European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0130OS00088.9300000.0825.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1.März 1975 geborene Jugendliche Mehmet B* des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 3, dritter Qualifikationsfall, StGB schuldig erkannt. Darnach liegt ihm zur Last, am 14.November 1992 in Linz Bargeld in der Höhe von 80 S, das aus dem bei einem unmittelbar davor von den gesondert verfolgten (Erwachsenen) Kemal U* und Hakan K* an Markus M* verübten Raubüberfall erbeuteten Geldbetrag ‑ sohin aus einer mit fünf Jahre erreichender oder übersteigender Freiheitsstrafe bedrohten Handlung ‑ stammte, an sich gebracht zu haben, wobei ihm der diese Strafdrohung begründende Umstand bekannt war.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 8 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er aus der Z 11 der zitierten Gesetzesstelle an.
Keiner der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe ist gegeben.
Nach den erstrichterlichen Urteilsannahmen gelangte der Jugendschöffensenat ‑ in Abkehr von der Anklage (ON 21), die Mehmet B* Mittäterschaft (§ 12 1.Fall StGB) am Raub durch Bereithalten eines Taxis für die Flucht mit der Beute angelastet hatte ‑ zur Überzeugung, daß der Angeklagte an dem Überfall nicht mitgewirkt, sondern erst (unmittelbar) nach der von seinen beiden Landsleuten Kemal U* und Hakan K* (unter Verwendung eines Taschenmessers) begangenen Tat aus der Beute 80 S vom Vortäter Hakan K* in Kenntnis der Herkunft aus einem Raub erhalten hat.
In Ausführung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes (Z 8) reklamiert der Beschwerdeführer, daß die Identität von Anklage‑ (Raub) und Urteilsfaktum (Hehlerei) nicht gewahrt sei, weil das den Gegenstand des Schuldspruches bildende Ereignis (Entgegennahme eines Geldbetrages aus der Raubbeute) einen erst nach Abschluß der angeklagten Raubtat stattgefundenen Vorgang und damit ein von dem der Anklage zugrunde gelegten Sachverhalt derart verschiedenes Geschehen betreffe, daß eine Verurteilung nach dem § 164 StGB (und zwar auch unter Berücksichtigung des in der Begründung der Anklageschrift enthaltenen Hinweises auf die Forderung des Angeklagten nach einem Beuteanteil ‑ US 4) einer entsprechenden Anklageausdehnung bedurft hätte.
Bei dieser Argumentation übersieht der Nichtigkeitswerber jedoch, daß der in der Anklage erhobene Vorwurf des Raubes ‑ eines in der hier aktuellen Handlungsalternative der Wegnahme aus den Elementen von Nötigung und Diebstahl zusammengesetzten Deliktes (vgl. mwN Leukauf‑Steininger StGB3 RN 1 zu § 142) - jedenfalls auch die Erlangung des (Mit‑)Gewahrsams am urteilsgegenständlichen Geldbetrag (wenngleich in der Geschehensvariante der Mitwirkung am Raub) erfaßt. Im Sinne der Bestimmungen der §§ 262, 267 StPO ist der gesamte von der Anklage umgrenzte Tatsachenkomplex ‑ an dem nur im Kern festgehalten werden muß ‑ "in Verbindung mit den erst in der Hauptverhandlung hervorgetretenen Umständen" (§ 262 StPO) unter Bedachtnahme auf sämtliche Begleitumstände zu prüfen und solcherart das sich daraus ergebende Gesamtverhalten des Angeklagten (ungeachtet seiner rechtlichen Würdigung durch den Ankläger) zu beurteilen (vgl. Foregger‑Serini‑Kodek StPO5 Erl I zu § 262; ähnlich Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 144 zu § 262; E 4 zu § 281 Abs 1 Z 8 und die dort zitierte Judikatur). Dieses Gesamtverhalten des Beschwerdeführers betrifft hier aber (die vom Nichtigkeitswerber zitierte Entscheidung SSt. 47/30 ist nicht vergleichbar, weil sich dort die Verurteilung auf einen ganz anderen als den angeklagten Vorfall mit allen seinen Begleitumständen erstreckte) die vom Erstgericht unter ausdrücklicher Einbeziehung seiner Verantwortung festgestellte Tatsache (US 4 und 7), daß er die Geldsumme (insgesamt rund 1.300 S und 30 DM) zwar nicht mittels Drohung weggenommen, wohl aber (später) einen Teil der Raubbeute ‑ nämlich einen Betrag von 80 S in Kenntnis der bemakelten Herkunft in seine Verfügungsgewalt gebracht hat.
