OGH 13Os5/03

OGH13Os5/0319.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2003 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Ratz, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hietler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rudolf F***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Rudolf und Dieter F***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 6. November 2002, GZ 25 Hv 77/02a-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rudolf und Dieter F***** (dieser als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB) wurden (richtig: jeweils mehrerer) Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach haben von Ende 1997 bis Oktober 1998 mit dem Vorsatz, dadurch von der Abfrage betroffene Personen an ihrem (Grund-)Recht auf Datenschutz zu schädigen,

1) Rudolf F***** in K***** als Beamter (§ 74 Abs 1 Z 4 StGB) der Grenzgendarmerie seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich dadurch missbraucht, dass er in sechs näher bezeichneten Fällen, davon fünf Mal im Auftrag seines Bruders Dieter F*****, eine Kfz-, KPA- oder EKIS-Abfrage tätigte;

2) Dieter F***** in E***** im Wissen um den erwähnten Befugnismissbrauch seinem Bruder Rudolf F***** die vorstehend angeführten Aufträge erteilt.

Rechtliche Beurteilung

Die jeweils aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Rudolf F*****:

Mit dem den Computerabfragen zugrundeliegenden Motiv (angeblich bloße Neugier) stellt der Beschwerdeführer keine entscheidende Tatsache in Frage. Denn ebenso wie privat erworbenes Wissen einen Beamten nicht zu amtlicher Tätigkeit verpflichtet (weil der Staat darauf kein Recht hat), wird umgekehrt die nur für dienstliche Belange bestehende rechtliche Möglichkeit, das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) zu durchbrechen, ohne dienstliche Rechtfertigung und solcherart rechtsschädigend von Beamten in Anspruch genommen (14 Os 114/00). Davon abgesehen wäre die Tatsache (von der Anklage nicht erfasster) weiterer unberechtigter Abfragen nur dann erheblich und damit erörterungsbedürftig, wenn Indizien ins Treffen geführt werden könnten, dass der Angeklagte darüber nicht im Bilde gewesen und auch in Hinsicht auf Betroffene außerhalb seines unmittelbaren persönlichen Umfeldes die Motivation in bloßer Neugier gelegen ist. Gleichermaßen unerheblich ist demnach, wer in Betreff der zu 1/e genannten Tat den Auftrag zur Abfrage erteilt hat.

Nach Art einer Parallelwertung in der Laiensphäre über die normativen Tatbestandsmerkmale des § 302 Abs 1 StGB im Bilde gewesen zu sein, haben beide Angeklagte, der Beschwerdebehauptung zuwider, durchaus eingeräumt (ON 20, Seiten 6, 16, 20 f), sodass sich der Vorwurf der Aktenwidrigkeit gegen den Beschwerdeführer richtet. Ob er gleichwohl vermeint hatte, „seine Nachbarn und seine Freundin überprüfen" (ON 20, Seite 21) zu dürfen, war nicht erörterungsbedürftig, weil ein auf ein solches Verhalten gegründeter Schuldspruch nicht erfolgt ist. Damit kann auch der bloß für den Fall vorliegender Aktenwidrigkeit und Unvollständigkeit erhobene, solcherart überflüssige Vorwurf offenbar unzureichender Begründung dahin stehen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Dieter F*****:

Der Einwand, sein Bruder habe über die von der Anklage erfassten hinaus weitere Abfragen ohne dienstliches Interesse getätigt, war nicht erörterungsbedürftig, weil auch Dieter F***** keine Indizien dafür ins Treffen führen konnte, dass jener in Hinsicht auf Betroffene außerhalb seines unmittelbaren persönlichen Umfeldes bloß aus Neugier gehandelt hat.

Soweit die Beschwerde den Beweiswert der Aussage der Zeugen K***** und G***** in Frage stellt und andere denkbare Schlüsse aus den Ergebnissen der Hauptverhandlung abzuleiten sucht, bekämpft sie nur unzulässig die Beweiswürdigung. Mit der Behauptung des Angeklagten, auf anderen Wegen zu den Informationen gekommen zu sein, haben sich die Tatrichter, dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend, durchaus auseinandergesetzt (vgl US 10 f). Weil nichts darauf hindeutet, dass der zuletzt als Bezirksleiter im Einzelhandel beschäftigte Ulf Ro***** bei seiner Abhörung als Zeuge der Unterscheidung zwischen kriminalpolizeilicher Vormerkung und Vorstrafe eine Bedeutung beigemessen hätte - ja sich darüber auch nur im Klaren war -, kann der aus Z 5 dritter Fall an sich zutreffend gerügte Widerspruch zwischen Sitzungsprotokoll (ON 20, Seite 39) und dessen Wiedergabe in den Entscheidungsgründen (US 12) als unerheblich beurteilt werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 466). Den vagen Angaben des Zeugen K***** zu 1/a (ON 21, Seite 10 f) hinwieder fehlt jeder Beweiswert, sodass sie nicht gesondert erwogen werden mussten. Was schließlich den in Abrede gestellten Rechtsschädigungsvorsatz anlangt, gilt das zur Beschwerde des Rudolf F***** Gesagte auch hier.

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge.

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet auf § 390a StPO.

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