Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Klaus-Dieter S***** wurde des Verbrechens (richtig: der Verbrechen) der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (1.) und der Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (2.) sowie der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 StGB (3.) schuldig erkannt.
Danach hat er
zu 1.) am 17. Juni 1999 und darüber hinaus zumindest weitere 5-mal zu nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten zwischen 1996 und Mai 1999 Monique S***** vorsätzlich mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt, indcm er die Genannte ergriff, festhielt, ihr den Mund verschloss und ihr die Kleidung vom Körper zerrte, worauf er sein Glied in ihre Scheide einführte;
zu 2.) durch die zu Punkt 1. beschriebenen Handlungen mit seiner Tochter Monique S*****, sohin mit einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt ist, vorsätzlich den Beischlaf vollzogen;
zu 3.) Adolfine S***** durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung zu nötigen versucht, und zwar
a.) am 17. Juni 1999 durch die Äußerung, wenn sie den in Punkt 1) geschilderten Vorfall vom 17. Juni 1999 irgend jemandem erzähle, werde er sie umbringen;
b.) am 28. Juni 1999 durch die Äußerung, wenn sie gegen ihn etwas unternehme, werde es ihr "schlechter gehen" (gemeint: schlecht ergehen) bzw werde er sie umbringen.
Dagegen richtet sich die auf Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch fehl geht.
Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Abweisung der Anträge auf "Beischaffung der Unterlagen seitens der Firma Baku (jetzt Base)" zum Beweis dafür, "dass der Angeklagte am Vorfallstag die von ihm angegebenen Touren gefahren ist" sowie der zeugenschaftlichen Vernehmung des Ludwig S***** zum Beweis dafür, "dass der Angeklagte die von ihm angegebenen Zeiten benötigt hat um die Touren zu fahren, zumal dieser Zeuge drei Tage zuvor mit ihm dieselbe Route gefahren ist und insbesondere auch ortskundig ist und von den Baustellen und den damit zusammenhängenden Verzögerungen in Kenntnis ist".
Rechtliche Beurteilung
Zu Recht verfielen diese Anträge der Abweisung, weil bereits ihrem Inhalt zu entnehmen ist, dass deren Durchführung von vornherein nicht dazu geeignet sind, das angestrebte Ergebnis, nämlich ein Alibi, zu dokumentieren. Dies deshalb, weil der beantragte Zeuge am Tattag gar nicht mit dem Angeklagten mitgefahren ist, das heißt konkrete zeitliche Angaben zu den Fahrten des Angeklagten gar nicht machen kann, und weiters ein exakter Tatzeitpunkt ohnedies nicht festgestellt wurde.
Die Mängelrüge (Z 5) erblickt einen Widerspruch zwischen der Meinung der Tatrichter, dass Monique und Adolfine S***** labil und einfältig seien bzw Monique S***** in ihrer Entwicklung deutlich steckengeblieben sei, es andererseits aber die den Angeklagten belastenden Aussagen dieser Personen als glaubwürdig, schlüssig und widerspruchsfrei bezeichne.
Abgesehen davon, dass entgegen der Beschwerdemeinung auch labile, einfältige und naive Wesenszüge keineswegs einer Wahrheitsliebe und wahrheitsgemäßen Aussage logisch entgegenstehen, kann der zur Überzeugung der Erkenntnisrichter von der Glaubwürdigkeit eines Angeklagten oder Zeugen auf Grund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck führende kritisch-psychologische Vorgang, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang und der allgemeinen Erfahrungssätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind (somit die Erwägungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung - § 258 Abs 2 StPO), mit Mängelrüge nicht angefochten werden.
Soweit die Beschwerde die beschlossene Einholung von psychiatrischen Gutachten über die Frauen (nach Ausscheidung deren Verfahren) ins Treffen führt und damit Zweifel der Tatrichter an der Richtigkeit ihrer den Angeklagten belastenden Angaben darlegen will, übersieht sie, dass diese Gutachten ersichtlich nicht die Tatzeit der Sexualdelikte, sondern jene der Adolfine und Monique S***** vorgeworfenen Delikte betrifft, derentwegen sie (nunmehr abgesondert) verfolgt werden.
Als unzureichend begründet rügt die Beschwerde die Feststellung, der erste (erzwungene) Geschlechtsverkehr habe im Jahre 1996 stattgefunden, worauf in der Folge noch weitere fünf Geschlechtsverkehre erfolgt wären. Die Beschwerde übersieht, dass sich das Erstgericht unter anderem auf die Angaben der Monique S***** im Vorverfahren stützt (US 4, 14 iVm AS 166, 167 I), und die Zahl der Beischlafshandlungen für den Schuldspruch nicht entscheidend ist.
Zur behaupteten mannigfachen Unvollständigkeit der Gründe ist grundsätzlich zu bemerken, dass kein Begründungsmangel im Sinne der Z 5 vorliegt, wenn das Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen und überhaupt alle Verfahrensergebnisse in extenso erörtert und darauf untersucht, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen oder/und sich nicht mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzt. Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof im Urteil in gedrängter Form (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) die entscheidenden Tatsachen bezeichnet und schlüssig und zureichend begründet, warum er von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt ist, ohne dagegen sprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen. Daher müssen Einwendungen, die sich nicht auf entscheidungswesentliche Tatsachen beziehen (somit für die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz maßgebend sind) oder solche, die nur auf einzelne, isoliert betrachtete Gesichtspunkte abstellen und die Beweisergebnisse nicht in ihrer Gesamtheit berücksichtigen, von vornherein erfolglos.
Wenn die Beschwerde daher Aussagenteile zitierend vorbringt, das Erstgericht sei nicht ausführlich genug auf die Angaben der Zeuginnen M*****, K*****, B***** und S***** eingegangen, wird ein Begründungsmangel nicht aufgezeigt. Denn abgesehen davon, dass sich die Tatrichter ohnedies umfassend mit den Depositionen dieser Zeugen auseinandergesetzt (US 13 bis 16) und somit der Begründungspflicht hinlänglich Genüge getan haben, zeigt sich die Rüge im Kern als im Nichtigkeitsverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässige, nämlich nach Art einer Schuldberufung erfolgende Bekämpfung der Beweiswürdigung.
Das Vorbringen der Rechtsrüge nach Z 9 lit a, zur subjektiven Tatseite würden Feststellungen fehlen bzw seien Konstatierungen unter Gebrauch der bloßen verba legalia erfolgt, ist im Hinblick auf den Inhalt der Gründe US 11, 19, 20 nicht nachvollziehbar.
Gleiches gilt für die Rechtsrüge (Subsumtionsrüge) nach Z 10, zur Freiwilligkeit bzw Unfreiwilligkeit des Tatopfers seien Feststellungen nicht erfolgt, obwohl das Beweisverfahren Umstände aufgezeigt hätte, dass Freiwilligkeit vorgelegen wäre. Damit missachtet die Beschwerde prozessordnungswidrig die gerade gegenteiligen Konstatierungen US 11, 20.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass über die Berufung des Angeklagten das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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