Die behauptete Anklageüberschreitung liegt daher nicht vor.
Dem in diesem Zusammenhang erhobenen weiteren Einwand, die Parteien seien entgegen der Vorschrift des § 262 StPO nicht über den geänderten rechtlichen Gesichtspunkt gehört worden, ist ‑ abgesehen davon, daß die Verletzung des in dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Parteiengehörs keinen unter Nichtigkeitssanktion stehenden Verfahrensmangel betrifft (vgl. Mayerhofer‑Rieder aaO E 109, 115 zu § 262) - zu erwidern, daß der Angeklagte ohnehin unter ausdrücklichem Vorhalt des Tatbestandes der Hehlerei in der Hauptverhandlung vernommen worden ist (AS 213). Eine Berücksichtigung dieses Beschwerdevorbringens aus dem (nicht relevierten) Grunde der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO käme ‑ wie nur am Rande bemerkt sei ‑ gleichfalls nicht in Betracht, weil die hiefür erforderlichen formellen Voraussetzungen fehlen.
Aber auch die auf Ausschaltung der Qualifikation des § 164 Abs 3 StGB abstellende Rechtsrüge (Z 10) versagt:
Soweit der Beschwerdeführer zunächst (urteilsfremd) davon ausgeht, das Erstgericht habe ihm in bezug auf die Vortat das Wissen um deren Qualifikation als schwerer Raub angelastet, bringt er den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund ‑ der einen Vergleich der im Urteil als erwiesen angenommenen Tatsachen mit dem darauf angewendeten Gesetz erfordert ‑ nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Denn der Angeklagte hatte nach den Urteilsannahmen lediglich Kenntnis (§ 5 Abs 1 StGB) davon, daß die von ihm verhehlte Sache aus einem Raub (schlechthin) stammte (US 7 f).
Der daran anknüpfende ‑ unter dem Prätext eines (auf das Vorliegen eines Tatbildirrtums abzielenden) Feststellungsmangels erhobene ‑ Einwand des Beschwerdeführers, sein Verhalten wäre schon deshalb nur dem Grundtatbestand des § 164 Abs 1 StGB zu unterstellen, weil er das an sich gebrachte Bargeld irrig (bloß) als durch einen privilegierten Raub (§ 142 Abs 2 StGB) erlangt angesehen habe, bezieht sich auf keinen für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Umstand: Die Qualifikation des § 164 Abs 3 3.Fall StGB setzt nämlich voraus, daß die bemakelte Sache aus einer (dem Hehler bekannten) Vortat stammt, deren Strafdrohung (zumindest) fünf Jahre Freiheitsstrafe erreicht. Da der Strafrahmen (schon) für minderschweren Raub nach dem § 142 Abs 2 StGB sechs Monate bis fünf Jahre beträgt, stünde die angestrebte Annahme einer Konstatierung, wonach der Angeklagte an einen privilegierten Raub geglaubt habe, rechtlich der Subsumtion seiner Tat unter die Bestimmung des § 164 Abs 3, 3.Fall, StGB nicht entgegen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der Beschwerdeführer die Tat als Jugendlicher begangen hat. Denn die strafprivilegierenden Sondervorschriften des § 5 Abs 4 JGG kommen nur bei der Ahndung von Straftaten Jugendlicher, hier daher bei der Ausmessung der Strafe nach dem § 164 Abs 3 StGB, zur Anwendung. Auf die Beurteilung der Vortat hingegen, die im übrigen von Erwachsenen begangen wurde, wirken sie sich nicht aus (vgl. auch SSt 48/11; EvBl. 1976/259). Demgemäß ist der § 5 Abs 4 JGG für den Strafrahmen der