OGH 13Os24/05m

OGH13Os24/05m30.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. März 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kreitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Omer Marcel M***** wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16. Dezember 2004, GZ 9 Hv 205/04z-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem zu A) ergangenen Schuldspruch wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB, in der Subsumtion der zu B) genannten Taten nach § 147 Abs 1 Z 1, § 147 Abs 3 und § 148 zweiter Fall StGB sowie im Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht für Strafsachen Graz zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Omer Marcel M***** wurde des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (A) und des Verbrechens des versuchten (richtig:) gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (B) schuldig erkannt. Danach hat er im September 2004 in G*****

A) sich durch die zu B) geschilderten Taten an einer kriminellen

Vereinigung als Mitglied beteiligt;

B) (wörtlich:) „im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den abgesondert Verfolgten Paul W***** und Maurice M***** als Mittäter (§ 12 erster Fall) mit dem Vorsatz durch das Verhalten der Getäuschten sich oder Dritte unrechtmäßig zu bereichern, nachangeführte Berechtigte von Geldinstituten unter der Vorgabe(,) zum Empfang von Geldüberweisungsbeträgen berechtigt zu sein, sohin durch Täuschung über Tatsachen(,) zu Handlungen, nämlich der Überweisung von Geldbeträgen in der Höhe von insgesamt 44.513,92 Euro von Geschäftskonten berechtigter Auftraggeber auf von ihm unter falschen Namen eröffnete Konten zu verleiten versucht, die die Geldinstitute bzw die berechtigten Zahlungsempfänger an ihrem Vermögen in einem 40.000 Euro übersteigenden Betrag schädigen sollten, wobei er die auch unter Benützung falscher Urkunden begangenen (schweren) Betrugshandlungen in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und die Tathandlungen nur deswegen beim Versuch blieben, weil die jeweiligen Geldinstitute nach Rücksprache mit den berechtigten Empfängern die Überweisungsvorgänge rechtzeitig stoppten, indem er nach Eröffnung der Konten sich über die Geldeingänge erkundigte und die eingangenen Beträge abzuheben beabsichtigte, nachdem die abgesondert verfolgten Mittäter der kriminellen Organisation zunächst Originalbelege von Tageslosungseinzahlungen aus den Einwurfbehältern der Banken entwendet, die darauf befindlichen Auftraggeberdaten auf Blankozahlungsbelege übertragen und als Empfänger anstelle der Berechtigten die jeweiligen mit den von ihm unter gefälschten Namen eröffneten Konten korrespondierenden Datensätze eingetragen und die gefälschten Einzahlungsbelege wieder in die Einwurfsbehälter der Banken eingeworfen hatten, und zwar

1. in der Zeit zwischen 21. September 2004 und 23. September 2004 Berechtigte der B*****, zur Überweisung eines Betrages von 9.455,66 Euro vom Konto der Firma P***** auf das von ihm unter falschen Namen 'Noriau Jean-Luc Charles Roger' am 14. September 2004 in der Filiale der B***** eröffnete Sparbuch, durch die missbräuchliche Verwendung eines (nachgemachten und gefälschten) Überweisungsbeleges der Firma P*****,

2. in der Zeit zwischen 15. September 2004 und 27. September 2004 Berechtigte der B***** zur Überweisung eines Betrages von 15.250,14 Euro vom Konto der Firma K***** GesmbH auf das von ihm am 15. September 2004 in der BA***** unter dem falschen Namen 'Laritranel Alexandre Paul Andre' eröffnete Konto durch die missbräuchliche Verwendung des (nachgemachten und gefälschten) Überweisungsbeleges der Firma K***** GesmbH,

3. in der Zeit zwischen 16. September 2004 bis 24. September 2004 Berechtigte der B***** zur Überweisung eines Betrages von 9.657,67 Euro vom Konto der Firma Gö***** GesmbH auf das von ihm am 16. September 2004 in der B***** unter dem falschen Namen 'Paul Luc Adore Bisbonis' durch Verwendung eines (nachgemachten und gefälschten) Überweisungsbeleges der Firma Gö***** GesmbH,

4. in der Zeit zwischen 20. September 2004 und 24. September 2004 Berechtigte der B***** zur Überweisung eines Betrages von 10.150,45 Euro vom Konto der Firma Mo***** auf das von ihm am 15. September 2004 in der BA***** unter dem falschen Namen „Paul Luc Adore Bisbonis" eröffnete Konto durch Verwendung eines (nachgemachten und gefälschten) Überweisungsbeleges der Firma Mo*****".

