OGH 13Os53/02

OGH13Os53/0229.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Mai 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lazarus als Schriftführerin, in der Jugendstrafsache gegen Srdan B***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 erster und vierter Fall, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 13. Februar 2002, GZ 11 Hv 2/02z-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Srdan B***** wurde des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 erster und vierter Fall, 15 StGB (A) sowie des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien - zu A/I/1 und A/II als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB -

A) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Diebstählen - zu I/1 und II von Diebstählen durch Einbruch - eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, indem er neun Mal - davon drei Mal erfolgreich - den Nenad G***** durch Aufpasserdienste dabei unterstützte, je einen PKW durch Schlossstich aufzubrechen (I/1 und II) und bei zahlreichen Taten in Kaufhäusern (I/2), zu im Urteil näher genannten Zeitpunkten im Einzelnen angeführten Verfügungsberechtigten Autoradios, CD's, Walkmans, ein Handy, mehrere Handy-Covers, eine Handytasche, eine Armbanduhr, einen Fotoapparat, einen Film, Musikkassetten, ein Paar Laufschuhe, Bauchtaschen und Süßigkeiten im Gesamtwert von 18 927 S weggenommen (I) und nicht näher bezeichnete fremde bewegliche Sachen wegzunehmen versucht (II);

B) Ende Mai den PKW der Renate Sch***** ohne Einwilligung der Berechtigten in Betrieb genommen.

Rechtliche Beurteilung

In dem Umstand, dass das Schöffengericht sowohl den ersten als auch den vierten Fall des § 130 StGB für begründet erachtet und "mehrfache Qualifikation" des Diebstahls erschwerend in Anschlag gebracht hat, erblickt die aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten eine Verletzung des von § 32 Abs 2 erster Satz StGB angeordneten Doppelverwertungsverbotes. Sie ist nicht berechtigt.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur rechtlichen Einordnung eines historischen Sachverhaltes (vgl EvBl 1999/111, 2000/217 uva) bezeichnet der Begriff "Tat" den historischen Sachverhalt, der darauf hin geprüft wird, ob er der gesetzlichen Kategorie (zumindest) einer strafbaren Handlung, also eines tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens, das auch allfälligen zusätzlichen Voraussetzungen für die Strafbarkeit genügt, subsumiert werden kann. Wenn die Tat (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) alle Merkmale einer strafbaren Handlung erfüllt, wird der (Subsumtions-)Schluss gezogen, dass die strafbare Handlung durch die als erwiesen angenommenen Tatsachen, deren der Angeklagte schuldig befunden worden ist, begründet wird (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO). Werden durch eine Tat mehrere strafbare Handlungen begründet, spricht man von Idealkonkurrenz, wogegen Realkonkurrenz vorliegt, wenn "real" mehrere Taten begangen wurden, die im selben Strafverfahren abgeurteilt werden.

Dessen ungeachtet sind beim Schuldspruch wegen wert- oder schadensqualifizierter Delikte, anders als dort, wo der Strafrahmen (nur) nach § 28 StGB zu bilden ist, zufolge der speziellen Bestimmung des § 29 StGB gleichartige Taten gemäß § 260 Abs 1 Z 2 StPO zu einer nach Maßgabe des Zusammenrechnungsgrundsatzes entstandenen Subsumtionseinheit sui generis zusammenzufassen, welche aus der höchsten Wert- oder Schadensqualifikation und weiteren, in echter Konkurrenz dazu stehenden Begehungsformen und unselbständigen Abwandlungen des Grunddeliktes besteht, ebenso, wie wenn statt Tatmehrheit Tateinheit vorläge (JBl 2000, 262 mit Anm von Schmoller; Ratz in Wiener Kommentar zur Strafprozessordnung § 281 Rz 209 und WK2 Vorbem §§ 28-31 Rz 1, § 29 Rz 5).

Konkurrieren die strafbaren Handlungen (§ 28 Abs 1 StGB) der §§ 127, 130 erster Fall StGB (A/I/2) einerseits und der §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 StGB (A/I/1 und A/II) andererseits real (tatmehrheitlich), kommt Verdrängung jener durch diese zufolge Spezialität nicht in Betracht, weil dieser Scheinkonkurrenztypus Idealkonkurrenz (Tateinheit) voraussetzt (13 Os 68/00; treffend:

Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 148 Rz 8 ff; grundlegend:

Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl 1978, 393). Vorliegend hatte der Angeklagte durch die Vielzahl der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Taten demnach - teils als Versuch und in unterschiedlichen Täterschaftsformen (§§ 15, 12 erster und dritter Fall StGB) - in jeweils gleichartiger Realkonkurrenz die strafbaren Handlungen der §§ 127, 130 erster Fall StGB und der §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB begangen (§ 28 Abs 1 StGB), welche vom Erstgericht rechtsrichtig und unangefochten zu einem einzigen Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach § 127, 129 Z 1, 130 erster und vierter Fall StGB zusammengefasst wurden.

Hatte er aber mit Blick auf die tatmehrheitliche Verwirklichung von gewerbsmäßigem Diebstahl und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenem Diebstahl zwei strafbare Handlungen verschiedener Art realisiert (ungleichartige Realkonkurrenz), von denen nur eine die Strafdrohung bestimmt, hat das Schöffengericht, indem es die nicht strafsatzbestimmende Qualifikation nach § 130 erster Fall StGB - mit anderen Worten das Zusammentreffen von Qualifikationen - erschwerend wertete (§ 33 Z 1 StGB), nicht gegen das Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 erster Satz StGB verstoßen und den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO schon deshalb nicht verwirklicht. Dazu kommt, dass auch die strafsatzbestimmende Qualifikation nicht bloß auf einer einzigen Tat gründet, insoweit also gleichartige Realkonkurrenz vorliegt (15 Os 164/01; vgl WK2 Vorbem §§ 28-31 Rz 16).

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Folge (§ 285i StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ruht auf § 390a StPO.

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