OGH 13Os79/02

OGH13Os79/0217.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Adamovic, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kubina als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian Sch***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 17. April 2002, GZ 24 Hv 33/02w-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Christian Sch***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht zum 17. November 2001 in L***** außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Manuela H*****, indem er sie von hinten erfasste, an den Haaren und an der Kleidung über die Straße und eine bewaldete Böschung riss, sie festhielt und ihren Kopf gegen sein Geschlechtsteil drückte, mit Gewalt zur Durchführung eines Oralverkehrs, mithin einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung und des Beischlafes genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Die aus Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Kein maßgeblicher Einfluss auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes war von der Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen zur Fähigkeit des Angeklagten, trotz einer angeblichen Knieverletzung nach der Tat "wegzulaufen", zu erwarten, weil die Tatrichter, abweichend vom Beschwerdevorbringen (Z 4), davon ausgingen, dass H***** damit nur ein Weggehen zum Ausdruck bringen wollte (US 15).

Eine unrichtige Dokumentation des Tatortes und der in dessen Umgebung befindlichen künstlichen Lichtquellen (vgl US 15) wurde im Antrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheins nicht behauptet, womit die Tauglichkeit dieser Beweisführung zur Glaubwürdigkeit des Vergewaltigungsopfers, das über eine Tätowierung am Bauch des Täters nichts hatte berichten können, im Dunkeln blieb.

Gleichermaßen nur Erkundungscharakter trug das substratlose Begehren auf Beischaffung eines "Rekonstruktionsgutachtens zum Beweis dafür, dass der Tathergang nicht mit den tatsächlichen Spuren in Übereinstimmung gebracht werden kann" (Seite 31 des Protokolls über die Hauptverhandlung). Die im Rechtsmittel nachgetragene Begründung ist verspätet (Ratz in WK-StPO § 281 Rz 325, 330).

Das Ziel der begehrten Auswertung von Rufdaten zum Beweis dafür, dass Margret W***** den Angeklagten "gegen 02:00 Uhr" der Tatnacht angerufen habe (Seite 32 des Protokolls über die Hauptverhandlung), war ebensowenig nachzuvollziehen wie die Erheblichkeit einer polizeilichen Kontrolle im einzelnen genannter Personen in der Tatnacht. Schließlich beantragte der Angeklagte mit der Vernehmung des auf ihr Entschlagungsrecht nach § 152 Abs 1 Z 2a (§ 248 Abs 1 erster Satz) StPO nicht verzichtenden Tatopfers einen undurchführbaren Beweis. Einen Antrag, das Entschlagungsrecht der Zeugin nicht anzuerkennen, hat der Angeklagte nicht gestellt (aaO Rz 362, 364).

Ein solcher wäre zudem aussichtlos gewesen, weil der nunmehrige Verteidiger im Zeitpunkt der kontradiktorischen Vernehmung der Zeugin weder gesetzlicher noch gewillkürter Vertreter des Beschwerdeführers war (§ 162a Abs 1 erster Satz StPO). Die andeutungsweise Berufung auf angebliche Aussagebereitschaft der Zeugin im Rechtsmittel erfolgt zu spät.

Aus Z 5 zweiter Fall werden einzelne Erwägungen der Tatrichter unter vagem Hinweis auf das erhoffte Ergebnis abgelehnter Beweisaufnahmen unzulässig in Frage gestellt. Die Erörterung in der Hauptverhandlung nicht vorgekommener Beweismittel ist keineswegs geboten (aaO Rz 427). Da keine der getroffenen Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen voraussetzt, dass das vom Tatopfer verwendete Wort "laufen", wie die Tatrichter annahmen, schlichtweg "gehen" bedeutete, kann es als einzelne einer Vielzahl beweiswürdigender Erwägungen aus Z 5 nicht in Frage gestellt werden, liefe dies doch im Ergebnis auf eine - vorliegend zudem bloß spekulative - Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus (aaO Rz 410).

Indem die - unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung gegenüber Z 4 subsidiäre - Aufklärungsrüge (Z 5a; aaO Rz 479) bloß erneut das fehlende "Rekonstruktionsgutachten" beklagt, verfehlt sie die erforderliche Ausrichtung am Verfahrensrecht. Aus vorgeführten Beweismitteln resultierende erhebliche Bedenken an der Beweiswürdigung der Tatrichter zeigt sie nicht auf (aaO Rz 471, 481). Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO.

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