OGH 14Os151/99

OGH14Os151/9911.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. April 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Greinert als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dr. Wilfried G***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Dr. Wilfried G***** und die Berufung des Angeklagten Dietmar M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Juli 1999, GZ 12b Vr 2.042/99-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen (Punkte 3 und 4) unberührt bleibt, in den Punkten 1 und 2 (Schuldspruch der Angeklagten Dr.Wilfried G***** und Dietmar M***** wegen Untreue), demgemäß auch in dem die genannten Angeklagten betreffenden Strafausspruch und im Kostenausspruch hinsichtlich des Angeklagten M***** aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung aufgetragen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Dr. G***** und M***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Dr. G***** fallen auch die auf den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Dr. Wilfried G***** der Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs l, Abs 2 zweiter Fall StGB (1) und des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und § 15 StGB (3), Dietmar M***** des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 zweiter Fall, 153 Abs l, Abs 2 zweiter Fall StGB

(2) und Johann I***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (4) schuldig erkannt.

Darnach haben

l. Dr. Wilfried G***** am 6. April 1994 seine ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich mißbraucht, dass er den als Kaufpreisfinanzierung für Liegenschaftsanteile gewidmeten, ihm am 1. April 1999 wertmäßig durch die B***** registrierte Genossenschaft mbH zu treuen Handen überwiesenen Betrag von 1,600.000 S zur Gänze an Dietmar M***** auszahlte, ohne entsprechend der Treuhandverpflichtung zuvor die grundbücherlich gesicherte Forderung von 563.295,52 S samt Tageszinsen von 207,32 S seit 10. März 1994 der B***** (O*****) und den für die Aufbringung der Eigenmittel kurzzeitig zur Verfügung gestellten Kredit der G***** AG von 640.000 S zu begleichen, der B***** registrierte Genossenschaft mbH "und der G***** AG einen jeweils 500.000 S übersteigenden Schaden von insgesamt 1,234.060,84 S zugefügt";

2. Dietmar M***** Anfang April 1994 Dr. Wilfried G***** zu der unter Punkt l geschilderten Verhaltensweise dadurch wissentlich bestimmt "und zu ihr beigetragen", dass er ihn aufforderte, die treuhändig erhaltene Kaufpreissumme zur Gänze an ihn auszufolgen, "ohne zuvor den eingegangenen Kreditrückzahlungsverpflichtungen nachzukommen, am 6. April l994 einen Scheck über die gesamte Summe entgegennahm und einlöste, die Valuta jedoch zur Gänze im eigenen bzw im Interesse der Firma I*****GmbH verwendete";

3. Dr. Wilfried G***** vom 30. Juni 1994 bis zum 21. Juni 1995 mit dem Vorsatz, sich bzw Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte seiner Haftpflichtversicherer durch die falsche Darstellung in Schadensanzeigen und Aufforderungsschreiben, sein unter Punkt 1 bezeichnetes Verhalten sei haftpflichtbegründend, weil es ein nicht vorsätzlich herbeigeführtes Schadenereignis darstelle, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu deren Institute jeweils um mehr als 500.000 S schädigenden Handlungen

a) verleitet, und zwar Angestellte der V***** Versicherungs AG zur Auszahlung von 659.777 S "im Juli 1995" für den von ihm bei der G***** (im Urteil unrichtig: "G***** AG") angerichteten Schaden;

b) zu verleiten versucht, und zwar Angestellte der I*****nterunfall Versicherung AG zur Auszahlung "des über die zu Punkt a) genannte Summe hinausgehenden Schadensbetrages, den er bei der B***** registrierte Genossenschaft mbH angerichtet hatte", welches Vorhaben daran scheiterte, dass der Versicherer mit Schreiben vom 20. Juli 1995 schließlich den an ihn herangetragenen Anspruch ablehnte;

4. Johann I***** im März und April 1994 mit dem Vorsatz, sich bzw Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der B***** registrierte Genossenschaft mbH durch die Vorspiegelung, er benötige für den Erwerb eines Eigenheimes ein Bauspardarlehen und sei ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kreditnehmer, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zu einer Handlung, nämlich zur treuhändigen Freigabe eines Darlehensbetrages von 1,600.000 S an Dr. Wilfried G*****, "welcher den Betrag seinerseits großteils treuwidrig dem Dietmar M***** zukommen ließ, wodurch die Kreditgeberin um 1,234.060,84 S und die G***** AG, die erforderlichen Eigenmittel kurzzeitig zur Verfügung gestellt hatte, um 640.000 S geschädigt wurden".

