OGH 13Os50/03

OGH13Os50/032.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2003 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Reichel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Durgut A***** wegen des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 21. November 2002, GZ 41 Hv 11/02m-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

G r ü n d e:

Durgut A***** wurde des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im Juli 2002 in Bludenz außer den Fällen des § 201 StGB Patrizia C***** mit Gewalt, indem er sie mit einer Hand am Genick packte, in der Folge mit seinem Körper in die Ecke drückte, dann umklammerte und mit einer Hand ihre Hände festhielt, während er mit der anderen Hand ihre Brust betastete, zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt.

Text

Beschluss

gefasst:

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel. Die Kritik der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht habe entgegen der Aussage der Zeugin C***** festgestellt, dass beinahe zweimal täglich sexuell motivierte Vorfälle vorgekommen seien, ist hier eine bloß illustrative Schilderung der Vorgeschichte, betrifft daher weder das anzuwendende Strafgesetz noch den Strafsatz und somit keine entscheidende Tatsache.

Das Beschwerdevorbringen, das Erstgericht habe unzulässig das Schweigen des Angeklagten im Vorverfahren zu Beweiszwecken gewürdigt, lässt unbeachtet, dass das Schöffengericht diesen Umstand - durchaus erlaubt, vgl § 258 Abs 2 StPO - neben einer Vielzahl weiterer Faktoren in einer Gesamtschau gewürdigt hat. Mit der Behauptung der Unzulänglichkeit gerade dieses Begründungselements wird sohin kein Begründungsfehler aufgezeigt.

Die Rechtsmittelbehauptung, die Aussagen des Zeugen Sch***** über die Reaktion des Angeklagten auf den Tatvorwurf seien widersprüchlich, da der Angeklagte "einmal alles abgestritten haben soll, dann wieder gesagt habe, es wäre alles nur Spaß gewesen und er habe die Zeugin C***** nur an die Brust gegriffen", übersieht, dass nach den Angaben des Zeugen diese Reaktionen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten erfolgt sein sollen.

Im Übrigen ist der Rüge entgegenzuhalten, dass sie - unter isolierter Hervorkehrung einzelner vermeintlicher Verfahrensergebnisse - unter Anstellung eigener Beweiserwägungen und Überlegungen über einen theoretisch anderen Tathergang im Kern bloß nach Art einer Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung in Frage stellt, weshalb es ihr an einer prozessordnungsgemäßen Ausführung gebricht. Denn der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen auf Grund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang ist als solcher einer Anfechtung nach Z 5 entzogen. Spekulative Erwägungen über allfällige Motive des Zeugen Sch***** haben daher ebenso zu unterbleiben wie Verweise auf eine angeblich mangelnde Nachvollziehbarkeit der Aussage der Zeugin C*****.

Gleiches gilt für die Beurteilung der Aussageehrlichkeit des Angeklagten und auch für dessen angenommene Deutschkenntnisse. Denn das Gericht ist keineswegs gehalten, sich dann, wenn ein Verfahrensresultat mehrere Schlussfolgerungen zulässt, die für den Angeklagten günstigste der sich anbietenden Varianten zu eigen zu machen; vielmehr kann es sich jede Meinung bilden, die den Denkgesetzen nicht widerspricht.

Hinsichtlich des Beweisanbots des Angeklagten schließlich mag ein Hinweis auf das sich aus § 288 Abs 2 Z 3 StPO ergebende Neuerungsverbot im Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde genügen.

Da die Tatsachenrüge (Z 5a) einen eigenständigen, von der Mängelrüge wesensverschiedenen Nichtigkeitsgrund darstellt, verfehlt der unter dieser Ziffer erfolgende Beschwerdehinweis auf das Vorbringen der Mängelrüge eine prozessförmige Ausführung. Gleiches gilt für die substratlose Behauptung, der Vergleich in der Hauptverhandlung vorgekommener Beweise, somit aktenkundiger Umstände mit entscheidenden Feststellungen erwecke erhebliche Zweifel an der Richtigkeit entscheidender Feststellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), weshalb über die Berufung das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden hat (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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