Rechtliche Beurteilung

Vorerst ist klarzustellen, dass den nicht sachgerecht nach rechtlichen Gesichtspunkten differenzierenden Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils mit hinreichender Deutlichkeit folgende entscheidungswesentliche Feststellungen der zu B) genannten Taten entnommen werden können:

Zwei als Paul W***** und Maurice M***** bezeichnete Personen hatten in Aussicht genommen, vermittels gefälschter Aufträge Bankangestellte zur Überweisung von insgesamt 44.513,92 Euro von den Geschäftskonten der Firmen P*****, K***** GesmbH, Gö***** GesmbH und Mo***** bei der B***** auf Konten oder Sparbücher in ihrem Einflussbereich zu veranlassen.

Zur Hilfeleistung durch Eröffnung der Empfängerkonten oder -sparbücher und Behebung der Geldbeträge erklärte sich der Angeklagte den beiden gegenüber mit dem Willen bereit, dass durch die in Aussicht genommene Täuschung über die Tatsache derartiger gefälschter Überweisungsaufträge die B***** oder die genannten Firmen an ihrem Vermögen im angeführten (Gesamt-)Betrag geschädigt werden und bestärkte sie solcherart in ihrem Tatentschluss. Er handelte dabei zudem mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der getäuschten Bankangestellten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch wiederkehrenden schweren Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Da sich die Bankangestellten nachfolgend jedoch nicht täuschen ließen, misslangen die Betrugstaten.

Von diesen Feststellungen ausgehend, hätte der Angeklagte einen sonstigen Beitrag zum Verbrechen des versuchten gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 12 dritter Fall, 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB, nicht aber unmittelbare Täterschaft zu verantworten, weil er keine dem Wortlaut des Tatbestandes entsprechende Ausführungshandlung gesetzt hat (Fabrizy in WK2 § 12 Rz 18).

Unter dem Aspekt der Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO kommt der verfehlten Annahme von unmittelbarer Täterschaft statt eines sonstigen Tatbeitrags jedoch keine Bedeutung zu (Fabrizy in WK2 § 12 Rz 119 ff; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398, 464; Fuchs AT I5 36/1 ff). Der aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen, gegen den zu A) ergangenen Schuldspruch sowie die Subsumtion der zu

B) genannten Taten auch nach § 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 sowie § 148

zweiter Fall StGB gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu.

Zutreffend weist nämlich die Mängelrüge (Z 5 erster und vierter Fall) darauf hin, dass sich die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes darauf beschränkt, der bloß die vorstehend beschriebene Mitwirkung an angeblich (auch hinsichtlich des Schadensbetrages) nicht näher bekannten Betrügereien einräumenden Aussage des Beschwerdeführers pauschal „Erhebungen der Sicherheitsbehörden und des Vorverfahrens" entgegenzustellen, ohne diese konkret zu benennen und sich beweiswürdigend damit auseinanderzusetzen (vgl US 11 f). So bleibt der die Schadenshöhe, die Verwendung falscher Urkunden und die Ausrichtung des zu A) angenommenen Zusammenschlusses „auf längere Zeit" (demnach jedenfalls auf mehrere Wochen; vgl Steininger in WK2 § 278a Rz 5) betreffende Vorsatz unbegründet. Jedenfalls aber wird nicht deutlich, auf welche Tatumstände sich die dazu getroffenen Feststellungen stützen.

Was die Annahme einer auf fortlaufende Gewinnung von Einnahmen gerichteten Absicht des Angeklagten und des diesem angesonnenen Ziels, schweren Betrug (§ 147 StGB) wiederkehrend zu begehen (dazu instruktiv: Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 148 Rz 11), anlangt, wird zum Einen nicht klargestellt, welche Aspekte der „gewählten Vorgangsweise" nach Ansicht der Tatrichter die gezogene Schlussfolgerung untermauern, zum Anderen auf die - ihrerseits unbegründet gebliebene - Erfüllung des zu A) angenommenen Tatbestandsmerkmals eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses verwiesen. Gestützt auf die verbleibende Tatsache „mehrfacher Angriffe" allein aber erweisen sich auch diese Feststellungen als offenbar unzureichend begründet. Der Erfolg der Mängelrüge führt schon bei der nichtöffentlichen Beratung zur Aufhebung des Urteils im aufgezeigten Umfang samt Anordnung einer neuen Hauptverhandlung und Verweisung der Sache an das Erstgericht (§§ 285e erster Satz, 288 Abs 2 Z 1 StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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