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a, 10 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr. Wilfried G***** ist zum Teil berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend bekämpft der Beschwerdeführer mit seinen Rechtsrügen (Z 9 lit a und Z 10, der Sache nach allein Z 10) die rechtliche Unterstellung der unter Punkt 1 bezeichneten Tat unter § 153 StGB, obwohl das Erstgericht (auch) davon ausging, dass er und der Mitangeklagte M***** die "betrügerische Geldbeschaffungsaktion von Anfang an im Detail geplant" hatten (US 20), ohne allerdings festzustellen, mit welchen konkreten Handlungen sie sich an dem unter Punkt 4 bezeichneten Kreditbetrug des Johann I***** beteiligten bzw ob sie mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung (des Dietmar M*****) agierten.

Dieser Feststellungsmangel verhindert die Lösung der Frage, ob die Angeklagten Dr. G***** - in welcher Täterschaftsform auch immer - und M***** (Kredit-)Betrug oder (richtig wohl:) Veruntreuung verwirklichten.

Da insoweit die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung somit nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung im aufgezeigten Umfang - zumal der Feststellungsmangel auch den Schuldspruch des Angeklagten M***** betrifft - Folge zu geben, ohne dass auf die weiteren gegen Punkt 1 gerichteten Beschwerdepunkte sowie auf die Strafzumessungsrüge eingegangen werden musste (§§ 285e, 289 StPO).

Im Übrigen (den Punkt 3 betreffend) geht die Nichtigkeitsbeschwerde fehl.

Denn die mit der Behauptung, die Versicherungsdeckung sei "nicht nur deshalb" verweigert worden, ,weil es sich laut Ansicht der I***** nicht um einen Treuhandvertrag sondern um einen Garantievertrag handelt und Ansprüche aus Garantieverträgen nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung seien", sondern weil der Angeklagte bewusst gegen den Treuhandvertrag verstoßen hat ,und sohin eine Schadensstiftung durch wesentliches Abweichen von den Anweisungen des Machtgebers vorlag, was ... zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führt", gegen Punkt 3/b erhobene Rüge (Z 9 lit a) der Untauglichkeit des Versuches (§ 15 Abs 3 StGB), übergeht die konstatierte treuhändige Übernahme von 1,6 Mio S auf ein Anderkonto (US 12 f iVm S 17 ff), ferner dass Dr. G***** in der Korrespondenz mit beiden Versicherungen "absichtlich und wider besseres Wissen verschwieg, dass er bewusst der Treuhandvereinbarung zuwider gehandelt und dadurch den Anspruch auf Versicherungsleistungen verwirkt hatte" (US 15). Solcherart verfehlt die Rechtsrüge den notwendigen Vergleich des im Urteil festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz und damit die prozessordnungsgemäße Darstellung des materiellen Nichtigkeitsgrundes. Gleiches gilt für die urteilsfremde Behauptung, der Versicherungsschutz habe nur für Fehler ,in der juristischen Tätigkeit des Anwaltes", nicht jedoch für seine Fehler "bei finanziellen Abwicklungen" bestanden.

Bleibt noch anzumerken, dass Konsumtion des Betruges zum Nachteil der Banken durch den nachfolgenden (Schadensüberwälzungs-)Betrug an den Versicherungen als Begleittat mangels Typizität, als Vortat aber infolge verschiedener Geschädigter und eines solcherart über diese hinausgehenden Schadens (Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28 bis 31 Rz 66 und 68) ausscheidet.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten Dr. G***** und M***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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