OGH 13Os97/83

OGH13Os97/837.7.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juli 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kalivoda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 28. Februar 1983, GZ. 36 Vr 3421/82-16, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Oehlzand und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert A gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1

StGB. schuldig erkannt worden war, ist vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 9.Juni 1983, GZ. 13 Os 97/83-6, dem der maßgebende Sachverhalt zu entnehmen ist, schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen worden.

Gegenstand des Gerichtstags war daher die Berufung des Angeklagten. Das Schöffengericht verhängte über ihn nach § 202 Abs. 1 StGB. eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten, wozu es weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe annahm.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Umwandlung der Freiheits- in eine Geldstrafe (§ 37 StGB.) und deren bedingte Nachsicht (§ 43 StGB.) an; in eventu begehrt er die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht, schließlich die bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe.

Die Berufung erweist sich als nicht berechtigt.

Daß die zur Tatzeit achtzehnjährige Gabriele B, die den Hund eines Bekannten abholen wollte, jedoch niemanden angetroffen hatte, die Einladung eines anderen Hausbewohners, die Rückkehr ihres Bekannten in seiner Wohnung abzuwarten, annahm, weist sie noch keineswegs als leichtfertiges Mädchen aus, von dem ohne weiteres angenommen werden konnte, es werde in sexuellen Dingen dem Erstbesten willfährig sein. Gerade der Umstand, daß ihr Bekannter das Haus bewohnte, in dem sie die Einladung annahm, mußte der jungen Frau als eine Gewähr dafür erscheinen, daß sie unbehelligt bleiben werde.

Diese Situation, welche die jederzeitige Ausforschung des Täters ermöglichte und schon deshalb allfällige Bedenken zerstreuen mußte, hat den Berufungswerber jedoch nicht davon abgehalten, die Lage, in die sich Gabriele B durch das ihr vom Angeklagten offenbar gezielt inspirierte Vertrauen begeben hatte, trotz deren eindeutiger Ablehnung und Gegenwehr auszunützen und sie durch einen erzwungenen Mundverkehr und einen ebensolchen außerehelichen Geschlechtsverkehr sexuell zu mißbrauchen. Die als mildernd reklamierte Unbesonnenheit käme dem Berufungswerber nur dann zustatten, wenn die Tat auf eine augenblickliche Eingebung zurückzuführen wäre, auf einen Willensimpuls also, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen war und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Täters in der Regel unterdrückt worden wäre (SSt. 31/37). Davon kann bei der sich allmählich eskalierenden, etwa dreiviertel Stunden währenden (S. 67) Konfrontation des Angeklagten mit seinem Opfer wohl keine Rede sein.

Gleiches gilt für die des weiteren behauptete allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung, in der sich der Rechtsmittelwerber zur Tat hätte hinreißen lassen:

Muß doch die Ursache einer solchen Gemütsbewegung sittlich verständlich sein, was unter den obwaltenden Umständen füglich nicht behauptet werden kann. Schließlich kann auch nicht von einer besonders verlockenden Gelegenheit gesprochen werden, durch die der Angeklagte zur Tat verleitet worden wäre, weil dies nahezu auf einen Freibrief zum sexuellen Mißbrauch von Frauen unter im Alltag oft durchaus vergleichbaren Verhältnissen hinausliefe. Alles in allem muß dem Bestreben der Berufung, in dem sozial keineswegs unangepaßten Verhalten der Gabriele B einen erheblichen Beitrag zum Fehlverhalten des Berufungswerbers zu erblicken, mit Entschiedenheit entgegengetreten werden.

Bei einem von sechs Monaten bis zu fünf Jahren reichenden Strafsatz (§ 202 Abs. 1 StGB.) kann die in dessen unterem Bereich bemessene Freiheitsstrafe keineswegs als überhöht angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist folgendes anzumerken: Dem Berufungswerber ist als - vom Erstgericht nicht angenommener - Erschwerungsumstand anzulasten, daß er die Tat mit den Mitteln der Gewalt und der gefährlichen Drohung verübte.

Das, wenn auch nicht einschlägig, kriminell aber doch ansehnlich getrübte Vorleben des Angeklagten und der bedenkenswerte Umstand, daß ihm jegliche Schuldeinsicht abgeht, sind Gründe, die gegen die Annahme sprechen, daß die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Es mußte ihm daher auch die bedingte Strafnachsicht versagt bleiben. Dieselben spezialpräventiven Erwägungen (siehe § 37 Abs. 1 StGB.) verwehren eine önderung der Strafart.

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