OGH 14Ob19/86

OGH14Ob19/864.3.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HONProf.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuderna und Dr.Gamerith, sowie die Beisitzer Prof.Dr.Robert Halpern und Dr.Walter Geppert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner H***, Vertreter, Salzburg, Ignaz von Heffter-Straße 4, vertreten durch Dr.Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei N*** Gesellschaft mbH in Wien 23., Brunner Straße 69, vertreten durch Dr.Berndt Sedlazeck, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Zahlung und Rechnungslegung (Gesamtstreitwert S 135.054,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 2. Dezember 1985, GZ31 Cg 1/85-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Salzburg vom 19. September 1984, GZ Cr 260/84-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der den Leistungsanspruch der Stufenklage betreffende Punkt 3. des erstgerichtlichen Urteils aufgehoben wird. Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben und das Berufungsurteil als Teilurteil bestätigt.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist aus dem mit der beklagten Partei bestehenden Arbeitsverhältnis unter Berufung auf den § 26 Z 1 AngG am 9.1.1984 vorzeitig ausgetreten. Er begehrt mit der vorliegenden Klage die Zahlung der Abfertigung in der Höhe von S 44.454,50 sowie eines ihm zu Unrecht abgezogenen Betrages von S 6.600,--. Zur Begründung führte er aus, er habe aus gesundheitlichen Gründen die Arbeitsleistung nicht mehr fortsetzen können. Die beklagte Partei habe ihm auch näher bezeichnete Subprovisionen ab 1.7.1982 vorenthalten. Er begehrt daher überdies mit einer Stufenklage Rechnungslegung über den Zeitraum vom 1.7.1982 bis 9.1.1984 sowie die Zahlung der sich daraus ergebenden Subprovisionsbeträge in noch unbekannter Höhe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Austritt sei mangels gesundheitlicher Störungen ungerechtfertigt erfolgt; ein Anspruch auf Subprovision sei mit dem Kläger nie vereinbart worden. Der Abzug eines Betrages von S 6.600,-- betreffe Kilometergeld und entspreche dem Arbeitsvertrag.

Das Erstgericht gab dem gesamten Klagebegehren mit einer als Zwischenurteil bezeichneten Entscheidung statt, wobei es den Ausspruch über die der Höhe nach unbestimmte Leistungspflicht im Rahmen der Stufenklage (Punkt 3. des Urteils) nicht begründete. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es führte das Verfahren nach dem Inhalt des über die Berufungsverhandlung aufgenommenen Protokolls nicht nach dem § 25 Abs1 Z 3 ArbGG neu durch, sondern ergänzte das Beweisverfahren des Erstgerichts lediglich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Kläger war bei der beklagten Partei vom 20.8.1979 bis zu seinem am 9.1.1984 erfolgten vorzeitigen Austritt als Vertreter angestellt. Bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses wurde unter anderem vereinbart, daß dem Kläger Subprovisionen in der Höhe von 2 % des Umsatzes des Servicemannes in Salzburg zustehen. Diese Subprovisionen wurden dem Kläger bis einschließlich Juni 1982 ausgezahlt.

Am 1.4.1983 erlitt der Kläger beim Ausladen eines schweren Gerätes aus seinem PKW ein "Hebetrauma". Er war in der Folge in stationärer Behandlung und nahm nach Krankenständen am 10.10.1983 die Arbeit wieder auf. Im November 1983 traten neuerlich Beschwerden auf, die sich fortschreitend verschlechterten. Da dem Kläger von der ihn behandlnden Ärztin ein Berufswechsel empfohlen wurde, trat er am 9.1.1984 aus dem Unternehmen der beklagten Partei aus. Er hatte damals ein Ledenwirbelsäulenleiden. Eine weitere Beschäftigung, die zu einer stärkeren Belastung der Lendenwirbelsäule geführt hätte, war ihm aus medizinischer Sicht auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist nicht zuzumuten. Er sollte das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg und häufiges Bücken vermeiden. Die Arbeit des Klägers im Unternehmen der beklagten Partei bestand im wesentlichen darin, Bodenreinigungsmaschinen im Gewicht von 35 bis 100 kg mit seinem PKW zu den einzelnen Interessenten zu bringen, dort vorzuführen und nach Möglichkeit Kaufabschlüsse vorzunehmen. Der Abzug von S 6.600,-- erfolgte mit der Begründung, es müsse abgewartet werden, ob Storni erfolgen oder Zahlungen nicht eingehen werden. In der Folge sind keine Storni erfolgt.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, der Kläger sei aus dem Grunde des § 26 Z 1 AngG gerechtfertigt ausgetreten, weil er auf Grund seines Leidenszustandes die Dienstleistungen nicht ohne Schaden für seine Gesundheit hätte fortsetzen können. Der Abzug von S 6.600,-- sei zu Unrecht erfolgt, weil den Kläger betreffende Storni nicht erfolgt seien und die behauptete Vereinbarung über den Abzug von Kilometergeld nicht nachgewiesen worden sei. Da die beklagte Partei zum Rechnungslegungsbegehren nicht mehr Stellung genommen habe, sei der unbedenklichen Begründung des erstgerichtlichen Urteils zu folgen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das gesamte Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nur zum geringen Teil berechtigt.

