Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Strafe auf 350.000 (dreihundertfünfzigtausend) Schilling, im Fall der Uneinbringlichkeit 1 (ein) Monat Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Ernestine H*** wurde des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG. schuldig erkannt, weil sie in den Jahren 1982 und 1983 in Jennersdorf als geschäftsführende Gesellschafterin des Bauunternehmens "M*** Ernestine und Mitgesellschafter" vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von 1,946.002 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten hat.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Darin wird die Auffassung vertreten, eine Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG. könne nur mittels Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verübt werden, wogegen bei der Erstattung unrichtiger Voranmeldungen die Tatbestandsverwirklichung nicht in Betracht komme.
Indes stellt der Gesetzeswortlaut eindeutig auf die Verpflichtung zur Abgabe einer dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldung und demgemäß keineswegs bloß auf eine ausschließlich formale, ohne Rücksicht auf den Erklärungsinhalt erfüllbare Voranmeldungspflicht ab. Dem § 21 UStG. 1972 entspricht eine Voranmeldung nur dann, wenn sie die richtige und vollständige Selbstberechnung der für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtenden Steuer (oder eines Überschusses) enthält. Daher bezieht sich die Verbindlichkeit, deren Verletzung hier strafbedroht ist, auch auf die inhaltliche Richtigkeit der Voranmeldung.
Soweit die Beschwerdeführerin zur Erhärtung ihrer hinter dem Wortsinn zurückbleibenden Auslegung des § 33 Abs 2 lit a FinStrG. an das die Abgabenverkürzung betreffende qualifizierte Vorsatzerfordernis (der Wissentlichkeit, welche in der Beschwerde mit Absicht verwechselt wird) anknüpft, geht sie von der angesichts einer vielfältigen Gestaltungsmöglichkeit der subjektiven Tatsache nicht haltbaren These aus, jede vorsätzlich abgegebene unrichtige Umsatzsteuervoranmeldung müsse zwangsläufig auf einer "Verkürzungsabsicht" beruhen (vgl. § 5 Abs 2 StGB., § 38 Abs 1 lit a FinStrG.). Damit erweist sich diese Argumentation als ebensowenig zielführend wie die aus ihr abgeleiteten weiteren Behauptungen, daß bei der Erfassung falscher Voranmeldungen durch § 33 Abs 2 lit a FinStrG. der Tatbestand der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit b FinStrG. keinen Anwendungsbereich hätte oder jedenfalls ein Wertungswiderspruch zur letztgenannten Norm vorläge. Bei dieser vergleichenden Betrachtung setzt sich die Beschwerdeführerin nicht nur über den Unterschied beim Vorsatzerfordernis, sondern auch über die durchaus verschiedenartige inhaltliche Struktur der Deliktshandlungen hinweg, weshalb die betreffenden Darlegungen nicht tragfähig sind: § 49 Abs 1 lit b FinStrG. pönalisiert die Geltendmachung ungerechtfertigter Abgabengutschriften mittels unrichtiger Voranmeldungen (§ 21 Umsatzsteuergesetz 1972), § 33 Abs 2 lit a FinStrG. hingegen die Bewirkung von Vorauszahlungsverkürzungen unter Zuwiderhandlung gegen die Voranmeldungspflicht (siehe Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Anm. 5 zu § 49 FinStrG.). Demnach haftet der dem Schuldspruch zugrunde liegenden, von der Beschwerdeführerin bekämpften Beurteilung, daß auch eine unrichtige und nicht nur eine überhaupt unterlassene Umsatzsteuervoranmeldung die im § 33 Abs 2 lit a FinStrG. bezeichnete Pflichtverletzung begründet, ein Rechtsirrtum nicht an.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Die Angeklagte wurde nach § 33 Abs 5 FinStrG. zu 600.000 S Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit zu fünf Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Erschwerend fielen dabei der lange Deliktszeitraum, die beträchtliche Höhe des verkürzten Betrags und eine verwaltungsbehördliche Bestrafung nach dem Finanzstrafgesetz (vom 16.März 1984 zu 25.000 S) ins Gewicht; dem standen als mildernd die gerichtliche Unbescholtenheit, die finanzielle Notlage der Angeklagten zur Tatzeit, das Tatsachengeständnis und die teilweise Schadensgutmachung gegenüber. Ernestine H*** beruft gegen die Höhe der Geldstrafe und strebt die bedingte Strafnachsicht an.
Mit dem ersten Begehren dringt die Angeklagte durch. Ist es doch richtig, daß die nunmehr verhängte Strafe als Zusatzstrafe auszusprechen gewesen wäre (§ 21 Abs 3 und 4 FinStrG.), weil nach der Zeit der Begehung (1982 und 1983) das gegenständliche Finanzvergehen schon gemeinsam mit dem früheren (Erkenntnis vom 16.März 1984) hätte geahndet werden können. Damit war die Angeklagte nicht nur finanzstrafrechtlich unbescholten, sondern wäre bei gemeinsamer Aburteilung beider Finanzvergehen ihr der Milderungsgrund des bisher ordentlich geführten Lebenswandels zugute gekommen (§ 23 Abs 2 FinStrG., § 34 Z 2 StGB.). Zutreffend ist auch der Berufungseinwand, daß die Höhe des Verkürzungsbetrags, weil die Strafdrohung bestimmend, nicht zusätzlich als erschwerend gewertet werden darf (§ 23 Abs 2 FinStrG.). Auf Grund dieser Korrekturen waren die Höhe der Geldstrafe auf das im Spruch angeführte Maß zu senken und die Ersatzfreiheitsstrafe dieser Geldstrafe anzupassen.
Der Antrag auf bedingte Strafnachsicht scheitert an der wissentlichen Tatbegehung über einen längeren Zeitraum und an der gebotenen Effektivität der Strafe (s. LSK. 1983/169). Die von der Berufungswerberin erwähnte Verhängung einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe anstatt der (unmittelbar zu vollziehenden) Geldstrafe scheitert am Gesetz, weil dieses die Verhängung einer Freiheitsstrafe nur neben der Geldstrafe vorsieht (§ 33 Abs 5 FinStrG.).
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