Raubtat, der im Gerichtstag vertretenen Auffassung der Verteidigung zuwider, ohne jede Bedeutung. Das Erstgericht konnte daher ohne Feststellungsmangel eine nähere Erörterung des Detailwissens des Nichtigkeitswerbers über die konkreten Modalitäten der Vortat unterlassen, zumal zur Verwirklichung der inneren Tatseite der nach dem letzten Fall des § 164 Abs 3 StGB qualifizierten Hehlerei in bezug auf die in einem Vermögensdelikt gelegene Vortat neben der "Faktenkenntnis nach Laienart" (Leukauf‑Steininger aaO RN 25 zu § 164) schon das (konstatierte) Bewußtsein des (ebenfalls bloß laienhaften) Gewichtes derselben (hier: eines Raubes) genügt, ohne daß die Kenntnis der in Betracht kommenden juristischen Qualifikationsmerkmale erforderlich wäre (Leukauf‑Steininger aaO RN 27, 29, 77 zu § 164).
Ins Leere geht schließlich auch die (unter dem Aspekt der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO jedenfalls verfehlte) Rüge des Angeklagten, das Erstgericht hätte (zumindest) mit einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe nach dem § 13 JGG vorgehen müssen; können aus diesem Nichtigkeitsgrund doch nur Verletzungen materiellrechtlicher Vorschriften angefochten werden, die dem richterlichen Ermessen keinen Spielraum lassen. Da das Unterbleiben der Anwendung der Bestimmung des § 13 JGG jedoch, wie sich schon aus dessen Wortlaut unzweifelhaft ergibt, nur eine mit Berufung bekämpfbare Ermessensentscheidung darstellt (vgl. Mayerhofer‑Rieder Nebenstrafrecht3 E 7 f zu § 13 JGG), wird insoweit bloß ein Berufungsgrund geltend gemacht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Mehmet B* war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 164 Abs 3 StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG eine gemäß dem § 43 Abs 1 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von acht Monaten. Bei der Strafbemessung wurde als erschwerend nichts, als mildernd der bisher unbescholtene Lebenswandel und das Geständnis gewertet.
Der Berufung des Angeklagten, mit der er primär die Anwendung des § 13 JGG, in eventu die Herabsetzung der Freiheitsstrafe, allenfalls deren Umwandlung in eine ‑ für eine Probezeit von zwei Jahren bedingt nachzusehende ‑ Geldstrafe anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.
Dafür, daß der Angeklagte nur aus Unbesonnenheit gehandelt hätte, bietet der Urteilssachverhalt keine Handhabe. Vielmehr hat er nach seiner eigenen Verantwortung die Herausgabe eines Betrages von 80 S aus der Raubbeute sogar verlangt (AS 115, 191, 215). Ungeachtet der den Angeklagten ausschließlich begünstigenden ‑ vom Erstgericht vollzählig erfaßten ‑ Strafzumessungsgründe verbietet das aus dem Tatverhalten zu Tage tretende Gewicht der personalen Schuld die Anwendung des § 13 JGG. Ihr wird die Strafdiktion des Schöffengerichtes angesichts einer möglichen Höchststrafe von 2 1/2 Jahren durchaus gerecht, sodaß auch zu einer Reduzierung des Strafmaßes kein Anlaß besteht. Damit gebricht es aber auch an den Strafumwandlungsvoraussetzungen des § 37 StGB, sodaß auch der Berufung insgesamt ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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