Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Andreas W***** wurde der Vergehen des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB (I.), des Verstrickungsbruchs nach § 271 Abs 1 StGB (II.), der Vollstreckungsvereitelung nach § 162 Abs 1 StGB (III.), der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB (IV.) und des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er, soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung, zu I.) in Graz fremde bewegliche Sachen in einem 25.000,-- S, nicht aber 500.000,-- S übersteigenden Wert nachgenannten Personen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:
Ende September 1998 dem Heribert S***** eine Betonbrechzange der Marke Dai Nong DNC 850 im Wert von 300.000,-- S,
im Herbst 1998 dem Anton G***** als Vorbehaltseigentümer einen Abbruchhammer im Wert von ca 140.000,-- S;
zu II.) in St. Radegund die anlässlich der Zwangsvollstreckung zu 48 E 8818/96i und 47 E 2692/97h des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz gepfändete Sachen durch Entfernen der Verstrickung entzogen, und zwar
am 13. Oktober 1997, 30. April 1998 und 18. Juni 1998 den Geländewagen Puch G mit dem Kennzeichen GU 4 TGO,
am 5. August 1998 und 21. September 1998 ein Holzspaltgerät der Marke
Posch und eine Schubraupe der Marke Liebherr;
zu III.) ..................
zu IV.) in St. Radegund im Oktober 1998 ihm anvertraute Güter in einem 25.000,-- S nicht übersteigenden Wert, nämlich ein Nivelliergerät, einen Gabelhubwagen und eine Palettenkrangabel im Wert von rund 15.000,-- S, die er von Heribert S***** entliehen hatte, dadurch, dass er diese für sich behielt, mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern; zu V.) in St. Radegund am 8. Juni 1999 dadurch, dass er sich auf den Gendarmeriebeamten RI Hans B*****, der zur gesicherten Durchführung einer von Beamten des Finanzamtes Graz-Stadt, Prüfungsabteilung, beabsichtigten Hausdurchsuchung anwesend war, stürzte, ihn am Overall erfasste, ihn in Richtung Vorhausfenster stieß und gegen die Verglasung drückte, und weiterhin "Schupfer" und Stöße gegen ihn führte, einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Schuldsprüche - ausgenommen zu III. - richtet sich die auf Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch fehl geht. Den Verfahrensrügen, soweit sie das Unterbleiben beantragter Beweisaufnahmen monieren, ist vorweg zuzubilligen, dass das abweisliche Zwischenerkenntnis bloß mit der lapidaren Floskel "wegen geklärter Sach- und Rechtslage" "begründet" wurde (S 481). Im Allgemeinen ist dies nicht ausreichend, um die Erwägungen, von denen der Gerichtshof erster Instanz ausgegangen ist, erkennen und prüfen zu können, ob beim Zwischenerkenntnis Verfahrensgrundsätze unrichtig angewendet wurden, und ob, allenfalls welchen Einfluss die etwaige Formverletzung auf die Entscheidung übte oder üben konnte. Wenn sich jedoch das vom Antragsteller angestrebte Ergebnis von vornherein als ungeeignet zeigt, auf die Entscheidung irgendeinen Einfluss zu üben, weil es nur für die Konstatierungen unerhebliche Nebenumstände betrifft (was hier der Fall ist, wobei auch die Feststellung des unter Beweis zu stellenden Umstandes dem abgelehnten Beweisantrag die Relevanz nimmt), die ablehnende Entscheidung daher (fallbezogen sogar offenkundig) im Ergebnis richtig ist, liegt kein Nichtigkeit begründender Verfahrensmangel vor.
Im Übrigen kann die Nichtigkeit nach Z 4 zum Vorteil des Angeklagten nicht geltend gemacht werden, wenn unzweifelhaft erkennbar, es somit klar auf der Hand liegt, dass eine Benachteiligung des Angeklagten nicht erfolgen konnte (§ 281 Abs 3 StPO).
