungsantrag des Angeklagten betreffend den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 5. Oktober 1993, GZ 14 Os 151/93-6, sowie (2.) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 16.Juli 1993, GZ 34 b Vr 1056/93-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 5.Oktober 1993, GZ 14 Os 151/93-6, wird aufgehoben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem oben bezeichneten Beschluß wies der Oberste Gerichtshof die vom Angeklagten gegen das im Spruch angeführte Urteil erhobenen Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gemäß §§ 285 a Z 2, 285 d Abs. 1 Z 1, 294 Abs. 4 StPO in nichtöffentlicher Sitzung zurück, weil deren Anmeldung nicht innerhalb der dafür maßgeblichen Frist (von drei Tagen) erfolgt war.

Dieser Beschluß - der der damaligen Aktenlage entsprach - war nunmehr im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer in dem als Reassumierungsbegehren zu behandelnden Antrag (gestützt durch den aufklärenden Bericht des Vorsitzenden des Schöffengerichtes) bescheinigt hat, den die Rechtsmittelanmeldung enthaltenden Schriftsatz entgegen dem in der Einlaufstelle des Erstgerichtes auf der für den Akt bestimmten Urschrift angebrachten Vermerk nicht erst am Tag nach dem Fristenablauf, sondern schon am Vortag überreicht zu haben, in sinngemäßer Anwendung der §§ 352 ff StPO zu reassumieren (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO3 Vorbem. zu § 352 ENr. 2, 4).

Der demgemäß einer Sachentscheidung unterzogenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt jedoch keine Berechtigung zu.

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Silvano V***** (A) des (zum Teil beim Versuch gebliebenen - US 2, 8, 13) Verbrechens nach § 12 Abs. 1, Abs. 2, erster Fall, und Abs. 3 Z 3 SGG (sowie § 15 StGB) und (B) des Vergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er

(zu A) den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge, die das 25-fache der im § 12 Abs. 1 SGG genannten Menge übersteigt, eingeführt, ausgeführt und in Verkehr gesetzt, und zwar dadurch, daß er

1. am 27. bzw. 28.April 1993 mit einem bislang Unbekannten namens "Benn" ca. 1 kg und 0,4 Gramm Kokain von Holland über die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich einführte, wobei er in Ansfelden die zuvor bezeichneten 0,4 Gramm Kokain als "Probe" weitergab und versuchte, das weitere Kokain (ca. 1 kg) zu verkaufen;

2. am 6. bzw. 7.Mai 1993 allein 104,1 Gramm Kokain aus Holland über die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich eingeführt und in Linz an einen verdeckten Fahnder zu verkaufen versucht;

(zu B) durch die oben (zu A) beschriebenen Handlungen eingangsabgabepflichtige Waren unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht vorsätzlich dem Zollverfahren entzogen, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung (des Schmuggels) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Ausdrücklich nur gegen die Annahme einer gewerbsmäßigen Begehung des Finanzvergehens des Schmuggels (vgl. S 192, 196) richtet sich die (allein) auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Daß der Beschwerdeführer (auch) beim Schmuggel in gewerbsmäßiger Absicht gehandelt hat, leitete das Schöffengericht aus der Tatwiederholung, dem von ihm tatplangemäß in Angriff genommenen Aufbau einer Verteilerorganisation, der ständigen telefonischen Erreichbarkeit in seinem PKW über ein Mobiltelefon, seinen Kontakten zur Suchtgiftszene in Amsterdam sowie seiner Einkommenssituation und den "großen Geldschwierigkeiten" ab (US 10, 11, 13 f).

Diese Feststellungen finden schon in der eigenen Verantwortung des Beschwerdeführers eine ausreichende Stütze, der zu Beginn der Hauptverhandlung ein uneingeschränktes und demnach auch den Vorwurf der Gewerbsmäßigkeit erfassendes Geständnis abgelegt hat (S 154). Eben diese Verantwortung des Angeklagten übergeht die Beschwerde, wenn sie hinsichtlich der zuvor wiedergegebenen Urteilsannahmen über eine gewerbsmäßige Tatbegehung (verfehlt - vgl. hiezu EvBl. 1972/17) eine aktenwidrige Urteilsbegründung ins Treffen führt. Eine Aktenwidrigkeit könnte allerdings darin erblickt werden, daß der unter Bezugnahme auf die Urteilsgründe erhobene Beschwerdeeinwand, wonach "der Angeklagte in der Hauptverhandlung davon geredet hat, daß er nach der ersten Tour und Bezahlung von 30.000 DM aufgehört hätte" (US 14), im (vollen Beweis machenden) Hauptverhandlungsprotokoll keine Deckung findet. Dem steht indes schon die vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellte tatsächliche Tatwiederholung entgegen. Im übrigen setzt die für die gewerbsmäßige Tatbegehung begriffsessentielle Zielsetzung des Angeklagten keineswegs voraus, daß der Tatplan eine unbegrenzte Zeitspanne umfaßt (vgl. zB JBl. 1989, 732; NRsp 1991/107, 108). Der behauptete Begründungsmangel liegt demnach in Wahrheit nicht vor. Das bezügliche Beschwerdevorbringen erschöpft sich vielmehr in Wahrheit in einem - nach wie vor - unzulässigen Angriff gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Daß die dargelegten Argumente auf die dem Angeklagten (beim durch dieselbe Tat begangenen Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz) zur Last liegende Deliktsqualifikation nach § 12 Abs. 2 erster Fall SGG ebenso zutreffen, sei hier nur der Vollständigkeit halber bemerkt. Gleiches gilt für die dem Beschwerdeführer beim Finanzvergehen des Schmuggels angelastete unmittelbare (Mit-)Täterschaft; hat er doch am 27. bzw. am 28.April 1993 bei der Einreise nach Österreich lediglich 0,4 Gramm Kokain in seinem PKW selbst mitgeführt, während die von Punkt A/1 des Schuldspruchs erfaßte weitere Suchtgiftmenge (ein Kilogramm Kokain) von dem bislang unbekannten "Holländer namens Benn" in dessen (den Beschwerdeführer "begleitenden") PKW über die Grenze gebracht wurde. Der Umstand, daß der hinsichtlich der zuletzt bezeichneten Suchtgiftmenge sohin nicht stellungspflichtig gewesene Beschwerdeführer insoweit (bloß) Beitragstäterschaft zu verantworten hätte, kann angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der im § 12 StGB und § 11 FinStrG angeführten Täterschaftsformen und des Umstandes, daß die Qualifikation gewerbsmäßiger Tatbegehung keineswegs auf den unmittelbaren Täter beschränkt ist (vgl. NRsp 1993/208), auf sich beruhen (Leukauf-Steininger Komm.3 § 12 RN 14; Dorazil-Harbich FinStrG § 11 E 20, 21).

Die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs. 1 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten fällt demnach in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Linz (§ 285 i StPO).

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