OGH 14Os108/05x

OGH14Os108/05x20.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Dezember 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Philipp, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Herbert Z***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Wels vom 9. Juni 2005, GZ 12 Hv 161/04d-230, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalprokurators Dr. Presslauer, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Kusatz zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Herbert Z***** (im dritten Rechtsgang) des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (als unmittelbarer Täter) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG schuldig erkannt.

Danach hat er am 4. Oktober 2002 in Bad Hall

1. Ing. Walter B***** durch zwei Schüsse in den Kopf mit einer Pistole des Kalibers 7,65 mm getötet;

2. unbefugt eine genehmigungspflichtige Schusswaffe, nämlich eine Pistole des Kalibers 7,65 mm, geführt.

Die Geschworenen hatten die anklagekonforme Hauptfrage 1. nach dem Verbrechen des Mordes als unmittelbarer Täter bejaht und demgemäß die Eventualfrage 2. nach Bestimmung eines Unbekannten zum Mord (§§ 12 zweiter Fall, 75 StGB) unbeantwortet gelassen. Die Hauptfrage 3. nach dem Vergehen des § 50 Abs 1 WaffG hatten sie ebenfalls bejaht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 345 Abs 1 Z 6, 8 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Die Fragenrüge (Z 6) bekämpft die Stellung der (hier folgerichtig nicht beantworteten) Eventualfrage nach Begehung des Verbrechens des Mordes als Bestimmungstäter. Dadurch seien die Geschworenen „überfordert" und „in eine schwere Konfliktsituation gedrängt" worden. Sie sei nach den Verfahrensergebnissen nicht indiziert gewesen und ihre Bejahung hätte eine „Überschreitung der Anklage nach § 281 Z 8 StPO" bedeutet.

Gemäß § 314 Abs 1 StPO ist unter anderem dann eine weitere Schuldfrage (Eventualfrage) zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht wurden, nach denen - wenn sie als erwiesen angenommen werden - ein als unmittelbarer Täter Angeklagter als Täter anzusehen wäre, der einen anderen dazu bestimmt hat, die Tat auszuführen.

Im Sinne dieser Vorschrift ist eine maßgebende Tatsache nicht nur dann vorgebracht, wenn sie in der Hauptverhandlung geradezu (konkret) „behauptet" wird, sondern auch dann, wenn sie sich aus den darin vorgeführten Beweismitteln immerhin mittelbar ergibt, sohin erschlossen werden kann (Schindler, WK-StPO § 313 Rz 7 mwN). Der Angeklagte war in dem ursprünglich gemeinsam geführten Verfahren bereits wegen eins - von demjenigen in der kritisierten Eventualfrage verschiedenen - Versuchs der Bestimmung eines anderen zur Tötung des Ing. Walter B***** rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilte worden. Warum die Geschworenen nicht in der Lage gewesen sein sollten, eine (bereits rechtskräftig abgeurteilte) - bloß versuchte - Bestimmung zum Mord von einer nachfolgend gelungenen Mordtat am selben Opfer, sei es durch den Angeklagten als unmittelbaren Täter, sei es aufgrund einer erfolgreichen Bestimmung eines Dritten durch diesen, zu scheiden, ist der Fragenrüge (Z 6) nicht zu entnehmen.

Dass der Angeklagte wegen eines von der nunmehrigen Tat verschiedenen Versuchs, einen anderen zur Tötung des Ing. Walter B***** zu veranlassen, bereits verurteilt worden war, war den Geschworenen übrigens nicht nur aus dem Vortrag des wesentlichen Akteninhaltes durch den Vorsitzenden (S 534 f/VIII) bekannt, sondern auch aus der Befragung des Angeklagten hiezu (S 347 ff/VIII) sowie aus den ausführlichen darauf Bezug nehmenden Aussagen der Zeugen Roland H***** (S 441 ff/VIII) und Ernst Z***** (S 525 ff/VIII). Dabei deponierte der Zeuge Roland H*****, Herbert Z***** habe jemanden gesucht, der Ing. B***** wegschaffe, damit die Versicherung fällig werde (S 447/VIII). Es sei zwar darüber gesprochen worden, der Angeklagte könnte dies selbst ausführen, er habe aber abgelehnt, weil der Verdacht sofort auf ihn fallen würde (S 449/VIII). Der Zeuge Ernst Z***** gab hiezu an, Z***** habe jemanden gesucht, der das Geld eintreiben, dabei auch „Gas geben" oder ihm (gemeint dem Schuldner) „eine aufs Aug geben könnte" (S 530/VIII).

Solcherart wurde in der Hauptverhandlung nicht nur vorgebracht, dass der Angeklagte im April 2002 danach getrachtet hat, einen anderen zum Mord zu bestimmen, sondern auch dass er ganz allgemein jemanden zum Geldeintreiben gesucht hat, dessen Methoden auch so weit gehen könnten, dass der Schuldner stirbt, weil er dann (durch die Lebensversicherung) zu seinem Geld komme. Somit war für den Fall der Nichtannahme der unmittelbaren Täterschaft des Angeklagten sehr wohl auch die Frage seiner Bestimmungstäterschaft indiziert. Der Rechtsmittelwerber konnte sich hiezu verantworten, sein Verteidiger hatte die Möglichkeit, sowohl ihn als auch die Zeugen zu befragen und entsprechende Anträge zu stellen. Demgemäß ist - einem Beschwerdevorwurf zuwider - nicht ersichtlich, warum durch die Fragestellung Verteidigungsrechte „auf das Schwerste" verletzt worden sind.

