OGH 13Os41/11w

OGH13Os41/11w14.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tomecek als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Christian B***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 14. September 2010, GZ 15 Hv 40/10z‑6, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian B***** (richtig:) jeweils mehrerer (richtig:) Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (I), § 33 Abs 2 lit a FinStrG (II) und § 33 Abs 2 lit b FinStrG (III) schuldig erkannt.

Danach hat er in K***** vorsätzlich

(I) unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflichten eine Verkürzung von Einkommensteuer für die Jahre 2005 und 2006 um 7.410,49 Euro sowie von Umsatzsteuer für die Jahre 2004 bis 2006 um 24.283,45 Euro bewirkt,

(II) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer für das Jahr 2007 um 414,50 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten sowie

(III) unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von § 76 EStG entsprechenden Lohnkonten für die Jahre 2003 bis 2007 Verkürzungen von Lohnsteuer um 45.118,94 Euro sowie von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen um 5.801,01 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) verstößt die aggravierende Wertung des Zusammentreffens mehrerer Finanzvergehen (US 6) nicht gegen das ‑ gemäß § 23 Abs 2 letzter Satz FinStrG auch im Finanzstrafverfahren zu beachtende ‑ Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 erster Satz StGB (RIS‑Justiz RS0085962), weil hier zwar die Summe der Verkürzungsbeträge (§ 21 Abs 2 dritter Satz FinStrG), nicht jedoch der Umstand des Zusammentreffens die Strafdrohung bestimmt.

Mit dem Vorbringen, die Geldstrafe sei zu Unrecht nicht teilweise bedingt nachgesehen worden (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 728), und dem Einwand, die Ersatzfreiheitstrafe sei (wenngleich innerhalb der Grenze des § 20 Abs 2 FinStrG, so doch) zu hoch bemessen, werden keine Nichtigkeits‑ sonder bloß Berufungsgründe geltend gemacht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Dieses wird zu berücksichtigen haben, dass das Erstgericht ‑ solcherart (nicht aufgegriffene) Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO begründend ‑ zwar die Annahme des Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 13 StGB (iVm § 23 Abs 2 letzter Satz FinStrG) ablehnte (US 6), aber zum Teil keine hinreichenden Feststellungen zur Abgrenzung zwischen Versuch und Vollendung traf (RIS‑Justiz RS0122140). Werden ‑ wie hier vom Schuldspruch I umfasst ‑ bescheidmäßig festzusetzende Abgaben durch Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen verkürzt, ist die Tat grundsätzlich mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist vollendet (§ 33 Abs 3 lit a zweiter Fall FinStrG). Kommt es jedoch danach zur bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung in der richtigen Höhe, prävaliert der erste Fall des § 33 Abs 3 lit a FinStrG, womit die Tat ins Versuchsstadium zurücktritt (13 Os 18/09k, EvBl 2009/152, 1016; Nordmeyer, Versuch und Vollendung der Hinterziehung [wiederkehrend] veranlagter Abgaben, ÖJZ 2010, 945). Dabei ist zu beachten, dass solche Abgaben (erst) mit Rechtskraft des diesbezüglichen Bescheids festgesetzt sind (RIS‑Justiz RS0086391, RS0086429, RS0086436, RS0086462). Die insoweit erforderlichen Konstatierungen werden vom Berufungsgericht zu treffen sein (s hiezu ON 2 S 5).

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass das Referat der Entscheidungsgründe im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) insoweit verwirrt, als es Ausführungen zur gewerbsmäßigen Begehung enthält, obwohl der Schuldspruch (§ 260 Abs 2 Z 2 StPO) ‑ feststellungskonform (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - nicht (auch) nach der Qualifikationsnorm des § 38 Abs 1 FinStrG erging (US 2).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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