OGH 14Os139/07h

OGH14Os139/07h4.12.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Dezember 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Hon.-Prof. Dr. Schroll sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer in der Strafsache gegen Taufik R***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Taufik R***** und Fouzi F***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 22. August 2007, GZ 12 Hv 116/07p-22, sowie über die Beschwerde des Letzteren gegen den unter einem gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Taufik R***** und Fouzi F***** jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt. Demnach haben sie am 7. Juli 2007 in Graz im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter gewerbsmäßig, nämlich in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, dem Walter K***** als Inhaber des Antiquitätengeschäftes „Kitsch & Kunst" fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert, nämlich zumindest 760 Euro Bargeld, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Die von den Angeklagten gegen dieses Urteil erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden, von Taufik R***** gestützt auf die Gründe der Z 5, 5a, 9 lit a und 10, von Fouzi F***** auf jene der Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO, gehen fehl.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Fouzi F*****:

Das im Rahmen der Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) erstattete Vorbringen, das Erstgericht sei nicht auf die von der Zeugin Brigitte J***** vorgelegte Umsatzaufstellung eingegangen bzw würden sich daraus „erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Höhe des im Spruch als gestohlen festgestellten Betrages von 760 Euro" ergeben, spricht mit Blick darauf, dass fallbezogen eine Wertqualifikation des Diebstahls (§ 128 Abs 1 Z 4 bzw § 128 Abs 2 StGB) ohnehin nicht angenommen wurde, keine entscheidende Tatsache an (RIS-Justiz RS0116586). Hinzu kommt, dass die Beschwerde den Diebstahl als solchen gar nicht in Frage stellt. Der Umstand, dass die Schädigung nach Ansicht des Beschwerdeführers geringer als vom Erstgericht angenommen ist, kann - ohne Neuerungsverbot - als Berufungsgrund geltend gemacht werden (Ratz, WK-StPO § 295 Rz 15 ff). Indem der Beschwerdeführer in der Mängelrüge aus dem vermeintlichen Aspekt undeutlicher, unvollständiger und unzureichender Begründung unter gänzlicher Vernachlässigung der gebotenen Gesamtsicht der maßgeblichen Beweisresultate und den dazu angestellten Urteilserwägungen insbesondere Teile aus den Einlassungen der beiden Angeklagten (etwa zum Zweck ihres Aufenthaltes in Graz sowie zur Höhe des von ihnen vor Begehung des in Rede stehenden Diebstahls mit sich geführten Geldbetrags) hervorhebt, daran anknüpfend eigene Beweiswert- und Plausibilitätserwägungen anstellt und so seiner die Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung in Abrede stellenden Verantwortung zum Durchbruch verhelfen will, bekämpft er nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die erstinstanzliche logisch und empirisch einwandfrei auf die professionelle arbeitsteilige Begehungsweise, die finanzielle Beengtheit und das Vorleben der auch weitere Tatobjekte auskundschaftenden Angeklagten gestützte Beweiswürdigung (US 10), ohne ein Begründungsdefizit iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO vorschriftsmäßig aufzuzeigen.

Von einem erheblichen Widerspruch zwischen den Angaben des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung und dessen inhaltlicher Wiedergabe in den Entscheidungsgründen kann keine Rede sein. Denn der Genannte hat eingangs seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung die Verantwortung des Angeklagten Taufik R***** (der zuvor unter anderem sinngemäß angegeben hatte, dass die Verabredung der Begehung eines Diebstahls spontan im Geschäft erfolgt sei [S 148 f]) als richtig erkannt (S 152).

Auch die (weitere) sich gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung richtende Tatsachenrüge (Z 5a) stellt den Urteilsannahmen bloß eigene Auffassungen und Erwägungen gegenüber und zielt solcherart - außerhalb der Anfechtungskategorien der Z 5a - auf eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen ab, ohne erhebliche Bedenken im Sinne dieses Nichtigkeitsgrundes zu wecken.

