OGH 13Os71/05y

OGH13Os71/05y27.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juli 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer in der Strafsache gegen Markus S***** wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 27. April 2005, GZ 8 Hv 49/05b-32, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen die zugleich gefassten Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung des vom Schuldspruch I. erfassten Sachverhaltes unter § 28 Abs 3 erster Fall SMG, demgemäß auch im Strafausspruch (nicht aber im Einziehungserkenntnis nach § 34 SMG), ebenso wie die Widerrufsbeschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung und Beschwerde wird der Angeklagte auf den kassatorischen Teil der Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus S***** der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG (I.) und der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (II.) schuldig erkannt. Danach hat er in Graz den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift

I. in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, indem er

1. von Sommer 2003 bis August 2004 ca 20 Gramm Kokain und 20 Gramm Heroin, 25 Stück amphetaminhältige Ecstasytabletten, ein Gramm Speed und 500 Gramm Haschisch und Marihuana in zahlreichen Angriffen an Rene G*****,

2. von Anfang 2004 bis Mitte Jänner 2005 insgesamt zumindest 30 Gramm Heroin und 10 Gramm Kokain an Jessica K*****,

3. von Anfang des Jahres bis Dezember 2004, insgesamt zumindest 120 Gramm Marihuana an Jürgen L*****,

4. von April bis Ende Dezember 2004 insgesamt 70 Gramm Heroin an Markus J*****,

5. von April 2004 bis Anfang Jänner 2005 70 Gramm Heroin an Herbert B*****,

6. von April bis Ende Dezember 2004 insgesamt 50 Gramm Heroin an Werner St*****,

7. von Juni 2004 bis Mitte Jänner 2005 insgesamt zumindest 100 Gramm Heroin an Harald Str*****,

8. von Sommer 2004 bis Anfang Jänner 2005 insgesamt zumindest 30 Gramm Heroin an Adnan Bo*****,

  1. 9. im Sommer 2004 insgesamt 10 Gramm Heroin an Christian H***** und
  2. 10. von August bis Ende des Jahres 2004 insgesamt 10 Gramm Heroin, 2 Gramm Speed und 35 Gramm Marihuana an Mario D***** gewinnbringend verkaufte, und II. im Zeitraum Anfang Mai 2004 bis 24. Jänner 2005 mit Ausnahme der zu I. angeführten Mengen erworben und besessen, indem er unbekannte Mengen Heroin, Kokain, Marihuana und Haschisch in zahlreichen Angriffen teils von bislang unbekannten Personen kaufte, teils von den zu I. genannten Personen unentgeltlich erhielt und in der Folge konsumierte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die inhaltlich nur gegen den Schuldspruch I. gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.

Die Mängelrüge (Z 5) verweist zwar zu Recht darauf, dass sich das Erstgericht mit den der (auch zur weitergegebenen Menge) geständigen Einlassung des Angeklagten (welche das Gericht einer Prüfung der Schlüssigkeit derselben nicht enthebt) teilweise widersprechenden und in der Hauptverhandlung verlesenen (S 312) Angaben der Zeugen zu den vom Beschwerdeführer übernommenen Suchtgiftquanten in keiner Weise auseinandersetzte. Das Rechtsmittelvorbringen zeigt aber nicht auf, inwieweit diese Diskrepanzen entscheidungswesentliche Tatsachen treffen, zumal auch auf der Basis der in der Beschwerde aufgezeigten Mengenangaben der im Schuldspruch I. 4., 5., 6., 7., 8. und 10. genannten Suchtgiftabnehmer - ungeachtet der vom Nichtigkeitswerber nicht weiter thematisierten Suchtgiftverkäufe im Umfang des Schuldspruches I. 1., 2., 3. und 9. - durch die nach den (insoweit unbekämpft gebliebenen) Feststellungen mit Additionsvorsatz durchgeführte Weitergabe von Suchtgift das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG mehrfach verwirklicht wurde.

Die weitere Mängelrüge zeigt hingegen zutreffend auf, dass der vom Schöffengericht angenommene Ausschluss der Privilegierung nach § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG (US 8) unvollständig begründet blieb. Die Tatrichter setzten sich nämlich mit der (eine solche Privilegierung vorbringenden; vgl S 27, 47, 94, 96 f, 311) Einlassung des Beschwerdeführers nicht auseinander, wonach er die eigene - im Schuldspruch II. manifestierte - Drogenabhängigkeit durch den ihm zu Schuldspruch I. angelasteten Verkauf von Suchtmitteln finanzierte und den aus diesen Geschäften lukrierten Gewinn sofort wieder in Suchtgift für den eigenen Gebrauch investierte. Auch in seiner umfassend geständigen Verantwortung in der Hauptverhandlung (S 311: „Das Geld habe ich für mein Leben benötigt") bezog sich der Rechtsmittelwerber explizit auf die Notwendigkeit, seine eigene Sucht durch den gewinnbringenden Verkauf von Suchtmitteln zu finanzieren (S 311: „Da es" [gemeint der zuvor dargestellte umfangreiche Eigenkonsum von Suchtmitteln] „sich finanziell nicht ausgegangen ist ...."). Dieser Mangel zwingt - in Übereinstimmung mit der Ansicht der Generalprokuratur - zur Aufhebung der rechtlichen Unterstellung des vom Schuldspruch I. erfassten Sachverhaltes unter § 28 Abs 3 erster Fall SMG (§ 285e StPO).

Auf die inhaltlich die Mängelrüge zur Qualifikation nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG wiederholende Rechtsrüge (Z 10) war daher nicht mehr weiter einzugehen.

Im Übrigen war aber die Nichtigkeitsbeschwerde bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Mit seiner Berufung und Beschwerde war der Angeklagte auf den kassatorischen Teil der Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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