Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.309,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 257,25 Umsatzsteuer und S 480,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 1.April 1949 bis zu seiner Pensionierung am 1. Juni 1974 aktiver Dienstnehmer der beklagten Partei. Die beklagte Partei rechnete ihm fünf Jahre an Vordienstzeiten sowie beim vorzeitigen Übertritt in den Ruhestand, ohne daß er einen Rechtsanspruch gehabt hätte, weitere vier Jahre an, so daß er mit insgesamt 35 anrechenbaren Dienstjahren den vollen Pensionsanspruch erwarb.
Der Pensionsanspruch des Klägers richtet sich nach der Pensionsordnung, die (als Abschnitt C) Bestandteil der Dienstbestimmungen der Ö*** N*** (im folgenden: DB) ist. Die aktiven Dienstnehmer der beklagten Partei haben Anspruch auf Besoldung nach den für jede Verwendungsgruppe bestehenden Bezugsschemata, aus denen unter anderem die einzelnen Bezugsstufen zu ersehen sind (§ 44 der Besoldungsordnung, Abschnitt B der DB). Einige dieser Bezugsstufen sind sogenannte Sperrstufen, über die ein Dienstnehmer nur im Wege einer außerordentlichen Vorrückung hinausgelangen kann. Eine derartige Sperrstufe war seinerzeit die Bezugsstufe 8; diese Sperre wurde bei einer Schemaregulierung im Jahre 1966 beseitigt. Dadurch konnten die Dienstnehmer, die nach dem Jahre 1966 diese Stufe erreichten, rascher vorrücken als bisher. Aus diesem Grunde wurde älteren Dienstnehmern (die diese Möglichkeit noch nicht gehabt hatten) mit Beschluß des Direktoriums der beklagten Partei vom 25.September 1974 ab 1.Jänner 1975 durch außerordentliche Zeitvorrückung ein "Härteausgleich" gewährt. Dieser bezog sich generell auf alle (aktiven) Dienstnehmer der beklagten Partei mit einem Dienstantritt bis zum Jahre 1960. Der Kläger, der damals bereits in Pension war, erhielt den Härteausgleich nicht. Als aktiver Dienstnehmer wäre er am 1.Jänner 1975 in die Bezugsstufe 34 einzureihen gewesen; tatsächlich ging er in der Bezugsstufe 33 in Pension. Gemäß § 51 Abs.7 DB haben Änderungen der gemäß der Besoldungsordnung den aktiven Dienstnehmern gebührenden Schemabezüge eine Neubemessung der nach der Pensionsordnung zustehenden Bezüge unter Zugrundelegung der neuen Schemabezüge zur Folge. Das gleiche gilt sinngemäß, wenn an die aktiven Dienstnehmer zur Abgeltung bestimmter Mehraufwendungen oder erhöhter Lebenskosten generelle Zulagen gewährt werden.
Auf diesen rechtserzeugenden Sachverhalt stützte sich der Kläger bereits im Vorprozeß 4 Cr 1574/80 des Erstgerichtes, in dem er unter anderem als Pensionsdifferenz zwischen den Schemabezügen gemäß den Bezugsstufen 33 und 34 für den Zeitraum vom 1.Juni 1975 bis 31. Dezember 1980 Zahlungen von S 120.916,75 samt Anhang und den Ausspruch der Verpflichtung der beklagten Partei begehrte, nach der Rechtskraft dieses Urteils ihren weiteren finanziellen Leistungen an den Kläger aus dem Titel der Pension auf Dauer 85 % des jeweiligen Schemabezuges gemäß der Bezugsstufe 34 im Bezugsschema für die Verwendungsgruppe I zugrundezulegen. Dieses Begehren wurde rechtskräftig abgewiesen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Bezahlung einer Pensionsdifferenz von S 36.936,75 samt Anhang für die Zeit vom 1. Oktober 1981 bis 1.Dezember 1982 mit der Begründung, die beklagte Partei sei bei der Berechnung der Pension des Klägers gemäß § 51 Abs.7 DB verpflichtet, von der Bezugsstufe 34 des Bezugsschemas für die Verwendungsgruppe I auszugehen. Eine Rechtskraft- oder Bindungswirkung der Vorentscheidung 4 Cr 1184/80-8 des Arbeitsgerichtes Wien bestehe nicht.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß mit der Durchführung des Härteausgleiches im Jahre 1975 für einzelne Dienstnehmer eine generelle Bezugserhöhung im Sinne einer Erhöhung der Schemabezüge gemäß § 51 Abs.7 DB nicht vorgenommen worden sei. Es bestehe eine inhaltliche Bindung an das im Verfahren 4 Cr 1574/80 des Arbeitsgerichtes Wien ergangene Urteil. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es war der Ansicht, daß mit der als sogenanntem "Härteausgleich" gewährten außerordentlichen Zeitvorrückung an ältere Dienstnehmer keine generelle Änderung der Schemabezüge im Sinne des § 51 Abs.7 DB erfolgt sei. Lediglich einem kleinen Teil der Dienstnehmer sei eine Änderung des Vorrückungsstichtages gewährt worden. Im übrigen bestehe wegen Identität der Parteien und des rechtserzeugenden Sachverhaltes eine inhaltliche Bindung an die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Wien im zitierten Vorprozeß.
Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs.1 Z.3 ArbGG von neuem, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, traf ergänzende - im eingangs wiedergegebenen Sachverhalt bereits berücksichtigte - Feststellungen und bestätigte das Ersturteil. Es war ebenso wie das Erstgericht der Ansicht, daß durch die Gewährung des "Härteausgleichs" an ältere Dienstnehmer keine generelle Erhöhung der Aktivbezüge bestimmter Gruppen eingetreten, sondern nur eine außerordentliche Vorrückung gewährt worden sei. Eine derartige Vorrückung in höhere Bezugsstufen sei von einer Änderung der Schemabezüge klar zu trennen. Die für ältere Dienstnehmer getroffene Regelung stelle einen Ausgleich des durch die früheren Sperrstufen eingetretenen Vorrückungsverlustes durch eine außerordentliche Vorrückung dar. Eine verschleierte Erhöhung der Schemabezüge könne darin nicht erblickt werden.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision des Klägers ist nicht berechtigt. Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO; § 23 ArbGG).
Auf die Rechtsausführungen des Revisionswerbers zur Tragweite des § 51 Abs.7 DB und insbesondere zum Begriff des Schemabezuges ist infolge Bindung an die Vorentscheidung des Arbeitsgerichtes Wien vom 16. Juni 1981, 4 Cr 1574/80-8, nicht einzugehen:
Die Identität der Parteien, des rechtserzeugenden Sachverhaltes und des erhobenen Klagebegehrens führt zum Prozeßhindernis der res judicata (Rechtskraft eines die Streitsache betreffenden Urteils) im Sinne der §§ 240 Abs.3, 411 ZPO. Das Vorliegen dieses Prozeßhindernisses wurde mangels Identität des Klagebegehrens mit jenem des Vorprozesses 4 Cr 1574/80 durch die zweite Instanz rechtskräftig verneint, so daß schon aus diesem Grund der Antrag der Revisionsgegnerin, das bisherige Verfahren als nichtig aufzuheben und die Klage wegen entschiedener Rechtssache zurückzuweisen, erfolglos bleiben muß.
Auch wenn das Urteil eines Vorprozesses mangels Identität der Begehren keine formelle Rechtskraftwirkung hat, kann es zufolge seiner materiellen Rechtskraft zur inhaltlichen Bindung des später entscheidenden Gerichtes führen, wenn Parteien und rechtserzeugender Sachverhalt identisch sind und beide Prozesse in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang stehen, daß die gebotene Rechtssicherheit und die Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben in beiden Fällen entscheidenden Rechtsfrage nicht gestatten (RZ 1977/49; RZ 1980/31; JBl.1980, 541; SZ 55/74 u.a.;
Fasching III 705 f.). Diese Bindungswirkung schließt zwar die Verhandlung und Entscheidung über das neue Klagebegehren nicht aus;
der Richter hat dabei aber von dem bereits rechtskräftig entschiedenen Anspruch auszugehen und ihn seiner neuen Entscheidung zugrundezulegen (SZ 55/74 u.a.). Die Voraussetzungen für eine solche Bindungswirkung liegen unter anderem dann vor, wenn die Entscheidung des neuen Anspruches von dem Inhalt der rechtskräftig entschiedenen Streitsache notwendig abhängt (Fasching III 694 f., 705 ff.; ders., Lehr- und Handbuch, Rz 1501, Rz 1517-1519).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Mit dem rechtskräftigen Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 16. Juni 1981, 4 Cr 1574/80-8, wurde u.a. ein Begehren des Klägers gegen die beklagte Partei abgewiesen, daß diese schuldig sei, nach Rechtskraft des Urteils ihren weiteren Pensionsleistungen an den Kläger 85 % des jeweiligen Schemabezuges gemäß der Bezugsstufe 34 im Bezugsschema für die Verwendungsgruppe I zugrundezulegen. Mit der Abweisung dieses Begehrens wurde zwischen den Streitteilen auf der Grundlage des beiden Prozessen gemeinsamen rechtserzeugenden Sachverhaltes für alle zukünftigen, von der beklagten Partei dem Kläger zu erbringenden Pensionsleistungen klargestellt, diese nicht mit 85 % der Bezugsstufe 34 des Gehaltsschemas (sondern nur, wie gewährt, der Bezugsstufe 33) zu bemessen sind. Würde die beklagte Partei im vorliegenden Fall dazu verurteilt werden, dem Kläger die nunmehr mit der selben Begründung wie im Vorprozeß begehrte Pensionsdifferenz für die Zeit vom 1.Oktober 1981 bis 1. Dezember 1982 zu bezahlen, so stünde dieser Ausspruch im klaren Widerspruch zu der auch diesen Zeitraum umfassenden Vorentscheidung. Das seinerzeitige und das nunmehrige Begehren stehen daher in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang, daß die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung der selben, in beiden Verfahren entscheidenden Rechtsfrage nicht gestatten. Für diese Bindungswirkung ist es auch ohne Bedeutung, daß im Vorprozeß ein vom Kläger als Leistungsbegehren formuliertes Klagebegehren abgewiesen wurde. Abgesehen davon, daß diesem für die Zukunft schon wegen § 406 ZPO nicht in dieser Form hätte stattgegeben werden können, ist nämlich jedes sachabweisende Urteil inhaltich ein Feststellungsurteil (Fasching, Komm.III 15). Andererseits steht auch die Verneinung einer Rechtskraftwirkung dieses Urteils (durch den Beschluß ON 6) der Wahrnehmung der materiellen Bindungswirkung nicht entgegen. Die abweisliche Entscheidung über das seinerzeitige Begehren ist daher ohne weiteres der nunmehr zu treffenden Entscheidung zugrundezulegen, was die Bestätigung der Urteile der Vorinstanzen zur Folge hat.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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