Zu I:
Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich gegen die verweigerte Vernehmung der Zeugen Horst S***** und Baumeister Ing. Georg K*****, die zum Beweise dafür geführt worden waren, dass die Angaben des Zeugen Anton G*****, der Angeklagte hätte den weggenommenen Abbruchhammer in Heiligenkreuz bei Abbrucharbeiten verwendet (auf welchen "verbrauchenden Gebrauch" die Anklageschrift den Zueignungsvorsatz stütze), unrichtig seien.
Abgesehen davon, dass sich Rechtsmittelausführungen auf das Urteil, nicht jedoch auf die Anklage zu beziehen haben, wurden durch die unterbliebenen Beweisaufnahmen Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt. Die Art der Verwendung des Diebsgutes durch den Täter betrifft nämlich weder eine erhebliche noch - mangels Tatbestandsmerkmal des Diebstahls - eine entscheidungswesentliche (Z 5) Tatsache. Im Übrigen haben die Tatrichter den Diebstahlsvorsatz aus dem unberechtigten Wegbringen und Versperrthalten sowie der grundlosen Weigerung der Herausgabe dieses Gerätes erschlossen (US 5 und 16) und den verbrauchenden Gebrauch von Sachen anderer Personen bloß illustrativ als "Strategie" des Angeklagten erwähnt (gleichfalls US 16).
Die beantragte, indes ebenfalls abgelehnte Vernehmung des Zeugen Mag. F*****, eines Angestellten der Steiermärkischen Bank und Sparkassen AG zum Beweis dafür, dass der Angeklagte nach Wegnahme des Abbruchhammers mit dessen Vorbehaltseigentümerin Verhandlungen über einen etwaigen Ankauf des Gerätes geführt hätte, unterblieb zu Recht. Der beantragte Beweis war nämlich nicht geeignet, Sicheres zur Klärung der inneren Tatseite zum früheren Tatzeitpunkt, nämlich der Sachwegnahme, beizutragen.
Der Rüge wegen der unterbliebenen Beischaffung des Aktes 12 St 261/98i der Staatsanwaltschaft Graz zum Beweis des Bestehens von Forderungen gegenüber Heribert S*****, dem Eigentümer der Betonbrechzange, mangelt die Legitimation. Der Angeklagte hatte dies zwar im Schriftsatz ON 46 beantragt, und in der (neu durchgeführten) Hauptverhandlung am 26. September 2000 (ON 58) die bereits schriftlich gestellten Anträge insofern wiederholt, "soweit sie noch nicht erledigt wurden", diese jedoch im Anschluss daran genau aufgezählt. In dieser abschließenden Auflistung ist der Antrag auf die Aktenbeischaffung nicht (mehr) enthalten.
Die Mängelrüge (Z 5) behauptet zu den Feststellungen, dass aus dem Versperrthalten des Abbruchhammers und dem Bemühen, einen Betrag von 10.000 S für die "Lagerhaltung" herauszuschlagen, das Erstgericht "in aktenwidriger Weise" verschweige, dass nach den Zeugenaussagen Dris. W***** und des Bruders des Angeklagten, Alexander W***** seitens des Angeklagten ein Ankaufsinteresse bestand und Ankaufsverhandlungen geführt wurden. Abgesehen davon, dass der Zeuge Dr. W***** diesbezüglich keine Angaben gemacht hat (S 348ff iVm ON 27) und die Angaben des Zeugen Alexander W*****, der Ankaufsverhandlungen bejahte, ausdrücklich insgesamt als unglaubwürdig bewertet wurden (US 12), genügt es, auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Verfahrensrüge zu verweisen, wonach spätere Kaufsverhandlungen die Annahme eines Diebstahlsvorsatzes zur Tatzeit nicht ausschließen. Ein weiteres Eingehen auf die genannten Aussagen unterblieb daher angesichts der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zu Recht.
Als unzureichend und aktenwidrig begründet bekämpft die Beschwerde die Feststellung der Wegnahme der beiden Baugeräte durch den Angeklagten selbst und nicht durch seinen (ihm ähnlich sehenden) Bruder Alexander W*****.
