OGH 13Os89/98 (13Os91/98)

OGH13Os89/98 (13Os91/98)19.8.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.August 1998 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Ebner, Dr.Habl und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kofler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Nicolaos Z***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Erpressung nach §§ 144 Abs 1 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Nicolaos Z***** und Spyridon P*****, über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 30.April 1998, GZ 13 Vr 2184/97-102, sowie über eine Beschwerde gemäß § 494 a Abs 4 StPO des Angeklagten Nicolaos Z***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Nicolaos Z***** und Spyridon P***** (sowie ein weiterer rechtskräftig schuldig erkannter Angeklagter) wurden des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Erpressung nach §§ 144 Abs 1 und 15 StGB (IV.), Nicolaos Z***** auch jenes der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (I.) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (III.) schuldig erkannt.

Ihre aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden richten sich gegen die Schuldsprüche zu III. und IV., womit zunächst Nicolaos Z***** allein angelastet wird, nachts zum 9.November 1997 den Kellner eines griechischen Restaurants durch die Äußerung, er solle auf sich aufpassen und er werde "Jugos" herbeiholen, mindestens mit einer Körperverletzung gefährlich bedroht zu haben, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen (III.), sowie beiden eingangs namentlich genannten Angeklagten zur Last liegt, im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 12. und 13. November 1997 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch wiederholte Äußerung mit gefährlicher Drohung dem Betreiber eines griechischen Restaurants sowie dessen Neffen gegenüber, der Erstangeklagte verfüge über "Jugos", die sehr wütend wären und beabsichtigten, das Restaurant "kaputt- und kleinzuschlagen", wenn dessen Eigentümer nicht einen höheren Bargeldbetrag als "Beruhigungsgeld" zahle, am 12.November 1997 zur Übergabe von 1.000 DM und 5.000 S genötigt (IV./1.) und am folgenden Tag dies hinsichtlich eines Betrages von 35.000 S zu nötigen versucht zu haben (IV./2.).

Beide Beschwerden verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Nicolaos Z*****:

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Schuldspruch III. gerichtete Mängelrüge (Z 5) behauptet unzureichende Urteilsbegründung. Die erstgerichtliche Konstatierung, der Angeklagte habe aus Zorn dem Bedrohten gegenüber geäußert, er werde "Jugos" herbeiholen, reiche nicht aus, um seine Absicht, diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen, zu begründen.

Das Erstgericht hat demgegenüber seine diesbezüglichen Feststellungen ohne Denkgesetze zu verletzen vor allem auf die Angaben des Bedrohten und von Christos A***** vor der Bundespolizeidirektion Villach (S 87/I, 159/I) sowie vor dem Untersuchungsrichter (ON 15 und 37; Verlesungen in der Hauptverhandlung S 549/II) gestützt. Es hat sich auch mit den Abweichungen der Aussagen insbesondere des Bedrohten in der Hauptverhandlung (S 529/II ff) auseinandergesetzt, ist jedoch mit ausreichender Begründung (insbesondere wegen dokumentierter Zeugenbeeinflussungsversuche, siehe insb S 329/I) den Angaben im Vorverfahren gefolgt (US 16 ff). Ob der Angeklagte sein Opfer aus Zorn bedroht hat, betrifft zudem ein entscheidungsirrelevantes Motiv (15 Os 38/97, 13 Os 16/92 und 65/92, SSt 60/45 uva).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich gegen das Schuldspruchsfaktum IV. und behauptet erhebliche Bedenken gegen entscheidungswesentliche Schuldfeststellungen, weil es nicht den geringsten Beweis dafür gebe, daß der Beschwerdeführer und sein Mittäter die ihnen vorgeworfene Tat gesetzt hätten.

Dieses Vorbringen entspricht nicht den Verfahrensergebnissen. Bereits vor der Polizei hat der Beschwerdeführer selbst einbekannt, daß ihm sein Mittäter einen Erpressungsplan eröffnete, dazu jedoch angegeben, darüber empört gewesen zu sein (S 131/I; zur Verlesung der Aussagen im Vorverfahren insgesamt siehe oben). Dies hat er vor dem Untersuchungsrichter bekräftigt (ON 3, hier S 225 g/I). Für die Übergabe der erpreßten Geldbeträge sowie des Versuches, weitere 35.000 S zu erhalten, hat er andere Gründe angegeben (Darlehen für eine Rückreise nach Deutschland und Unterstützung für die Eröffnung eines eigenen Lokales). Zur Feststellung des objektiven Urteilssachverhaltes insbesondere auch im Hinblick auf das Zusammenspiel der Täter konnten die Tatrichter jedoch die Aussagen des Erpreßten und seines Neffen als Zeugen heranziehen (S 101 ff/I, ON 17; S 115 ff/I, ON 16), die zwar in der Hauptverhandlung vom Tatopfer selbst abgeschwächt (S 501 ff/II), von dessen Neffen aber aufrecht erhalten wurden (S 511 ff/II).

Mit dem Hinweis, belastenden Zeugenaussagen dürfe nicht gefolgt werden, weil sie von Personen stammten, die selbst strafrechtlich zu verfolgen wären bzw verfolgt werden, wendet sich die Tatsachenrüge in Verkennung dieses Nichtigkeitsgrundes unverhüllt gegen die im Nichtigkeitsverfahren prinzipiell unanfechtbare Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Die mangelnde Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes kann nicht durch die Behauptung ersetzt werden, die Beweisergebnisse wären bedenklich gewürdigt worden (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 a E 4 f), denn die Beschwerde behauptet nicht, mögliche Beweisquellen seien unvollständig ausgeschöpft worden, sondern beschränkt sich auf eine eigene, zu der der Tatrichter in Widerspruch stehenden Wertung der erzielten Beweisergebnisse, woran nichts zu ändern vermag, daß in einzelnen Aussagen (zu entscheidungsirrelevanten Umständen) gewisse Abweichungen aufgetreten sind, mit denen sich das Urteilsgericht jedoch eingehend auseinandergesetzt hat (US 17 ff).

