OGH 13Os65/03

OGH13Os65/033.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. September 2003 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr. Christoph M***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Februar 2003, GZ 033 Hv 21/02a-70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Dr. Christoph M***** wurde im zweiten Rechtsgang erneut des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich missbraucht und der (nunmehr Bank Austria-) Creditanstalt AG einen 40.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, dass er als Treuhänder eines zur Abwicklung eines Liegenschaftskaufes von der Creditanstalt AG übergebenen Geldbetrages ohne die nötige Bankgarantie Zahlungen leistete, nämlich

  1. 1. am 25. Oktober 1995 10,000.000 S an die M*****gesmbH,
  2. 2. am 28. Dezember 1995 840.000 S als Honorar an sich selbst, am 5. März 1996 14,803.996,75 S an die T*****gesmbH und am 7. März 1996 2,000.000 S und 509.091 S an die M*****gesmbH.

Rechtliche Beurteilung

Die aus Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Die Anträge (Bd III, S 117) auf Einvernahme der Zeugin H***** "zum Beweis dafür, dass hinsichtlich des Anklagefaktums 1 (= Pkt 1 des Schuldspruchs) es sich nur um eine Anzahlung handelt" und der Zeugen W***** und M***** "zum Beweis dafür, dass der Angeklagte zu Geldanlagen in England veranlasst wurde und um einen Zinsgewinn zu erzielen, der letztlich nicht schadenskausal war" sowie auf "Einholung eines Währungsgutachtens hinsichtlich eines Yen-Kredites zum Beweis dafür, dass zum Zeitpunkt der Fälligstellung die aushaftende Kredithöhe wesentlich geringer war als die verfahrensgegenständliche Bankgarantie", ließen nicht erkennen, inwiefern das jeweilige Beweisthema für die Schuld- oder Subsumtionfrage von Bedeutung hätte sein können. Damit erübrigt sich die ergänzende Bemerkung, dass die Anträge des erforderlichen Hinweises entbehrten, warum die begehrten Beweisaufnahmen das behauptete Ergebnis haben würden und die Erinnerung an das Thema von Zeugenbeweisen, nämlich den Bericht über sinnliche Wahrnehmungen. Gleichermaßen auf unzulässige Erkundungsbeweisführung lief der Antrag auf Vernehmung der Zeuginnen R***** und S***** "zum Beweis dafür" hinaus, "dass die tatsächlich schadenskausalen Gestionen von März 1996 ohne Wissen, ohne Willen und ob überhaupt im Kausalkonnex zum Angeklagten hergestellt wurden oder veranlasst wurden". Schließlich ließ das Begehren um "Verlesung des gesamten Aktes" (Bd III, S 121) überhaupt jede Begründung, mithin sogar die Bezeichnung eines Beweisthemas vermissen, sodass dessen Zielrichtung im Dunkeln blieb. Die Begründung des abweislichen Erkenntnisses steht als solche nicht unter Nichtigkeitssanktion.

Das umfängliche, hinsichtlich der Fakten 1 und 2 an der Schuld- und Subsumtionsfrage erneut vorbeigehende ergänzende Vorbringen in der Rechtsmittelschrift ist schon deshalb unbeachtlich, weil sich die Frage einer aus Z 4 relevanten Pflichtwidrigkeit bei der Ablehnung von Beweisanträgen zwangsläufig am Kenntnisstand der Tatrichter auszurichten hat (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 318, 325 ff, 352). Soweit es in vager Form zwar einerseits die korrekte Protokollierung des die Zeuginnen R***** und S***** betreffenden Beweisantrages zugesteht, andererseits für den Fall der Undeutlichkeit ohne Angabe des vermissten Protokollsinhaltes "die Präzisierung gem. § 271 Abs 1 StPO" beim Obersten Gerichtshof beantragt, ist nicht erkennbar, was konkret im Sinn des § 285f StPO aufzuklären sein sollte, weshalb der Oberste Gerichtshof dazu auch keine Veranlassung sieht (WK-StPO § 281 Rz 311 f).