Entgegen der Beschwerde haben die Tatrichter jedoch die Sachwegnahmen durch den Angeklagten hinsichtlich der Betonbrechzange - unter Berücksichtigung mehrerer Verantwortungsvarianten - vorwiegend und durchaus zureichend auf das Geständnis des Angeklagten vor der Polizei (US 11 iVm S 125) und hinsichtlich des Abbruchhammers - ebenfalls ausreichend - mit dem Geständnis des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung vom 9. November 1999 (ON 40, S 336) gestützt. Die spekulativen Beschwerdeausführungen über den Bedeutungsinhalt der (vom Erstgericht ohnedies in seine Überlegung einbezogenen) Zeugenaussagen richten sich bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung gegen die tatrichterlichen nach logischer Beweiswürdigung gezogenen Schlüsse. Sie können - mangels Wiedergabe aus den Akten - nicht aktenwidrig im Sinne dieses Nichtigkeitsgrundes (Z 5) sein. Soweit der Beschwerdeführer abermals meint, dass es aktenwidrig sei, ihm mehrfach wechselnde Rechtfertigungen vor dem Untersuchungsrichter vorzuwerfen, weil er jene Passagen, welche seiner späteren Verantwortung widersprachen, nicht unterfertigt und hiezu auch teilweise ausdrücklich seine Unterschrift verweigert hätte, geht der Vorwurf ins Leere: Die fehlende Unterschrift nimmt dem (gerichtlichen) Schriftstück nicht jeglichen Beweiswert. Die Behauptung einer "Scheinbegründung und Widersprüchlichkeit" der tatrichterlichen Erwägungen über die unterbliebene Anmeldung der vom Angeklagten behaupteten Forderung gegen Heribert S***** im Konkursverfahren zeigt sich ebenfalls als (unzulässige) Schuldberufung.
Gleiches gilt für die Tatsachenrüge (Z 5a), die sich in beweiserwägenden Spekulationen ergeht, ohne jedoch sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen.
Die Rechtsrügen (Z 9 lit a und 10) werden dem essentiellen Erfordernis des unbedingten Festhaltens am gesamten Urteilssachverhalt nicht gerecht, weil sie unter dem Vorwand von Feststellungsmängeln in Wahrheit andere, dem Angeklagten günstiger scheinende Konstatierungen anstrebt.
Das Vorbringen, im Zusammenhang mit dem Abbruchhammer könnte das Verhalten des Angeklagten "bestenfalls" als Betrug wegen Herauslockens von 10.000 S "Verwahrungsgebühr" angelastet werden, findet in den Konstatierungen keinerlei Grundlage und war auch nicht angeklagt.
Zu II:
Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich gegen die Abweisung der Beweisanträge auf Beischaffung des Originalaktes AZ 47 E 6367/96y des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, insbesondere der Originalpfändungsprotokolle vom 18. Juni 1998 und vom 5. August 1998, sowie der Vernehmung des Zeugen N. P***** zum Beweis dafür, dass der Angeklagte mangels Ortsanwesenheit anlässlich der Anschlusspfändung am 18. Juni 1998 und zufolge erst am 5. August 1998 erfolgter Belehrung frühestens an diesem Tage von der Pfändung erfahren hätte. Das Unterbleiben der Beweisaufnahmen "wegen geklärter Sach- und Rechtslage" erfolgte ohne Nachteil für den Angeklagten. Ist doch (inhaltlich) der Beweisantrag, wie das Beschwerdevorbringen deutlich zeigt, auf das von der Firma Werner P***** GesmbH & Co KG geführte Exekutionsverfahren eingeschränkt (AS 557, S 8 der Rechtsmittelschrift).
Diese Beschränkung auf das von einem bestimmten Gläubiger betriebene Exekutionsverfahren zeigt schon die mangelnde Entscheidungswesentlichkeit auf: Anders als § 162 (§ 163) StGB, welcher die vermögensrechtlichen Ansprüche des um seine Befriedigung bangenden Gläubigers schützt, stellt § 271 StGB eine Schutznorm für ein öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis (Danek in WK2 § 271 Rz 16) und nicht den ein bestimmtes Exekutionsverfahren betreibenden Gläubiger dar.