Dies betrifft ebenso die in der Tatsachenrüge bemängelten Feststellungen zu den Gründen der Geldübergabe an die Erpresser sowie die vorgesehene Übergabe eines weiteren Betrages von 35.000 S. Daß sich das Schöffengericht hiezu trotz Gebrauches des Wortes "Leihe" durch den Beschwerdeführer, als er das Geld forderte, nicht bloß auf den Mangel einer Vereinbarung zur Darlehensrückzahlung, sondern vor allem auf die Aussage des Neffens des Erpressungsopfers als Zeugen stützte, sie beide seien noch immer unter dem Eindruck der Drohung mit Jugoslawen (und damit der Lokalzerstörung) gestanden, weshalb lediglich aus diesem Grund das Geld zur Verfügung gestellt worden wäre (US 24), kann keinen erheblichen Bedenken begegnen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), deren Geltendmachen das Festhalten am Urteilssachverhalt voraussetzt (Mayerhofer aaO § 285 a E 61) reklamiert, ebenso wie bereits die Mängelrüge im Zusammenhalt mit den in deren Rahmen erfolgten Ausführungen, andere als die getroffenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite unter Hinweis auf den Umstand, daß Zorn als Anlaß einer gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB nicht ausreiche. Sie geht dabei an den ausreichenden und wiederholten Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Absicht des Beschwerdeführers, US 2, 9 f, 21 f) sowie an den Konstatierungen, die der objektiven Eignung der Drohung zugrundegelegt wurden (US 27), vorbei und bringt damit das Rechtsmittel nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Spyridon P*****:

Inhaltlich des Anfechtungsvorbringens stehen Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) miteinander im engen Zusammenhang, weil sich jene auf den Inhalt dieser bezieht und die Mängelrüge unzureichende Auseinandersetzung des Urteils mit Widersprüchen verschiedener Zeugenaussagen moniert, die in der Tatsachenrüge behauptet und von dieser als Grundlage erheblicher Bedenken gegen tatrichterliche Feststellungen zu entscheidungswesentlichen Umständen herangezogen werden wollen.

Die Beschwerde bezieht sich in diesem Zusammenhang auf einzelne Aussageteile der Zeugen Eleftherios T***** (Erpressungsopfer), dessen Neffen Eftimios L*****, Vassilios K***** und Christos A*****, indem sie deren teilweise die Depositionen im Vorverfahren abschwächende Aussagen in der Hauptverhandlung in den Vordergrund stellt.

Das Erstgericht hat sich diesem Vorbringen zuwider jedoch ausführlich mit den für die Feststellung entscheidungsrelevanter Sachverhaltsmomente wesentlichen Umständen auseinandergesetzt (nochmals US 16 ff), solche Abweichungen jedoch (ohne Verletzung der Denkgesetze) auf das Zusammengehörigkeitsgefühl (falsch verstandenes Sippendenken) von im Ausland lebenden Landsleuten sowie auf tatsächlich hervorgekommene Versuche, Zeugenaussagen zu beeinflussen, zurückgeführt (US 17 f). Die Mittäterschaft des Beschwerdeführers durch wiederholte direkte Drohung dem Erpressungsopfer gegenüber konnte auf dessen Aussagen im Vorverfahren (S 101 ff/I, ON 17) sowie auch gegenüber dessen Neffen und seine dieses dokumentierende Zeugenaussagen (S 115 ff/I, ON 16) gegründet werden, denen das Erstgericht in freier Beweiswürdigung (und mit formell einwandfreier Begründung) gegenüber den bestimmte Umstände abschwächenden Aussagen in der Hauptverhandlung den Vorzug gegeben hat. Formale Mängel ergeben sich daraus ebensowenig wie aus der Darstellung eines Sachverhaltsverlaufes im Rahmen der Mängelrüge, der nicht jenem entspricht, den das Schöffengericht festgestellt hat.

Damit erweist sich aber auch die Tatsachenrüge als unbegründet, weil sie mit dem Hinweis auf aus dem Zusammenhang gelöste Teile von Zeugenaussagen, denen das Erstgericht (mit zureichender Begründung) nicht folgen konnte, auf Aktengrundlage keine erheblichen Bedenken gegen die den Schuldfeststellungen zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken vermag.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) letztlich behauptet mangelnde Feststellungen zur inneren Tatseite insbesondere hinsichtlich des Bereicherungsvorsatzes, vernachlässigt dabei aber die bereits im Spruch dazu getroffenen Konstatierungen, die in den Gründen näher dahin konkretisiert werden, daß (auch) dieser Beschwerdeführer beabsichtigte, durch die von den beiden Erpressern bewußt und gewollt gegenüber dem Restaurantbetreiber und seinem Neffen ausgesprochenen Drohungen, den Erstgenannten in Furcht und Unruhe zu versetzen und ihn so zur Ausfolgung von Bargeld zu nötigen, wodurch er am Vermögen geschädigt werden sollte, der Beschwerdeführer diesen Erfolg als naheliegend ansah und mit dem Wissen und Wollen handelte, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern (US 14 f). Auch diese Rechtsrüge entbehrt daher einer gesetzmäßigen Ausführung.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren somit bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes zur Entscheidung über die zugleich erhobenen Berufungen und die damit verbundene Beschwerde folgt (§§ 285 i, 498 Abs 3 StPO).

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