Die Mängelrüge (Z 5), welche sich in breit angelegten, mit rechtlichen Erwägungen allgemeiner Art durchsetzten, keine entscheidende Tatsache konkret in Frage stellenden beweiswürdigenden Spekulationen verliert, ist einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich, weil sie an den gesetzlichen Anfechtungskriterien vorbeigeht. Im Besonderen gilt dies für Schlüsse, welche entgegen der ausdrücklichen Anordnung des § 258 Abs 1 erster Satz StPO aus in der Hauptverhandlung (eingestandenermaßen) nicht vorgekommenen Beweismitteln gezogen werden. Dass in Hinsicht auf das unter dem Titel einer Honorarvereinbarung entnommene Geld schon im Tatzeitpunkt eine Erlaubnis der Treugeberin vorgelegen hätte, behauptet der Beschwerdeführer bei seinem vagen Hinweis auf eine nicht datierte "Einigung mit der Privatbeteiligten" nicht (vgl dazu Bd I, S 155). Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ist kein Bezug zu einem konkreten - in der Hauptverhandlung vorgekommenen - Beweismittel zu entnehmen, welches bei der Beweiswürdigung übergangen worden sein soll. Die Aussage des Zeugen Gerhard M*****, der nur allgemein von Erzählungen des Angeklagten zu den unter Pkt 3 und 4 genannten Fakten ihm gegenüber zu berichten wusste (Bd III, S 83 ff), bedurfte keiner Erörterung. Schließlich bleibt die Relevanz der - auch sonst undeutlichen - Erwägungen über einen (gegenüber dem Urteil) möglicherweise geringeren Gesamtschadensbetrag unklar, zumal der Angeklagte nicht behauptet, dass davon eine Qualifikationsgrenze berührt wäre.

Erhebliche Bedenken gegen Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen werden von der Tatsachenrüge (Z 5a), welche erneut keinen schuld- oder subsumtionsrelevanten Umstand anspricht und negiert, dass die Tatrichter die Treuwidrigkeit in der pflichtverletzenden Auszahlung zur Abwicklung eines Liegenschaftskaufes überlassener Gelder vor Beibringung einer Bankgarantie und nicht im Geldfluss nach bereits erfolgtem Schadenseintritt gesehen haben, nicht geweckt. Undeutliche Zweifel an der Pflichtwidrigkeit sind dazu gleichermaßen ungeeignet wie eine Wiederholung der Verfahrensrüge und pauschale Plausibilitätserwägungen zum festgestellten Schädigungswillen. Das als Aufklärungsrüge angelegte Vorbringen scheitert zudem am Fehlen eines Hinweises, was den Beschwerdeführer davon abgehalten haben sollte, in der Hauptverhandlung sachgerechte Anträge zu stellen (WK-StPO § 281 Rz 480).

Aus Z 9 lit a und 10 (der Sache nach nur aus Z 9 lit a, weil die Subsumtionsrüge auf dem Umweg über eine Beurteilung der Taten nach § 133 StGB im Ergebnis auf einen Freispruch abzielt; WK-StPO § 281 Rz

635) argumentiert die Beschwerde nicht auf der Basis der getroffenen Feststellungen und verfehlt solcherart auch insoweit die gesetzlichen Kriterien eines Nichtigkeitsgrundes. Indem sie die Feststellungen über die zwischen der geschädigten Bank und dem Angeklagten vertraglich vereinbarte Abwicklung eines Liegenschaftskaufes als Treuhänder negiert, verfehlen auch die zum Tatbestand der Veruntreuung angestellten Überlegungen den erforderlichen Vergleich mit der tatsächlichen Urteilsgrundlage. Beweiswürdigende Schlüsse aus einem nach Urteilsfällung ergangenen Haftbeschluss - wie sie im Anschluss an das Vorbringen aus Z 10 "auch noch" unter Berufung auf Z 5a angestellt werden - sind unter dem Gesichtspunkt einer Urteilsanfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde gleichermaßen fehl am Platz.

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO.

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