OGH 13Os27/95

OGH13Os27/9526.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.April 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Svatek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Petar M***** wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG und eines anderen Finanzvergehens über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.September 1994, GZ 6 d Vr 6778/93-105, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem von Petar M***** angefochtenen Urteil wurde dieser der Finanzvergehen (A) des gewerbsmäßigen Schmuggels ("Finanzvergehen des Schmuggels unter dem erschwerenden Umstand der Gewerbsmäßigkeit") nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG sowie des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit c (aF) FinStrG schuldig erkannt, weil er vom 14.August 1991 bis 17.Mai 1993 in Nickelsdorf und anderen Orten wiederholt vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren, die zugleich Monopolgegenstände waren, nämlich ca 3,440.000 Stück Zigaretten verschiedener Marken, (A) unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen hat, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung des Schmuggels eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und (B) einem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider eingeführt hat.

Rechtliche Beurteilung

Die nominell auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl; die Vorbemerkungen hiezu, die keinen Nichtigkeitsgrund bezeichnen (siehe § 285 Abs 1 StPO) sind von vornherein unbeachtlich (siehe § 285 a Z 2 StPO).

Für die erfolgreiche Rüge betreffend das vom Schöffengericht verweigerte Sachverständigengutachten zur Auswertung der Eintragungen in dem nunmehr dem Gerichtsakt beigelegten Notizbuch bzw Adreßbuch (251/II) fehlt es (Z 4) schon an den formalen Voraussetzungen, weil im Beweisantrag kein brauchbares Beweisthema genannt wird und ein solches sich auch nicht aus dem Zusammenhang ergibt (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3 § 281 Z 4 E 16 ff). Nachträge im Rechtsmittel hiezu sind unzulässig.

Mit den Beweisanträgen in bezug auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten "insbesondere im Zusammenhang mit dem Ankauf von Autobussen in Österreich und deren Überstellung in die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens" sind offenbar die Beischaffung der Akten 27 Cg 293/88 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien und die Vernehmung des Zeugen Günter Sch***** (252/II) gemeint. Sie sind unerheblich, weil ihnen von vornherein die Eignung fehlt, auf die Entscheidung der Strafsache irgendeinen Einfluß zu üben. Steht doch den vom Erstgericht angenommenen Tathandlungen nicht entgegen, daß der Angeklagte auch aus anderen Quellen erhebliche Einkünfte bezog. Soweit aber damit - wie der Beschwerdeführer einräumt - Strafzumessungstatsachen (§ 23 Abs 3 FinStrG) ermittelt werden sollten, ist auf seine Berufung zu verweisen. Ähnliches gilt auch für den Antrag auf Beischaffung der (Verwaltungs-)Strafakten betreffend Ilija M***** (251 f/I), da selbst aus der behaupteten mehrfachen eigenen zollamtlichen Betretung des Genannten wegen Zigarettenschmuggels kein Hinweis dafür gewonnen werden kann, daß dieser den Angeklagten jetzt falsch belastet habe.

Die unterbliebene Einvernahme der Zeugen Novak S***** und Ilija M***** in der Hauptverhandlung wird in der Verfahrensrüge nicht moniert. Wenn sich der Beschwerdeführer nominell unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 gegen die Berücksichtigung des Inhalts der belastenden Angaben dieser Zeugen wendet, ist er auf die gemäß § 252 Abs 2 StPO gebotenen und auch vorgenommenen Verlesungen (256/II) zu verweisen, insbesondere auf die auch die früheren Aussagen dieser Zeugen auswertenden Berichte (ON 2, ON 33). Im übrigen hätte die erfolgreiche Bekämpfung der Ablehnung einer Vernehmung des Zeugen Novak S***** - da es sich nicht aus der Sachlage ergibt - einen Hinweis im Beweisantrag erfordert, aus welchen Gründen erwartet werden kann, daß die Durchführung des beantragten Beweises auch tatsächlich das vom Antragsteller behauptete Ergebnis bringen werde, daß Ilija M***** den Angeklagten wider besseres Wissen belastet habe (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3 § 281 Z 4 E 19 ff). Soweit sich die Verfahrensrüge aber wiederholt und allgemein auf ein "faires Verfahren" und damit ersichtlich auf Art 6 MRK beruft, übersieht sie, daß all dem nur im Zusammenhang mit einem Antrag (bzw Widerspruch) des Beschwerdeführers Bedeutung zukommt.

In seinen Ausführungen zur Mängelrüge (Z 5) bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der Tatrichter in unzulässiger Weise nach Art einer Schuldberufung, ohne formelle Begründungsmängel des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen aufzuzeigen. Die beweiswürdigend gezogenen Schlußfolgerungen im angefochtenen Urteil, die sich hauptsächlich auf die Aussagen von Novak S***** (23 ff/I), Petar J***** (31 ff/I) und Ilija M***** (35 ff/I) jeweils anläßlich ihrer ersten Einvernahme vor dem Zollamt Wien am 17.Mai 1993 stützen, sind durchaus denkrichtig und - dem gesetzlichen Auftrag zur gedrängten Darstellung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) entsprechend - auch ausreichend dargelegt. Die Urteilsgründe genügen damit den formalen Anforderungen, die zulassen, daß bei mehreren möglichen Schlüssen das Gericht jenem folgen kann, von dessen Richtigkeit es überzeugt ist.

