OGH 14Os118/09y

OGH14Os118/09y15.12.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Annerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter H***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 3. November 2008, GZ 37 Hv 104/07g-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde, teils aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen (nämlich im Schuldspruch B) unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A, C und D und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Kassation des Strafausspruchs verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - rechtlich verfehlt auch einen (prozessual allerdings unbeachtlichen, vgl Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 523 ff; Fabrizy StPO10 § 259 Rz 16; RIS-Justiz RS0120128) Subsumtionsfreispruch (von der Qualifikation des § 156 Abs 2 StGB) enthaltenden - Urteil wurde Peter H***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB (A) sowie Vergehen der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1 und Abs 2 (Abs 5 Z 3 und 4), 161 Abs 1 StGB (B), des Betrugs nach § 146 StGB (C) und des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 und Abs 2 StGB (D) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für das Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren und die amtswegige Maßnahme von Bedeutung - in B***** und G***** als faktischer Machthaber (US 7), ab dem Jahr 2000 als verantwortlicher, persönlich haftender Gesellschafter der H***** KEG (M***** KEG), die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war,

A. im Jänner 2006 durch Überweisung von 5.600 Euro auf das beim Bankhaus S***** KG geführte Konto der T***** GmbH (1) und von 13. April 1997 bis 2007 durch Überweisungen weiterer nicht näher bezifferter Beträge zur Tilgung seiner privaten Schulden (2) das Vermögen des genannten Unternehmens um einen jedenfalls 3.000 Euro, nicht aber 50.000 Euro übersteigenden Betrag wirklich verringert und dadurch die Befriedigung dessen Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen in dieser Höhe vereitelt oder geschmälert;

C. am 13. April 2006 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte der K***** GmbH durch Vorgabe seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Lieferung von fünf Minibars an die H***** KEG verleitet, wodurch die K***** GmbH einen Vermögensschaden von 879,60 Euro erlitt;

D. von November 2005 bis Mai 2006 Beiträge zur Sozialversicherung von Dienstnehmern des Unternehmens der Salzburger Gebietskrankenkasse als berechtigtem Versicherungsträger in Höhe von 4.027,08 Euro vorenthalten.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich die dagegen aus den Gründen der Z 5, 5a und 9 lit a § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten inhaltlich ausschließlich gegen den Schuldspruch A (wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida) richtet, kommt ihr schon aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zu.

Sie zeigt der Sache nach - deutlich genug auch in Ansehung des Schuldspruchs A/2 - zutreffend einen Begründungsmangel iSd Z 5 vierter Fall auf, weil die Urteilsannahmen zu einem auf Vermögensverringerung und Gläubigerschädigung gerichtetem Vorsatz (US 11) gänzlich unbegründet geblieben sind. Mit Blick auf die insoweit leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers, der behauptete, aufgrund seiner enormen Arbeitsleistung Anspruch auf Privatentnahmen in Höhe der beglichenen Forderung des Bankhauses S***** KG gehabt zu haben (ON 37 S 492, 496 f), zu den weiteren Überweisungen unter Hinweis auf zusätzliche private Einkünfte nur vage Angaben machte (ON 37 S 495, 497 f) und insgesamt in Abrede stellte, eine Gläubigerschädigung ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden zu haben (ON 37 S 487 ff), stellt der pauschale Verweis auf die „teilweise geständige Verantwortung" eingangs der Beweiswürdigung (US 16) und die Bezugnahme auf das - keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der subjektiven Tatseite enthaltende - Gutachten des Buchsachverständigen Mag. Martin G***** (ON 18, 29, 37 S 511 ff) keine ausreichende Fundierung der kritisierten Feststellungen dar.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof zudem von - vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachter, sich jedoch zu seinem Nachteil auswirkender - mehrfach unrichtiger Anwendung des materiellen Strafrechts (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) überzeugt, die von Amts wegen aufzugreifen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Zum Schuldspruch wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB (C) lässt sich den Entscheidungsgründen weder eine konkrete Täuschungshandlung noch ein dadurch bedingter Irrtum einer natürlichen Person und weiters nicht entnehmen, ob der Vorsatz des Beschwerdeführers diese Tatbestandselemente umfasste (US 13 ff). Der Spruch des Urteils vermag die fehlenden Feststellungen nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0114639; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 15). Zum Schuldspruch wegen (richtig:) der Vergehen des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 und Abs 2 StGB (D) finden sich hinwieder - mit Ausnahme der insoweit substanzlosen und damit nicht ausreichenden Verwendung des Begriffs „Einbehalten" - keine Konstatierungen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob im Tatzeitraum (November 2005 bis Mai 2006) die Löhne noch ausbezahlt wurden, sowie ob und in welchem Umfang dem Dienstgeber in den betreffenden Beitragszeiträumen die jeweiligen Nettolöhne übersteigende Mittel zur Verfügung standen. Denn ein iSd § 153c StGB tatbildliches „Vorenthalten" kann nur in Bezug auf Dienstnehmerbeiträge für tatsächlich ausbezahlte (und nicht auf jene für bloß fällige) Löhne sowie nur dann vorliegen, wenn die entsprechenden Mittelüberschüsse für andere Zwecke als für Beitragszahlungen an den Sozialversicherungsträger eingesetzt wurden (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153c Rz 14, 18 f; RIS-Justiz RS0084575).

Schließlich vermögen auch die Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite (US 15 f) den Schuldspruch nicht zu tragen (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153c Rz 22).

Der aufgezeigte Begründungsmangel und die Rechtsfehler mangels Feststellungen machen die Aufhebung des Urteils im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e StPO) samt Anordnung einer neuen Hauptverhandlung und Verweisung der Sache an das Erstgericht erforderlich, ohne dass es eines Eingehens auf die weiteren diesbezüglichen Beschwerdeargumente bedurfte.

In Ansehung des Schuldspruchs B wurde die Nichtigkeitsbeschwerde nicht ausgeführt, weshalb sie insoweit bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen war (§ 285d Abs 1 StPO). Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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