OGH 13Os89/09a

OGH13Os89/09a27.8.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richters im Evidenzbüro Mag. Nowak als Schriftführer in der Strafsache gegen Martin B***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Geschworenengericht vom 1. April 2009, GZ 23 Hv 24/09a-72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martin B***** jeweils mehrerer Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (in der Fassung vor BGBl I 1998/153 - I/1/ und 2) und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1, in einem Fall auch Abs 3 erster Fall StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er

(I) die am 24. Oktober 1987 geborene Magdalena B*****, sohin eine unmündige Person, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, indem er

1/ zwischen 1. Mai und 13. September 1992 in Frastanz mit einem Finger in ihre Scheide eindrang;

2/ zwischen 24. Oktober 1995 und 23. Oktober 1996 in Feldkirch mit einem Finger in ihre Scheide eindrang und sie dazu brachte, seinen erigierten Penis anzufassen;

(II) zwischen Herbst 1997 und 23. Oktober 2001 in Feldkirch mit der am 24. Oktober 1987 geborenen Magdalena B*****, sohin einer unmündigen Person, in mehreren Übergriffen den Beischlaf unternommen, wobei eine der Taten eine schwere Körperverletzung der Genannten (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsstörung, zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Die ausschließlich auf Z 10a des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Mit seiner Tatsachenrüge sucht der Beschwerdeführer im Wesentlichen nämlich bloß die Glaubwürdigkeit der belastenden Angaben des Tatopfers zu erschüttern, auf welche sich die Geschworenen zufolge deren Niederschrift (§ 331 Abs 3 StPO) bei der Bejahung der an sie gestellten Hauptfragen stützten (ON 71 S 51 f). Er übersieht dabei jedoch, dass der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der Zeugin aufgrund des von dieser in der Hauptverhandlung - fallbezogen durch Vorführung der Ton- und Bildaufnahme über ihre kontradiktorische Vernehmung (ON 71 S 35) - gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung aus Z 10a des § 345 Abs 1 StPO entzogen ist (RIS-Justiz RS0099649; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 491). Auf die - zudem überwiegend ohne Bezugnahme auf konkrete Beweismittel (RIS-Justiz RS0117446; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 487), vielmehr bloß auf eigene Schlussfolgerungen aus dem Beweisverfahren oder spekulative Überlegungen vorgebrachten - diesbezüglichen Argumente ist daher nicht einzugehen. Soweit in diesem Sinn unter anderem Widersprüche zwischen der Aussage des Opfers und den Angaben der Zeuginnen Eva S***** und Marina B***** sowie die Unglaubwürdigkeit des Zeugen Mathias L***** behauptet werden, ist überdies darauf zu verweisen, dass das Gesetz den Geschworenen eine „anfechtungsfeste" Begründung ihres Wahrspruchs, somit eine ausdrückliche beweiswürdigende Auseinandersetzung mit widersprechenden Verfahrensergebnissen nicht abverlangt (Philipp, WK-StPO § 331 Rz 6).

Das im Zusammenhang mit dem Schuldspruch I/1 - abermals ohne konkreten Aktenbezug - erstattete Beschwerdevorbringen, wonach der Angeklagte sich im Zeitraum 1. Mai bis 13. September 1992 (vgl demgegenüber seine Angaben in der Hauptverhandlung ON 71 S 10) „beinahe" durchgehend in Haft befunden habe, ist schon per se ungeeignet, erhebliche Bedenken gegen die Feststellung einer einmaligen Unzuchtshandlung zu wecken. Soweit der Beschwerdeführer damit nach Art einer Aufklärungsrüge eine weitere Sachverhaltsermittlung, seine Haftzeiten betreffend, reklamiert, legt er nicht dar, wodurch er an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war (RIS-Justiz RS0115823; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).

Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde (§§ 344, 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten (§§ 344, 285i StPO). Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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