Daß sich der Schöffensenat hinsichtlich Tatzeitraum und Menge der geschmuggelten Zigaretten auch auf den Schlußbericht des Zollamtes Wien stützte und dabei den Beginn der Schmugglertätigkeit des Angeklagten mit dem ersten Aufgreifen seines Schwiegersohnes Ivan G***** annahm, steht - dem Beschwerdevorbringen zuwider - durchaus mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang. Es trifft auch keineswegs zu, daß dem Angeklagten und seinem abgesondert verfolgten Schwiegersohn G*****, der in der Zwischenzeit rechtskräftig verurteilt wurde (13 Os 193/94), der Schmuggel derselben Zigaretten angelastet bzw eine Beteiligung an den Taten des jeweils anderen angelastet wurde, gehen doch die Urteilsfeststellungen dahin, daß sowohl der Angeklagte als auch G***** gesondert einmal wöchentlich eine Schmuggelfahrt mit jeweils durchschnittlich 200 Stangen Zigaretten durchführte (US 6 ff).

Der Beschwerde zuwider nahm der Schöffensenat gar nicht an, daß die Autobusse des Beschwerdeführers auf den Namen G***** zugelassen waren, sondern vielmehr, daß die für G***** zugelassenen Busse mit bosnischem Kennzeichen fuhren (US 7), was allerdings für die dem Angeklagten vorgeworfenen Tathandlungen bedeutungslos ist.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) muß ebenfalls erfolglos bleiben, weil die Nichtigkeitsbeschwerde keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die entscheidenden Urteilsannahmen aufzeigt.

Schließlich versagt auch die Strafzumessungsrüge (Z 11), mit der der Beschwerdeführer zunächst die für ihn nachteilige Berücksichtigung des Zusammentreffens zweier Finanzvergehen als dem Doppelverwertungsverbot zuwider moniert:

Gewiß verstößt die Berücksichtigung von (hohen) Wertbeträgen als erschwerend, bei ideal- oder realkonkurrierenden (siehe § 21 Abs 1 FinStrG) Finanzvergehen, deren Strafdrohung gemäß § 21 Abs 2 FinStrG durch die Summe dieser Beträge bestimmt wird, gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 23 Abs 2 FinStrG iVm § 32 Abs 2 StGB; Leukauf-Steininger Komm3 § 32 RN 13). Im vorliegenden Fall wude aber weder der Abgabenbetrag (§ 35 Abs 4 FinStrG) noch die Bemessungsgrundlage (§ 44 Abs 2 lit c FinStrG) oder die sich daraus ergebende Summe vom Schöffengericht ausdrücklich als erschwerend gewertet, sondern nur die Begehung zweier Finanzvergehen (siehe auch § 33 Z 1 StGB iVm § 23 Abs 2 FinStrG). Dies bewirkt keine Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO (Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot), weil es sich - anders als bei der bloßen Höhe der die Strafdrohung bestimmenden Wertbeträge - beim (hier: ungleichartig) idealkonkurrierenden Zusammentreffen zweier (verschiedener) Finanzvergehen angesichts des darin manifesten Verstosses gegen mehrere gesetzliche Verbote immerhin um einen nach den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung (§ 32 Abs 2 und 3 StGB; § 23 Abs 2 FinStrG) für die Gewichtung der Strafzumessungsschuld als aggravierend bedeutsamen Umstand handelt (in diesem Sinne auch 12 Os 102/89 bei realkonkurrierendem Zusammentreffen), der bloß irrig als besonderer Strafzumessungsgrund angeführt wurde (vgl auch Dorazil-Harbich, FinStrG, § 23 ENr 11 c; Mayerhofer-Rieder, StPO3 § 281 Z 11 ENr 8).

Der Beschwerdeeinwand mangelhafter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist der Sache nach lediglich als Berufungsgrund zu werten, zumal die Einkommens- und Vermögenslage bei der Beschreibung der Person des Angeklagten im Urteil angeführt und dies bei der Strafbemessung nochmals ausdrücklich gewürdigt wurde (US 13). Der Einwand gegen die Verhängung einer einjährigen Freiheitsstrafe nach § 15 Abs 2 FinStrG fällt gleichermaßen in den mit Berufung anfechtbaren Ermessensbereich.

Die unterbliebene Vorhaftanrechnung erfüllt nicht (mehr) den in Rede stehenden Nichtigkeitsgrund, sie kann vielmehr gemäß § 400 Abs 2 StPO (idF BGBl 1987/605) nachgeholt bzw mit der Berufung, die hier (auch) aus anderen Gründen ergriffen wurde, bekämpft (§ 283 Abs 2 StPO) werden. Der Nichtigkeitsbeschwerde zuwider kam ein bloß anteilsmäßiger Wertersatz nach § 19 Abs 4 FinStrG nicht in Betracht, weil keine andere Person am Schmuggel des Beschwerdeführers beteiligt war. Im übrigen kann eine Aufteilung des Wertersatzes nur mit Berufung angefochten werden (Mayerhofer-Rieder, Nebenstrafrecht3, FinStrG, ENr 35 ff, Dorazil-Harbich, aaO, ENr 54, jeweils zu § 19 FinStrG).

Indem der Beschwerdeführer schließlich das Fehlen von Feststellungen zur gewerbsmäßigen Tatbegehung rügt, übergeht er die entsprechenden Urteilskonstatierungen (US 12), sodaß sich die Nichtigkeitsbeschwerde hier als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt erweist.

Die teils unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).

Über die vom Angeklagten erhobene Berufung wird das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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