OGH 13Os79/09f

OGH13Os79/09f27.8.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richters im Evidenzbüro Mag. Nowak als Schriftführer in der Strafsache gegen Janusz W***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung und gewerbsmäßig schweren, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2, 130 erster Satz (zweiter Fall) und zweiter Satz (erster und zweiter Fall), 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Rosalia K***** sowie die Berufungen der Angeklagten Janusz W*****, Viola P***** und Linda M***** und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. März 2009, GZ 095 Hv 1/09a-213, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen aller Angeklagter nach § 130 erster Satz zweiter Fall StGB und wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB sowie demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Angeklagten Rosalia K***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Janusz W*****, Rosalia K*****, Viola P***** und Linda M***** des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung und gewerbsmäßig schweren durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2, 130 erster Satz (zweiter Fall) und zweiter Satz (erster und zweiter Fall), 15 StGB (I.) und des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (II.) schuldig erkannt.

Demnach haben Janusz W*****, Rosalia K*****, Viola P***** und Linda M***** in Wien

I. im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Beteiligte (§ 12 StGB) gewerbsmäßig „und zumindest ab 30.07.2008 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung" fremde bewegliche Sachen „in jeweils zumeist" 3.000 Euro übersteigendem Wert mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz

A. weggenommen,

AA. indem sie Behältnisse aufbrachen, und zwar

1. Rosalia K*****, Linda M***** und eine nicht mehr feststellbare Mittäterin am 6. Juni 2008 Walpurga H***** Schmuck und Münzen im Gesamtwert von 7.100 Euro, indem sie die Lade einer Kommode aufbrachen;

2. Janusz W*****, Rosalia K*****, Viola P***** und Linda M***** am 30. Juli 2008 Anna K***** 200 Euro Bargeld, eine Metallkassette, eine Schmuckschatulle, Schmuck und Silbermünzen im Gesamtwert von ca 5.090 Euro, indem sie mit einem Schraubenzieher ein Nachtkästchen aufbrachen;

BB. Rosalia K***** und Viola P***** am 10. Juli 2008 Karoline Ka***** 300 Euro Bargeld, eine Handkasse, eine Eintrittskarte, eine Geldkassette und fünf Handtücher im Gesamtwert von ca 460 Euro;

B. am 31. Juli 2008 wegzunehmen versucht, nämlich alle vier Angeklagten Wilhelm H***** diverse Wertgegenstände in nicht mehr feststellbarem Gesamtwert;

II. von zumindest 30. Juli 2008 bis 31. Juli 2008 eine kriminelle Vereinigung gegründet „bzw" sich an einer solchen als Mitglied mit dem Vorsatz beteiligt, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung „Verbrechen nach den §§ 127 ff StGB" ausgeführt werden.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die Angeklagte Rosalia K***** mit einer Nichtigkeitsbeschwerde, die angemeldet, aber nach Zustellung einer Urteilsausfertigung nicht ausgeführt wurde. Sie war mangels Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen - was an sich schon der Vorsitzenden zukam (§ 285a Z 2 StPO) - zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) vom Vorliegen einer alle vier Angeklagten betreffenden, ihnen zum Nachteil gereichenden (US 27 f) Nichtigkeit in Ansehung des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB und - damit zusammenhängend - der Diebstahlsqualifikation nach § 130 erster Satz zweiter Fall StGB (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO):

Gemäß § 278 Abs 2 StGB setzt eine kriminelle Vereinigung voraus, dass der Zusammenschluss von mehr als zwei Personen (mit der in jener Bestimmung bezeichneten Ausrichtung) auf längere Zeit angelegt ist, demnach nicht bloß auf einige Stunden oder Tage (Plöchl in WK2 § 278 Rz 8). Daher reicht die Konstatierung, dass die Angeklagten „für unbestimmte Zeit, zumindest aber für mehrere Tage" (US 13 Mitte) „zusammen bleiben" wollten, schon mit Blick auf das zeitliche Element nicht zur rechtlichen Annahme einer kriminellen Vereinigung aus.

Der Rechtsfehler mangels Feststellungen führte zur Aufhebung des Schuldspruchs aller vier Angeklagter wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB und nach § 130 erster Satz zweiter Fall StGB sowie demzufolge auch des Strafausspruchs und in diesem Umfang zur Anordnung neuer Verhandlung und Entscheidung.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird sich das Erstgericht mit der Abgrenzung von krimineller Vereinigung einerseits und kurzfristiger (einfacher) Verabredung zu gemeinsamer Tatbegehung andererseits näher zu befassen haben (Plöchl in WK2 § 278 Rz 9).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a StPO. Die amtswegige Maßnahme ist davon nicht erfasst (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).

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