Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Im zweiten Rechtsgang wurde der am 6.Jänner 1943 geborene, beschäftigungslos gewesene Albert A (abermals) des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 und 2 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er vom 20.April 1982 bis 15.Februar 1984 in Wien für seine ehelichen Kinder Albert A, geboren am 24.August 1966, Erwin A, geboren am 23.Oktober 1967, Christian A, geboren am 8.April 1969, Monika A, geboren am 11.Juni 1970, und Helmut A, geboren am 26.März 1972, keine Unterhaltszahlungen geleistet. Innnerhalb dieses Zeitraums stand er lediglich vom 28.April bis 4.Juni 1982 in einem geregelten Dienstverhältnis (S. 197);
sonst war er arbeitslos und bezog vom Sozialreferat für den 3. Bezirk Geldaushilfen (S. 196, 197), in denen jeweils 1.500 S monatlich für die Miete enthalten waren. Laut Urteilsannahme hätte A bei gutem Willen entsprechende Beschäftigungen finden und ausüben können. Er war jedoch gar nicht willens, seiner Unterhaltspflicht nachzukommen, und betrachtete die Versorgung seiner Kinder als Angelegenheit der öffentlichen Fürsorge. Demnach unterließ er es vorsätzlich, sich auf dem freien Arbeitsmarkt um eine Beschäftigung umzusehen und einem Erwerb nachzugehen, der ihm die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht ermöglicht hätte. Zudem wäre es ihm zumutbar gewesen, aus den Sozialhilfebeträgen wenigstens zum Teil seiner Unterhaltspflicht nachzukommen, zumal er aus diesen Einkünften auch zum Unterhalt seiner Lebensgefährtin beitrug und anderseits von ihr Zuwendungen (aus Unterstützungen von Bekannten) erhielt.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Als Verfahrensmangel wird die Abweisung des Antrags gerügt, eine Auskunft des Bundesministeriums für soziale Verwaltung darüber einzuholen, daß 1982 beim Arbeitsamt in der Sparte Baugewerbe durchschnittlich 20.000 Personen im Monat als arbeitssuchend gemeldet gewesen seien und auch in den Monaten April bis Juni 1982 keine Vollbeschäftigung gegeben gewesen sei (S. 189). Zu Recht erachtete das Gericht dieses Beweisthema als unerheblich (S. 190, 201 f.).
Schließt doch, wie vom Schöffensenat auf Grund der Gutachten zweier Sachverständiger für Berufskunde als erwiesen angenommen wurde, die Tatsache, daß beim Arbeitsamt Bau-Holz Arbeitssuchende gemeldet waren, nicht aus, daß der Angeklagte auf dem freien Arbeitsmarkt eine entsprechende Beschäftigung hätte finden können, auf Grund welcher er zudem einen Anspruch auf spätere Arbeitslosenunterstützung erworben hätte (S. 77, 169 ff., 200 f.). Soweit sich die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf eine vom Verteidiger nach der Urteilsfällung in erster Instanz eingeholte Auskunft des Bundesministeriums für soziale Verwaltung beruft, genügt ein Hinweis auf das im Nichtigkeitsverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 288 Abs 2 Z. 3 StPO).
Auch die Mängelrüge erweist sich als nicht zielführend. In den Urteilsgründen werden unter Heranziehung aller wesentlichen Verfahrensergebnisse die Erwägungen dargetan, wonach der Angeklagte in der Lage gewesen wäre, eine Beschäftigung zu erlangen und auszuüben, die ihm die Erfüllung seiner Unterhaltspflichten ermöglicht hätte, daß er dies aber unterlassen hat, weil er gar keine Unterhaltsleistungen erbringen wollte. Die vom Beschwerdeführer dagegen ins Treffen geführten Argumente stellen bloß einen unbeachtlichen Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung dar.
