OGH 13Os39/15g

OGH13Os39/15g8.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner in Gegenwart des Richters Mag. Einberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Miha K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 3, 130 zweiter, dritter und vierter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen, AZ 14 Hv 79/14x des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Miha K***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Beschwerdegericht vom 30. Jänner 2015, AZ 10 Bs 450/14y (ON 297 der Hv‑Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00039.15G.0508.000

 

Spruch:

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Das Landesgericht für Strafsachen Graz hob mit Beschluss vom 15. Dezember 2014 (ON 290) die über den am 24. Februar 2014 in Slowenien festgenommenen (ON 74 S 7), am 19. März 2014 den österreichischen Behörden übergebenen (ON 105 S 5) Miha K***** am 20. März 2014 aus den Gründen der Verdunkelungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 2 StPO und der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO verhängte Untersuchungshaft (ON 108) unter Anwendung gelinderer Mittel im Sinn des § 173 Abs 5 Z 4 StPO auf.

Mit der angefochtenen Entscheidung (ON 297) gab das Oberlandesgericht Graz der dagegen erhobenen Beschwerde der Staatsanwaltschaft (ON 292) Folge und ordnete die neuerliche Festnahme sowie die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den Gründen der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 1 Z 3 lit b und c StPO an.

Dabei ging das Beschwerdegericht in Bezug auf die Haftvoraussetzung des dringenden Tatverdachts (§ 173 Abs 1 erster Satz StPO) zum einen vom (nicht rechtskräftigen) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 15. Dezember 2014 (ON 289) aus.

Danach hat Miha K***** vom 20. März 2013 bis zum 12. November 2013 in K***** und an anderen Orten

(I) in mehreren Angriffen als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) sowie als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung anderer Mitglieder dieser Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch fremde bewegliche Sachen in einem jeweils 3.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich zahlreiche Pkw und Motorräder, anderen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und

(III) sich an einer kriminellen Vereinigung (§ 278 Abs 2 StGB) als Mitglied beteiligt.

In rechtlicher Hinsicht bejahte das Oberlandesgericht insoweit den dringenden Verdacht des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 12 dritter Fall, 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 3, 130 zweiter, dritter und vierter Fall StGB (I) sowie des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (III).

Zum anderen stützte das Beschwerdegericht die Annahme des dringenden Tatverdachts auf die Anklage der Staatsanwaltschaft Graz vom 15. Dezember 2014 (ON 288 S 3 bis 8).

Hienach ist Miha K***** verdächtig, vom 15. September 2008 bis zum 10. September 2014 in F***** und an anderen Orten

(I) in zahlreichen Angriffen als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung anderer Mitglieder dieser Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch fremde bewegliche Sachen in einem größtenteils jeweils 3.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich vor allem Pkw und Motorräder, anderen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen zu haben und

(III) sich an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied beteiligt zu haben.

Diesbezüglich ging das Oberlandesgericht in rechtlicher Hinsicht von dringendem Verdacht des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 3, 130 zweiter, dritter und vierter Fall StGB (I) sowie des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (III) aus.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 30. Jänner 2015 (ON 297) erhobene Grundrechtsbeschwerde des Miha K*****, welche die Annahme der Haftgründe der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b und c StPO bekämpft, verfehlt den gesetzlichen Bezugspunkt (vgl § 1 Abs 1 GRBG):

Gegenstand des Erkenntnisses über eine Grundrechtsbeschwerde ist ‑ anders als bei einer Haftbeschwerde an das Oberlandesgericht ‑ nicht die Haft, sondern die Entscheidung über diese (13 Os 125/06s, EvBl 2007/47, 252; RIS‑Justiz RS0061004 [T5], RS0112012 [T5] und RS0121605 [T3]).

Demzufolge prüft der Oberste Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens die rechtliche Annahme der in § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahr (Prognoseentscheidung) darauf, ob sich diese angesichts der zugrunde gelegten bestimmten Tatsachen als willkürlich, also nicht oder nur offenbar unzureichend begründet, darstellt (14 Os 138/03, SSt 2003/81; RIS‑Justiz RS0117806, jüngst 13 Os 97/14k). Vergleichsbasis des Willkürverbots sind ‑ mit Blick auf § 173 Abs 2 StPO, der nur verlangt, dass die angenommenen Haftgründe auf bestimmten Tatsachen beruhen ‑ nur die der Prognoseentscheidung tatsächlich zugrunde gelegten Tatsachen. Ein Haftbeschluss, der gegen die rechtliche Annahme eines Haftgrundes sprechende Umstände nicht berücksichtigt, ist demnach ‑ außer den Fällen des § 173 Abs 3 StPO ‑ nicht willkürlich, also nicht rechtsfehlerhaft (RIS‑Justiz RS0120458 [T3]).

Das Vorbringen, vom Beschwerdegericht nicht erörterte Umstände würden gegen die Annahme von Tatbegehungsgefahr sprechen, geht somit am gesetzlichen Bezugspunkt vorbei (13 Os 118/03; 15 Os 165/10v, SSt 2010/79; RIS‑Justiz RS0117806 [T1]).

Indem die Beschwerde darüber hinaus einzelne Argumente der angefochtenen Entscheidung isoliert herausgreift und solcherart als unzureichend darzustellen trachtet, entzieht sie sich mangels Orientierung an der Gesamtheit der Erwägungen des Beschwerdegerichts ebenfalls einer meritorischen Erledigung (RIS‑Justiz RS0106464 [insbesondere T4] und RS0112012).

Hinzugefügt sei, dass die vom Beschwerdegericht vorgenommene Ableitung der Annahme von Tatbegehungsgefahr aus dem dringenden Verdacht, jahrelang höchst professionell im Rahmen einer international agierenden Tätergruppe delinquiert zu haben, dem massiv einschlägig getrübten Vorleben des Beschwerdeführers und dem Umstand, dass dieser unmittelbar nach seiner Enthaftung gegen die ihm erteilte Weisung (§ 173 Abs 5 Z 4 StPO), sich jeglicher beruflicher Tätigkeit, die im Zusammenhang mit Fahrzeugen steht, zu enthalten, verstoßen hat (BS 11 f), den Gesetzen logischen Denkens ebenso entspricht wie grundlegenden Erfahrungssätzen und solcherart unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist.

Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.

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