OGH 13Os44/13i

OGH13Os44/13i16.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Mai 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wancata als Schriftführer in der Strafsache gegen Bekir Ö***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7. Februar 2013, GZ 15 Hv 144/12k-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bekir Ö***** jeweils mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (1) und der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (2, 3) sowie des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (4) schuldig erkannt.

Danach hat er in Graz Zeynep Ö*****

(1) vom November 2004 bis zum Februar 2012 wiederholt mit Gewalt zur Duldung dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er durch Schläge gegen ihr Gesicht sowie durch gewaltsames Umdrehen den Analverkehr erzwang,

und mehrfach zu Handlungen zu nötigen versucht, nämlich,

(2) in der Nacht vom 9. Jänner 2009 auf den 10. Jänner 2009 durch mittels Vorhaltens eines Küchenmessers und Versetzens mehrerer Schläge unterstützte Drohung mit dem Tod zur Einwilligung in die Scheidung,

(3) im Oktober 2011 oder im November 2011 durch mittels Anhaltens eines Klappmessers unterstützte Drohung mit dem Tod zur Einwilligung in die Scheidung und

(4) am 2. Juli 2012 durch Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zum Erwirken der Einstellung des gegenständlichen Strafverfahrens.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung (ON 21 S 37) zweier - im Übrigen nicht durch die gebotene Angabe der Fundstelle in den Akten (RIS-Justiz RS0124172) bezeichneter - Beweisanträge Verteidigungs- rechte nicht verletzt:

Der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass „die von Zeynep Ö***** behaupteten angeblich auf Vergewaltigungen durch den Angeklagten zurückzuführenden Verletzungen im Analbereich bzw. Beschwerden beim Stuhlgang nicht auf gewaltsam erzwungenen dissensualen Analverkehr zurückzuführen“ seien (ON 21 S 37), legte nicht dar, warum die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung (RIS-Justiz RS0118444; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Das auf Beiziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin Zeynep Ö***** gerichtete Antragsbegehren (ON 21 S 37) ließ nicht erkennen, aufgrund welcher besonderen Umstände das Gericht bei der - nach der Prozessordnung ihm vorbehaltenen (§ 258 Abs 2 StPO) - Beweiswürdigung ausnahmsweise einer gutachterlichen Hilfestellung bedürfe, und verfiel solcherart ebenfalls zu Recht der Abweisung (RIS-Justiz RS0120634). Allein die unsubstantiierte Behauptung, Zeynep Ö***** sei „laut Protokoll der KV psychisch ... beeinträchtigt“, wird dem angeführten Erfordernis nicht gerecht.

Das die Beweisanträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.

Die beweiswürdigenden Ausführungen zur Aussage der Zeugin Aysegül P*****, wonach deren Depositionen zum „Vorfall im Jänner 2009“ den Feststellungen nicht zu Grunde gelegt werden können (US 9), beziehen sich auf den Freispruch vom Vorwurf der schweren Nötigung zum Nachteil dieser Zeugin (US 2) und stehen solcherart - der Mängelrüge (Z 5) zuwider - keineswegs im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zu den Feststellungen zum Schuldspruch 2.

Die Behauptung, das Erstgericht gebe die Aussage des Zeugen Dr. Attila Pa*****, wonach Zeynep Ö***** ihm erzählt habe, dass der Beschwerdeführer sie unter Gewaltanwendung zur Duldung des Analverkehrs genötigt habe (US 7), aktenwidrig wieder (Z 5 fünfter Fall), trifft nicht zu (siehe ON 21 S 21).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich darin, die - vom Erstgericht vollständig (Z 5 zweiter Fall) sowie den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend (Z 5 vierter Fall) gewürdigten (US 6 bis 9) - Verfahrensergebnisse anhand eigener Beweiswerterwägungen zu Gunsten des Beschwerdeführers zu interpretieren und wendet sich damit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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