Dass der Angeklagte schon am 18. Juni 1998 hinsichtlich des Geländewagens Puch G von bestehenden Vorpfandrechten wusste, wurde von ihm gar nicht bestritten.
Soweit die Beschwerde vorbringt, dass sich aus der Anklageschrift ergebe, schon am 13. Oktober 1997 sei das Fahrzeug nicht mehr vorhanden gewesen, übersieht sie den Vorwurf bloß zeitweiliger nicht jedoch dauernder Entfernung des Geländewagens (PZ 1 des Pfändungsprotokolles).
Die beantragten Beweise waren aber auch bezüglich der Schubraupe "Liebherr" (PZ 7) und des Holzspaltgerätes (PZ 4) unerheblich, wurden doch auch hier am 18. Juni 1998 (bloß) Anschlusspfändungen durchgeführt.
Im Übrigen sind die Tatrichter ohnedies von einer Ortsabwesenheit des Angeklagten am 18. Juni 1998 ausgegangen, aber auch davon, dass dieser nach seinem Geständnis (S 342), was die Beschwerde jedoch unerwähnt lässt, bereits anlässlich der Verständigung vom Versteigerungstermin 5. August 1998, sohin bereits vor diesem Tag über die Pfändung insbesondere auch der PZ 4 und 7 informiert war (hinsichtlich PZ 1 erfolgte bezogen auf diesen Tag kein Schuldspruch).
Die Mängelrüge (Z 5) bringt als Aktenwidrigkeit (gemeint: Unvollständigkeit) vor, dass sich der als Zeuge vernommene Gerichtsvollzieher L***** darüber unsicher gewesen sei, welcher der Brüder W***** bei der Anschlusspfändung am 18. Juni 1998 anwesend und von ihm über die Exszindierungsmöglichkeit belehrt worden sei. Mangels Entscheidungswesentlichkeit der Anschlusspfändung (im Wissen um die vorangehende Pfändung) unterblieb eine Erörterung zu Recht. Die zum Schuldspruch II weiters erwähnten Paletten mit Kunststoffrohren sind Tatobjekte zu III., welches jedoch ausdrücklich unangefochten blieb (siehe auch AS 563, S 11 der Rechtsmittelschrift).
Die "hilfsweise" erhobene Tatsachenrüge (Z 5a) verweist auf die abgelehnten Beweisanträge und ist insoweit unbeachtlich (sh zu Z 4). Schwerwiegende Verstöße des erkennenden Gerichtes gegen seine Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit (unter gleichzeitiger Darlegung verhinderter Antragstellung) oder sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der die Schuldsprüche stützenden Tatsachenfeststellungen werden ohnedies nicht behauptet.
Zu IV.:
Zur vermissten Beischaffung des Aktes 12 St 261/98i der Staatsanwaltschaft Graz (siehe zu II.) als auch zur begehrten Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Wert der veruntreuten Sachen mangelt es an der Beschwerdelegitimation: Der letztere, schriftlich (ON 46) gestellte Beweisantrag wurde gleichfalls in der Hauptverhandlung nicht wiederholt; soweit er in der Hauptverhandlung gestellt wurde, betraf er nur das Diebsgut zu I.
Zu V.:
Die Verfahrensrüge (Z 4) behauptet eine Verletzung von Verteidigungsrechten durch die - auch hier "wegen geklärter Sach- und Rechtslage" erfolgte - Ablehnung eines Ortsaugenscheines und die Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen; jedoch ist die Unerheblichkeit dieses Beweises unzweifelhaft zu erkennen. Einerseis kann fallbezogen eine durch eine angebliche körperliche Beeinträchtigung bedingte Unmöglichkeit der Tatausführung nicht durch einen Ortsaugenschein geklärt werden, andererseits fehlt es an einer ausdrücklichen Antragstellung. Hat doch der Beschwerdeführer die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens dem Erstgericht nur "allenfalls" anheimgestellt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass über die Berufung des Angeklagten das hiefür zuständige Oberlandesgericht Graz zu entscheiden hat (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)