Da der in der Nichtdurchführung der Verhandlung im Sinne des § 25 Abs1 Z 3 ArbGG bestehende Verfahrensmangel nicht gerügt wurde, kann er vom Obersten Gerichtshof nicht aufgegriffen werden. Hingegen liegt der sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Nichtigkeit als auch eines Verfahrensmangel gerügte, in der Entscheidung über Leistungsanspruch der Stufenklage bestehende Fehler der Untergerichte vor. Mit dem Rechnungslegungsbegehren nach dem Art.XLII Abs3 EGZPO (Manifestationsbegehren) kann schon der Klage ein Begehren auf Zahlung oder Herausgabe verbunden werden, wenngleich die Höhe des zu zahlenden Betrages erst nach der Rechnungslegung feststeht. Der Kläger darf die Bezifferung der Geldsumme vorläufig unterlassen und braucht sie erst nachzuholen, sobald die Rechnungslegung erfolgt ist. In einem solchen Fall ist zuerst das Verfahren über das Rechnungslegungsbegehren zu führen und mit Teilurteil zu entscheiden; erst nach dessen Rechtskraft hat der Kläger auf Grund der Ergebnisse der - erforderlichenfalls gemäß dem § 354 EO zu erzwingenden - Rechnungslegung sein Leistungsbegehren durch zahlenmäßige Angabe des Klagsbetrages zu ergänzen. Das Gericht hat sodann das Verfahren über den Leistungsanspruch durchzuführen und mit Endurteil abzuschließen (ÖBl.1984,46 mwH; Fasching, Lehrbuch, Rz 1046).

Da das Erstgericht - möglicherweise infolge eines Versehens - nicht nur über das Rechnungslegungs-, sondern sofort auch über das unbestimmte Leistungsbegehren entschieden hat, liegt ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des § 226 Abs1 ZPO und somit ein Verfahrensmangel - allerdings keine Nichtigkeit und schon gar nicht des "gesamten Verfahrens" - vor. Der Ausspruch über dieses Leistungsbegehren (Punkt 3. des erstgerichtlichen Urteils) war daher ersatzlos aufzuheben. Das Erstgericht wird das Verfahren über entsprechenden Antrag in diesem Umfang fortzuführen haben. Da die beklagte Partei in ihren Rechtsmittelausführungen weder auf die Entscheidung über das Rechnungslegungsbegehren noch auf den Abzug eines Betrages von S 6.600,-- eingeht, ist die Revision soweit nicht gesetzmäßig ausgeführt und daher unbeachtlich. In ihrer Rechtsrüge hält die Revisionswerberin an ihrer Auffassung fest, der festgestellte Sachverhalt rechtfertige nicht die Annahme eines begründeten Austritts.

Nach dem § 26 Z 1 AngG ist der Angestellte zum vorzeitigen Austritt berechtigt, wenn er zur Fortsetzung seiner Dienstleistung unfähig wird oder diese ohne Schaden für seine Gesundheit oder Sittlichkeit nicht fortsetzen kann. Diese Voraussetzung ist schon dann gegeben, wenn durch die Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit die Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet wäre. Ein Gesundheitsschaden muß noch nicht eingetreten sein; es genügt, wenn er bei Fortsetzung der Arbeit befürchtet werden muß. Wesentlich ist nur, daß die Bedrohung der Gesundheit des Arbeitnehmers schon im Zeitpunkt der Austrittserklärung besteht (Arb.9376 mwH; Martinek-Schwarz, AngG 6 ,560 f).

Diese Voraussetzungen liegen hier nach den auf einem medizinischen Sachverständigengutachten beruhenden Feststellungen vor. Da der Kläger Lasten über 5 kg nicht mehr heben und tragen soll, seine Tätigkeit aber mit dem Heben und Tragen von Lasten bis zu 100 kg verbunden war, konnte ihm die Fortsetzung dieser Arbeit nicht mehr zugemutet werden. Daß derartige Arbeiten nur einen geringen Teil seiner Tätigkeit ausmachten, ist entgegen der Meinung der beklagten Partei belanglos, weil der Kläger solche Tätigkeiten im Rahmen seiner Dienstleistungen verrichten mußte, dazu aber ohne Schädigung seiner Gesundheit nicht mehr in der Lage ist. Eine "gänzliche Dienstunfähigkeit" ist für das Vorliegen dieser Voraussetzungen des Austrittstatbestandes nicht erforderlich. Die Hinweise der Revisionswerberin auf die Möglichkeit einer Unterstützung durch einen anderen Arbeitnehmer oder auf die Verrichtung anderer Dienstleistungen sind schon deshalb rechtlich belanglos, weil sie gegen das Neuerungsverbot des § 504 ZPO verstoßen.

Da der Austritt des Klägers somit gerechtfertigt erfolgt ist, steht ihm gemäß dem § 23 Abs1 und 7 AngG der Anspruch auf Abfertigung, dessen Höhe nicht bekämpft wird, zu. Der Revision war somit nur in dem eingangs behandelten geringen Umfang Folge zu geben. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 52 und 392 Abs2 ZPO begründet.

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