In seinen ergänzenden Ausführungen zur Fragenrüge stellt der Nichtigkeitswerber nur spekulativ die Beweiswürdigung der Geschworenen in Frage, ohne erhebliche Bedenken daran zu wecken. Substanzlos schließlich behauptet die Beschwerde, die Formulierung der Hauptfrage 1. habe den Geschworenen eine vollständige Prüfung und Beurteilung des Sachverhaltes unmöglich gemacht und der Schwurgerichtshof habe dadurch bei der Fragestellung die Vorschrift des § 317 StPO verletzt. Eine Begründung hiezu wird allerdings nicht vorgetragen.

Indem die Instruktionsrüge (Z 8) den Umstand rügt, dass vom Sachverhaltssubstrat der auf (erfolgreiche) Bestimmung eines anderen zur Tötung des Ing. Walter B***** lautenden Eventualfrage in der (schriftlichen) Anklage „kein Wort zu finden ist", kritisiert sie nur unzulässig das Gesetz, welches bei Identität des Prozessgegenstandes just für solche Fälle eine Eventualfrage verlangt. Dass vorliegend betreffend des am 4. Oktober 2002 erfolgten Mordes an Ing. Walter B***** durch den Angeklagten als unmittelbaren Täter oder durch einen von diesem zuvor zur Tat bestimmten Dritten Identität des Prozessgegenstandes vorlag, wird vom Beschwerdeführer gar nicht bestritten (vgl im Übrigen die gesetzliche Anordnung des § 314 Abs 1 zweiter Fall StPO). Die im schöffengerichtlichen Verfahren unter dem Aspekt einer Nichtigkeit begründenden Anklageüberschreitung nach neuerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gleichfalls beachtliche Warnfunktion des § 262 StPO (14 Os 34/00, EvBl 2000/221; weiterführend zuletzt 14 Os 76/05s, 77/05p, EvBl 2005/169) wird im Verfahren vor dem Geschworenengericht durch die Fragestellung an die Geschworenen sichergestellt (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 10 iVm § 281 Rz 551). Insoweit kann auf das bereits oben Gesagte verwiesen werden. Schließlich wird mit Bezug auf das Vergehen nach dem Waffengesetz ausdrücklich ein dahin weisendes, in der Hauptverhandlung vorgeführtes Beweismittel zugestanden und nur dessen Beweiskraft bestritten. Solcherart verfehlt das nominell aus Z 8, der Sache nach jedoch aus Z 6 erstattete Vorbringen auch insoweit die erforderliche Ausrichtung an den Anfechtungsvoraussetzungen des Gesetzes. Die Tatsachenrüge (Z 10a) stützt sich - fast wortgleich mit jener im zweiten Rechtsgang ausgeführten - zunächst auf die Verantwortung des Angeklagten und entwickelt daraus einen für diesen günstigen Zeitplan, dem zufolge er den Mord gar nicht eigenhändig begangen haben konnte. In weiterer Folge werden die Aussagen der Zeugen, welche das Alibi des Beschwerdeführers stützen sollen, spekulativ so erweitert, dass damit seine Einlassung untermauert wird. Indes hat das Geschworenengericht die vom Obersten Gerichtshof im zweiten Rechtsgang dargelegten Umstände, welche seinerzeit zu erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen geführt hatten, jeweils an Ort und Stelle sorgfältig überprüft und vor allem die Wegstrecken und Wegzeiten zureichend geklärt. Davon konnten sich die Laienrichter einen persönlichen Eindruck verschaffen. Auf Grund dieser neuen, erweiterten Beweisergebnisse vermögen die Ausführungen im Rechtsmittel nach Prüfung der gesamten Beweislage nunmehr aber keine erheblichen Bedenken mehr zu erzeugen. Dies umso weniger, als alle Zeitangaben - nach den Aussagen der Zeugen - nur gedanklich rekonstruierte Beiläufigkeiten sind und sich nicht auf unmittelbare präzise Wahrnehmungen der Uhrzeit stützen. Die von der Beschwerde angestellten Erwägungen beruhen hingegen bloß auf Schätzungen und Vermutungen des Rechtsmittelwerbers, aber auf keinen durch objektive Umstände verifizierten Berechnungen.

Die Stellung von Beweisanträgen ist im Nichtigkeitsverfahren nach der Strafprozessordnung nicht vorgesehen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über Herbert Z***** unter Anwendung von § 28 Abs 1 StGB und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 23. Oktober 2003, GZ 11 Hv 17/03k-160, nach § 75 StGB eine (Zusatz-)Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen mit einem Vergehen, die reifliche Planung und die heimtückische Begehung der Tat ohne Chance des Tatopfers auf Gegenwehr; als mildernd die anzunehmende Unbescholtenheit sowie dass eine Tathandlung beim Versuch geblieben ist.

Gegen den Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit welcher er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrt. Sie ist unbegründet.

Zunächst zeigt sie keine zusätzlichen Gründe auf, die das Verbrechen des Angeklagten in ein günstigeres Licht rücken und die geforderte Mäßigung der verhängten Sanktion rechtfertigen könnten. Entgegen dem Berufungsvorbringen wurden die Milderungsgründe vom Erstgericht vollständig angeführt. Infolge Bedachtnahme auf das zitierte Urteil des Landesgerichtes Steyr wurde auch zu Recht (zum Vorteil des Angeklagten) als mildernd gewertet, dass die vom Vor-Urteil umfasste Tat beim Versuch geblieben ist.

Unter Abwägung der Zahl und des Gewichtes der festgestellten Strafzumessungstatsachen sowie unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) entspricht die zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe zusätzlich ausgesprochene Freiheitsstrafe von zehn Jahren sowohl dem gravierenden Unrechtsgehalt der Taten wie auch der bedeutenden personalen Täterschuld des Angeklagten. Sie ist daher keinesfalls überhöht, sodass für eine Herabsetzung kein Grund besteht.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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