Weshalb der dem Angeklagten F***** angelastete gewerbsmäßige Diebstahl keine unmittelbare (Mit-)Täterschaft im Sinn der §§ 127, 130 erster Fall verwirklichen solle, legt die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht methodengerecht dar (RIS-Justiz RS0116565; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588 ff). Zudem verkennt der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, er hätte nicht als unmittelbarer Täter (§ 12 erster Fall StGB), sondern als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) verurteilt werden müssen, dass die damit angesprochene Beteiligungsform nach § 12 StGB nach ständiger Rechtsprechung keinen Gegenstand der hier geltend gemachten Subsumtionsrüge darstellt (RIS-Justiz RS0117604; Ratz aaO Rz 646).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Taufik R*****:

Soweit die die Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung bestreitende Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten R***** unter Wiederholung seiner Einlassung in der Hauptverhandlung sowie unter Hinweis auf ein Detail aus der Aussage der Zeugin Sabrina D*****, wonach ihr die Verkäuferin (Brigitte J*****) gesagt hätte, „sie (J*****) würde zuerst die beiden Männer fertig bedienen" (S 155), sinngemäß eine unvollständige bzw unzureichende Begründung behauptet, verfehlt sie die gebotene Orientierung an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (Ratz aaO Rz 394).

Das Erstgericht hat sich mit der in Ansehung der gewerbsmäßigen Tatbegehung leugnenden Verantwortung des Angeklagten R***** auseinandergesetzt und logisch und empirisch einwandfrei dargelegt, warum es diese - insbesondere auch mit Blick auf die sonstigen Verfahrensergebnisse - verwarf. Dabei war das erkennende Gericht weder dazu verhalten, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen und überhaupt alle Verfahrensergebnisse in extenso zu erörtern und daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen, noch musste es sich mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzen. Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof im Urteil in gedrängter Form (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) die entscheidenden Tatsachen bezeichnet sowie schlüssig und zureichend begründet, warum er von der Richtigkeit dieser Angaben überzeugt ist, ohne dagegen sprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen. Daher müssen auch jene Einwände des Beschwerdeführers, die sich nicht auf entscheidungswesentliche Tatsachen beziehen, oder solche, die nur auf einzelne, isoliert betrachtete Gesichtspunkte abstellen und die Beweiswürdigung nicht in ihrer Gesamtheit berücksichtigen, von vornherein erfolglos bleiben.

Soweit sich der Beschwerdeführer R***** in seiner Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) gegen die Höhe des gestohlenen Geldbetrages richtet, kann er auf die betreffende Erledigung der Argumente des Angeklagten F***** verwiesen werden.

Die unter einem mit dem Rechtsmittel vorgelegte Kontoinformation der Justizanstalt Graz-Jakomini vom 1. Oktober 2007 ist zufolge des im Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde geltenden Neuerungsverbotes im Übrigen unbeachtlich.

Wesen und Ziel der Tatsachenrüge (Z 5a) ist es, anhand aktenkundiger Umstände unter Beachtung sämtlicher Verfahrensergebnisse erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen aufzuzeigen (Ratz aaO Rz 487). Dieser gesetzliche Anfechtungsrahmen wird in der Beschwerde ignoriert. Der Angeklagte R***** macht nämlich allein mit der - unter Bezugnahme auf ein Detail der Aussage der Zeugin Sabrina D***** aufgestellten - Behauptung, dass die beiden Angeklagten genug Zeit gehabt hätten, den Diebstahl spontan im Geschäft zu verabreden, auf Aktenbasis keine erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen geltend.

Die Rechts- (Z 9 lit a) und Subsumtionsrüge (Z 10) greifen neuerlich bloß die erstrichterliche Beweiswürdigung (in Ansehung der Gewerbsmäßigkeit) an, ohne die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen mit dem Gesetz zu vergleichen. Die weitere Behauptung der Subsumtionsrüge, den Entscheidungsgründen sei „keine Feststellung zu entnehmen, welche die rechtliche Beurteilung erlauben würde, dass sich die Absicht auf die gewerbsmäßige Erzielung von Einnahmen richtete", vernachlässigt den diesbezüglich eindeutigen Inhalt der Urteilsgründe (US 5, 10). Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

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