OGH 13Os23/97

OGH13Os23/979.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Ebner, Dr.Rouschal und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Miljevic als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Andreas Heinrich N***** wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach §§ 12 dritter Fall, 217 Abs 1 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 18. Dezember 1996, GZ 8 Vr 184/96-73, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Wasserbauer, des Angeklagten Andreas Heinrich N***** und des Verteidigers Dr.Peter Lechenauer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens des Menschenhandels (1) und des Vergehens der Freiheitsentziehung (4) und demnach auch im Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Andreas Heinrich N***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in Webersdorf

a) von Dezember 1994 bis 20.Jänner 1995 im "Club Romantica" dadurch, daß er "den Eintritt in dieses Bordell kassierte und bei der Aufrechterhaltung des Bordellbetriebes mitwirkte", dazu beigetragen, daß Eva Zsuzsanna Sz***** und Istvanne S***** der Unzucht in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besaßen, durch die Betreiber des Bordells zugeführt wurden und

b) am 20.Jänner 1995 dadurch, daß er die Gendarmeriebeamten Rev.Insp.H***** und Insp.E***** daran hinderte, den "Club Romantica" zu verlassen und den Schlüssel für die Haustüre nicht herausgab, diese widerrechtlich gefangen gehalten,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für die ihm nach dem verbleibenden Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen wird er nach dem ersten Strafsatz des § 269 Abs 1 StGB in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 (vier) Monaten verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Es fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Neben der aus dem Spruch ersichtlichen anklagekonformen Verurteilung wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach §§ 12 dritter Fall, 217 Abs 1 erster Fall StGB (1) sowie des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (4) wurde Andreas Heinrich N***** mit dem angefochtenen Urteil der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 (erster Strafsatz) StGB (2) und der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB (3) schuldig erkannt, weil er

in Webersdorf

2) am 20.Jänner 1995 dadurch, daß er gegen die Gendarmeriebeamten Rev.Insp.Wilhelm H***** und Insp.Klaus E*****, die im Begriff waren, ihn festzunehmen und ihm den Schlüssel für die Haustüre des "Club Romantica" abzunehmen, mit Händen und Füßen trat, diese mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versuchte und

3) durch die zu 2) beschriebene Tathandlung die Gendarmeriebeamten Rev.Insp.Wilhelm H***** durch eine Prellung des Brustkorbes und Quetschungen an der linken Hand und Insp.Klaus E***** durch Prellungen am Rücken fahrlässig am Körper verletzte.

Gegenstand der vom Angeklagten aus Z 5, 5 a und 9 (zu ergänzen: lit a) des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde sind 1, 2 und 4 des Schuldspruches. Dem Rechtsmittel kommt teilweise Berechtigung zu.

Der in der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur teils wiederholten, teils durch unzulässige Neuerungen ergänzten Tatsachenrüge (Z 5 a) zum Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt mangelt es an einem aktenmäßigen Bezug, womit die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit nicht an den Verfahrensvorschriften ausgerichtet ist.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend weist demgegenüber die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Verbrechen des Menschenhandels darauf hin, daß Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) nur bis zum Beginn der gewerbsmäßigen Unzucht geleistet werden kann, weil § 217 Abs 1 erster Fall StGB in diesem Zeitpunkt vollendet ist (Leukauf-Steininger Komm3 § 12 RN 48, § 217 RN 6 a). Weil aber die Tätigkeit des Angeklagten nur darin bestand, nach diesem Zeitpunkt die Eintrittsgelder in den "Club Romantica" zu kassieren und "bei der Aufrechterhaltung des Bordellbetriebes" mitzuwirken, andere Feststellungen indes nach der Aktenlage keinesfalls zu erwarten sind, war er von der Anklage wegen Menschenhandels schon deshalb sogleich freizusprechen.

Ein gleiches gilt für jene wegen Freiheitsentziehung, weil es den beiden Gendarmeriebeamten (nach der Gesamtheit der tatsächlichen Urteilsgründe) möglich gewesen wäre, das Haus durch ein (ebenerdig gelegenes) Küchenfenster gefahrlos zu verlassen (Leukauf-Steininger Komm3 § 99 RN 5 a; Mayerhofer-Rieder StGB4 § 99 E 1 b), was der Beschwerdeführer (wenngleich nominell verfehlt als Mängelrüge) im Ergebnis rechtsrichtig darlegt.

Bei der damit notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe für die dem Angeklagten weiterhin zur Last liegenden Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und der fahrlässigen Körperverletzung waren zehn einschlägige Vorstrafen und das Zusammentreffen zweier gegen jeweils zwei Tatopfer gerichteter strafbarer Handlungen als erschwerend, der Umstand, daß der Widerstand gegen die Staatsgewalt beim Versuch geblieben ist, aber als mildernd zu berücksichtigen.

Die über viele Jahre hinweg manifestierte kriminelle Neigung des Angeklagten bedarf einer fühlbaren, schon aus spezialpräventiven Gründen nicht durch eine Geldstrafe zu ersetzenden Freiheitsstrafe, deren bedingte Nachsicht schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil Andreas Heinrich N***** bislang weder durch derartige Maßnahmen noch durch den Vollzug unbedingter Freiheitsstrafen zu rechtstreuem Verhalten bewegt werden konnte.

Mit seiner Berufung war er auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenersatzpflicht gründet auf § 390 a StPO.

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