OGH 13Os93/93

OGH13Os93/9325.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.August 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Markel, Mag.Strieder und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hatvagner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Constantin G***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143, dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 26. April 1993, GZ 20 Vr 193/93-53, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr.Bierlein, und des Verteidigers Dr.Kresbach, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Constantin G***** des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 3.Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 12. Jänner 1993 in I***** dem Sepp T***** durch Versetzen mehrerer Faustschläge und Fußtritte, verbunden mit der Äußerung, ihn "aufzuschlitzen", wenn er das Geld nicht hergebe, sohin mit Gewalt gegen eine Person und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Bargeldbetrag in der Höhe von 600 S, mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen bzw abgenötigt, wobei die Gewaltanwendung eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) des Sepp T*****, nämlich einen verschobenen Nasenbeinbruch, multiple Hämatome im Gesicht, eine Rißquetschwunde an der Oberlippe und eine Gehirnerschütterung, zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 6, 7, 8 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung bestand zur Stellung einer Eventualfrage, die sich auf das Ansichbringen eines Bargeldbetrages von (nur) 600 S bezieht - und deren Unterlassung unter dem Gesichtspunkt des § 345 Abs 1 Z 6 StPO gerügt wird -, keine Veranlassung. Eine alternative Schuldfrage zur anklagekonformen Hauptfrage ist gemäß dem § 314 Abs 1 StPO demnach nur dann zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht wurden, nach denen - wenn sie als erwiesen angenommen werden - ein eines vollendeten Verbrechens oder Vergehens Angeklagter nur des Versuches schuldig oder ein als unmittelbarer Täter Angeklagter als Bestimmungs- oder Beitragstäter anzusehen wäre, oder sofern die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter ein anderes Strafgesetz fiele, das nicht strenger ist als das in der Anklageschrift angeführte. Keine dieser Voraussetzungen lag hier vor, weil die von der Anklage angenommenen Tatumstände das Ansichbringen eines Geldbetrages von bloß 600 S an Stelle der in der Anklage genannten Summe von 14.800 S die rechtliche Beurteilung der Tat als schwerer Raub nicht in Frage stellen.

Nicht im Recht ist die Beschwerde auch, soweit sie die mangelnde Identität des durch die eingeschränkte Beantwortung der Hauptfrage festgestellten Sachverhaltes mit der angeklagten Tat behauptet und damit den Nichtigkeitsgrund der Anklageüberschreitung nach dem § 345 Abs 1 Z 7 StPO (iVm § 267 StPO) reklamiert. Denn schon dem Wortsinn nach kann von einer Anklageüberschreitung dann nicht die Rede sein, wenn der Deliktsbetrag unter Bejahung der übrigen tatbestandswesentlichen Umstände nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens reduziert wird. Weshalb die solcherart modifizierte Tat nicht vom Anklagevorwurf umfaßt sein sollte, legte der Beschwerdeführer nicht dar.

Soweit er in seiner Instruktionsrüge (Z 8) die Rechtsbelehrung als unvollständig kritisiert, weil sie seine - erstmals in der Nichtigkeitsbeschwerde behauptete - subjektive Ansicht, auf den Betrag von 600 S einen Anspruch zu haben, außer acht gelassen habe, übersieht er, daß eine Rechtsbelehrung nur zu gestellten Fragen zu erteilen ist. Danach wurden jedoch die Geschworenen mit der in der Beschwerde vorgebrachten Problematik (die erst im Falle der Stellung einer entsprechenden Eventualfrage nach Nötigung iS des § 105 Abs 1 StGB aktuell geworden wäre) zu Recht nicht konfrontiert. Es bestand aber auch kein Anlaß zu einer solchen Fragestellung, hatte sich der Angeklagte doch zu keinem Zeitpunkt darauf berufen, den Betrag in der Höhe von 600 S als Spielgewinn gefordert zu haben, vielmehr sowohl vor der Polizei (S 59), wie auch vor dem Untersuchungsrichter (S 63) und in der Hauptverhandlung (S 275 ff) bestritten, T***** überhaupt Geld weggenommen zu haben.

Schließlich vermochte der Angeklagte auch in seiner Tatsachenrüge (Z 10 a) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Soweit er sich dazu auf die angeblich im Widerspruch zum ergangenen Schuldspruch stehende Aussage des Zeugen T***** beruft, er könne nicht behaupten, daß ihm das Geld weggenommen wurde, läßt er unberücksichtigt, daß sich diese Aussage ausschließlich auf den 600 S übersteigenden weiteren Geldbetrag bezieht, der - zufolge der von den Geschworenen vorgenommenen Einschränkung - nicht Gegenstand des Schuldspruches wurde.

Im übrigen erschöpfen sich die Ausführungen des Beschwerdeführers zu diesem Nichtigkeitsgrund in der Bekämpfung der Beweiswürdigung der Geschworenen nach Art einer im Verfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten nach wie vor unzulässigen Schuldberufung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 1/2 Jahren. Dabei wurden als erschwerend die einschlägigen, darunter rückfallbegründenden (§ 39 StGB) Vorstrafen, sowie der rasche Rückfall nach einer am 16. Dezember 1991 vom Bezirksgericht Innsbruck ausgesprochenen und am 3. Juli 1992 vom Berufungsgericht bestätigten Verurteilung wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 2 StGB, als mildernd ein Teilgeständnis des Angeklagten gewertet.

Gegen diesen Strafausspruch richten sich die beiderseitigen Berufungen, wobei der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, die Staatsanwaltschaft hingegen deren Erhöhung beantragt.

Beide Berufungen erweisen sich als unbegründet.

Die Strafzumessungsgründe wurden vom Geschworenengericht vollständig erfaßt und ihrem Gewicht entsprechend gewertet. Zusätzliche Milderungsgründe wurden vom Angeklagten denn auch nicht aufgezeigt.

Aber auch die Staatsanwaltschaft vermochte weitere Erschwerungsumstände nicht darzutun. Die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten wurden vom Erstgericht ebenso berücksichtigt wie der rasche Rückfall. Daß aber der Angeklagte die aktuelle Raubtat während eines anhängigen Strafverfahrens begangen hatte, stellt, abgesehen davon, daß ihm die Einleitung dieses Verfahrens, das auf einer Anzeige vom 4.November 1992 beruht, offenbar nicht bekannt war, schon deshalb keinen eigenen Erschwerungsgrund dar, weil jenes Verfahren zu keiner Verurteilung führte.

Die vom Geschworenengericht gefundene Strafe bedarf demnach keiner Korrektur.

Mithin war wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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