Unter § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 lit a StPO wird schließlich die Frage aufgeworfen, ob der Angeklagte mit den ihm aus der Sozialhilfe zur Verfügung gestandenen Mitteln fähig gewesen wäre, zumindest teilweise Unterhaltszahlungen zu leisten, ob also schon die Unterlassung der Entrichtung solcher Zahlungen den Vorwurf der gröblichen Pflichtverletzung begründet.
Richtig ist zwar, daß ein Unterhaltspflichtiger, dem es an seinem eigenen notwendigen Unterhalt gebricht, mangels Leistungsfähigkeit den Tatbestand des § 198 Abs 1 StGB nicht erfüllen kann (Pallin im WK, Rz 24, 29 und 30 zu § 198 StGB, 13 Os 163/84, LSK. 1985/10). Wie der Beschwerdeführer aber selbst einräumt, kann diese Frage immer nur nach den individuellen Verhältnissen beurteilt werden. Gegenständlichenfalls bestritt der Angeklagte nach seiner eigenen Darstellung (S. 166, 189) Ausgaben für seine Lebensgefährtin, die gegen ihn keinen Unterhaltsanspruch hat; zum anderen trug die Lebensgefährtin ihrerseits aus Zuwendungen Dritter zum Unterhalt des Angeklagten bei. Die dem letzteren zur Verfügung gestandenen Mittel hätten darnach ausgereicht, die Unterhaltspflicht wenigstens teilweise auch dann zu erfüllen, wenn der Rechtsmittelwerber keine Arbeit gefunden hätte (Urteilssachverhalt S. 203). Wenn auf dieser Tatsachengrundlage auch insoweit eine gröbliche Unterhaltspflichtverletzung bejaht wurde, ist hierin ein Rechtsirrtum nicht zu erblicken.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Neben dem den Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde bildenden Schuldspruch war Albert A schon im ersten Rechtsgang (Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 28.Mai 1984, ON 41) rechtskräftig des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB schuldig erkannt worden: Darnach hat er am 16. Februar 1984 in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Hermann B als Diebsgenossen verschiedene (im Ersturteil einzeln aufgezählte) Geräte und Spirituosen (in einem 5.000 S übersteigenden Wert) dem Walter C gestohlen, nachdem er in dessen Wohnhaus nach Aufbrechen der Eingangstür eingedrungen war. Für beide Schuldsprüche wurde der Angeklagte nunmehr nach § 28, 129 StGB zu fünfzehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Dabei waren erschwerend die Vielzahl (sowohl zur Unterhaltsverletzung wie zum Diebstahl) einschlägiger Vorstrafen, die Verletzung des Unterhalts gegenüber fünf Kindern, der lange Deliktszeitraum, die mehrfache Qualifikation des Diebstahls (Einbruch und Gesellschaft) und das Zusammentreffen zweier Straftaten, mildernd waren hingegen das Teilgeständnis und die objektive Schadensgutmachung.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Reduzierung des Strafmaßes an: Es sei unberücksichtigt geblieben, daß er zur Zeit des Einbruchsdiebstahls alkoholisiert gewesen sei und die diesbezüglich einschlägige Vorstrafe (als ob es nur um die Alkoholisierung ginge!) schon mehrere Jahre zurückliege. Bei der Unterhaltsverletzung sei es verfehlt gewesen, den langen Deliktszeitraum in Anschlag zu bringen, weil es ihm selbst bei Anspannung aller Kräfte nicht möglich gewesen wäre, diese ganze Zeit über einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Auch der Berufung bleibt ein Erfolg versagt.
Das außergewöhnlich getrübte Vorleben des Angeklagten allein steht, ungeachtet aller anderen Argumente, einer Mäßigung der deutlich im unteren Bereich des von sechs Monaten bis zu fünf Jahren reichenden Strafsatzes (§ 129 StGB) geschöpften Strafe entgegen: Hat doch der Angeklagte bisher nicht weniger als 24, zum Teil empfindliche Vorstrafen erlitten, ohne daß er gebessert worden wäre.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)