OGH 14Os120/21k

OGH14Os120/21k16.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Schaffhauser in der Strafsache gegen ***** H***** wegen Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 14. Juni 2021, GZ 40 Hv 7/21v‑21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00120.21K.1216.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – ***** H***** mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I) sowie jeweils mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (II/1) und nach § 212 Abs 3 StGB (II/2) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er von Jänner bis zum 16. Oktober 2020 in B*****

I/ an der 2008 geborenen, mithin unmündigen, ***** S***** vielfach außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen vorgenommen, indem er ihre entwickelte Brust teils über, teils unter der Kleidung anfasste;

II/1/ mit der minderjährigen S*****, die seiner Ausbildung und Aufsicht als Karatelehrer unterstand, unter Ausnützung dieser Stellung die zu Punkt I/ angeführten geschlechtlichen Handlungen vorgenommen;

II/2/ vielfach S*****, die seiner Ausbildung und Aufsicht als Karatelehrer unterstand, unter Ausnützung dieser Stellung durch intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt, indem er über der Kleidung ihr Gesäß erfasste und drückte sowie mit den Händen in ihre Unterhose fuhr und ihre nackten Pobacken festhielt und drückte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus Z 5, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

[4] Die von der Mängelrüge geäußerte Kritik, die Feststellungen zu I/ und II/1 seien undeutlich (Z 5 erster Fall), bezieht sich gar nicht auf diese, sondern auf eine Urteilspassage, mit welcher das Erstgericht bloß die Verantwortung des Beschwerdeführers wiedergibt (US 9). Zudem ist das konstatierte, nicht bloß flüchtige Berühren der (entwickelten) Brust sowohl über, als auch unter der Kleidung tatbildlich im Sinn der § 207 Abs 1 und § 212 Abs 1 StGB (RIS‑Justiz RS0095733 [T9]), weshalb der Einwand, dem Urteil sei nicht eindeutig zu entnehmen, ob es zu mehreren Berührungen auf die eine oder die andere Weise gekommen sei, keine entscheidende Tatsache anspricht, die allein den gesetzlichen Bezugspunkt der Mängelrüge bildet (RIS‑Justiz RS0117499).

[5] Die weitere Kritik offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) bezieht sich bloß auf einzelne, isoliert herausgegriffene Passagen der ausführlichen und sorgfältigen beweiswürdigenden Erwägungen (US 7 ff), vernachlässigt damit das Gebot, diese in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (vgl aber RIS‑Justiz RS0119370) und bekämpft im Übrigen bloß unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1StPO) Schuldberufung.

[6] Davon abgesehen widerspricht die Ableitung der Feststellung zur Ausnützung der im Sinn des § 212 Abs 1 Z 2 sowie Abs 3 StGB tatbildlichen Stellung aus dem Umstand, dass die inkriminierten Übergriffe ausschließlich während des Einzelunterrichts, also in einer Situation, in welcher das Opfer sich „den Berührungen des Angeklagten nicht entziehen konnte“ (US 10), keineswegs den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen (RIS‑Justiz RS0118317).

[7] Die Kritik der Rechtsrüge (Z 9 lit a, in Bezug auf II/1 [wegen Idealkonkurrenz] der Sache nach Z 10), es fehlten Feststellungen dazu, dass der Beschwerdeführer seine besondere Stellung gegenüber dem Opfer ausgenützt habe, übergeht prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0099810) genau die in diesem Sinn getroffenen Konstatierungen (US 5 und 6).

[8] Weshalb sich der Vorsatz zu II/2 nicht bloß – wie festgestellt (US 5 und 6 iVm US 12 f) – auf die Unerwünschtheit des inkriminierten Verhaltens und den tatbildlichen Erfolg, nämlich die Verletzung des Opfers in seiner Würde durch eine „erniedrigende, herabwürdigende und auf den Körper reduzierte Handlung“ (US 4), sondern auch auf eine weitere (nicht tatbestandsmäßige) Folge „einer beträchtlichen negativen Gefühlsempfindung“ beziehen müsse, legt die weitere Rechtsrüge nicht methodengerecht dar (RIS‑Justiz RS0116565; vgl im Übrigen Philipp in WK2 StGB § 218 Rz 19/9 und 20).

[9] Indem die Sanktionsrüge (Z 11) die Nichtberücksichtigung weiterer Milderungsgründe moniert, erstattet sie bloß ein Berufungsvorbringen.

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[11] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[12] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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