OGH 13Os21/03

OGH13Os21/0330.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Philipp, Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Reichel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Karl B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. November 2002, GZ 123 Hv 121/02v-50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Schuldsprüche der Angeklagten Alfred W***** und Herbert B***** enthaltenden Urteil wurde Karl B***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 7. August 2002 in Wien in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit Alfred W***** und Herbert B***** als Mittäter dadurch, dass Karl B***** und Herbert B***** den Allessandro R***** festhielten, ihm Stöße versetzten und ihn umringten, während zumindest Alfred W***** auf ihn einschlug und ihm Fußtritte versetzte, mit Gewalt gegen eine Person dem Allessandro R***** ein Mobiltelefon der Marke Nokia mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen hat.

Rechtliche Beurteilung

Der auf Z 5 und 9 lit a, nominell auch auf Z 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen waren Karl B***** und Allessandro R***** am Abend des 7. August 2002 in Wien gemeinsam in einem Lokal, von wo sie gegen Mitternacht gemeinsam aufbrachen. Auf der Straße begegneten sie Alfred W***** und Herbert B*****. W***** beschuldigte R***** fälschlich, sein Handy beschädigt zu haben, und bestand auf Ersatz. Da R***** den Vorwurf bestritt, kam es in Gegenwart von B***** und B***** zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden, in deren Zuge Alfred W***** auf Allessandro R***** einschlug und trat. Karl B***** und Herbert B***** nahmen den Genannten auf beiden Seiten und drückten ihn rücklings gegen eine Hauswand. Einer der beiden hakte sich dabei mit seinem rechten Bein in einem Bein des Opfers ein. Nun begann W***** wiederum auf den so Fixierten einzuschlagen und zu treten. Von B***** oder B***** wurde R***** neuerlich mit dem erhobenen Vorwurf konfrontiert, den er wieder bestritt. Die Angeklagten ließen nun ihr Opfer los, gingen ihm aber nach, umringten es und wiederholten ihren Vorwurf, den es abermals bestritt. Daraufhin attackierte W***** R***** neuerlich. B***** und B***** standen dabei zunächst daneben, wobei B***** versuchte, W***** zu beruhigen und von weiteren Attacken abzuhalten, und entfernten sich dann, um neuerlich zurückzukehren und den Vorwurf zu wiederholen, wobei sie R***** aufforderten, den Schaden zu bezahlen. W***** drohte damit, dass er ihn umbringen werde, sollte er nicht bezahlen.

Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Zuge der Auseinandersetzung entnahm zumindest einer der Angeklagten das Handy des R***** aus dessen um die Hüfte getragener Tasche. W***** nahm es an sich, das Opfer blieb verletzt zurück.

Die Angeklagten handelten den Feststellungen zufolge „dabei" in der Absicht, Allessandro R***** unmittelbar zur Erbringung einer dem Wert eines Mobiltelefons adäquaten Vermögensleistung zu nötigen, wobei Alfred W***** wusste und Karl B***** und Herbert B***** zumindest ernstlich für möglich hielten, dass der von W***** gegenüber R***** erhobene Vorwurf nicht den Tatsachen entsprach und somit kein von der Rechtsordnung gebilligter Grund für eine diesem abgenötigte Leistung bestand. Trotzdem unterstützen sie W***** bei seinem Vorgehen und waren sohin auch hinzunehmen gewillt, dass dieser ungerechtfertigt Vermögenswerte des Tatopfers erlangte (US 5 f).

In der Beweiswürdigung wurde zur Aussage einer Zeugin, die laut Urteil "angab, dass am ehesten der Zweitangeklagte (Karl B*****) gewillt war, dem Opfer zu helfen, ohne aber im Übrigen von ihrer Schilderung insbesondere betreffend die Fixierung an der Wand abzuweichen", ausgeführt, daraus lasse sich lebensnah erschließen, dass B***** "ab einem bestimmten Zeitpunkt eine weitere Gewaltanwendung nicht mehr billigte" (US 7 f).

Entgegen dem nominell aus Z 5a (inhaltlich Z 5) erstatteten Vorbringen sind die Feststellungen zur äußeren und zur inneren Tatseite (US 5 f) keineswegs "unzureichend" begründet. Offenbar unzureichend (§ 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO) ist eine Begründung, die Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (Ratz, WKStPO § 281 Rz 444). Ein solcher Fehler wird der Sache nach nicht geltend gemacht. Mit der Behauptung, „eine möglichst genaue zeitliche und örtliche Zuordnung" an Hand von Aussagen der genannten Zeugin wäre "für die Frage der inneren Tatseite relevant gewesen", wird auch kein anderer Begründungsmangel deutlich und bestimmt bezeichnet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Ebenso wenig blieb "unbegründet" (Z 5 vierter Fall), "warum das Gericht von vorsätzlichem Handeln ausging". In die Erwägungen der Tatrichter wurde der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, dass dem Opfer ein „für die wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten nicht unerheblicher" Bargeldbetrag belassen wurde, ohnedies einbezogen (US 8), weshalb auch von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) keine Rede sein kann. Eine Undeutlichkeit der Begründung (Z 5 erster Fall) ist entgegen dem Beschwerdevorbringen, das inhaltlich eine Beweiswürdigungskritik nach Art einer zur Anfechtung kollegialgerichtlicher Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung darstellt, nicht auszumachen.

Die Urteilsannahmen, dass zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Zuge der Auseinandersetzung zumindest einer der Angeklagten das Handy des Opfers aus Tasche entnahm und dass Karl B***** ab einem bestimmten Zeitpunkt eine weitere Gewaltanwendung nicht mehr billigte, lassen zwar offen, ob die Willensbeschreibung die Phase vor oder jene nach Entnahme des Mobiltelefons betrifft. Diese Urteilsaussage zur inneren Tatseite ist jedoch der Beschwerde (Z 5 dritter Fall) zuwider mit der schon zitierten Feststellung der ursprünglichen Absicht nach den Denkgesetzen nicht unvereinbar. Auch eine Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) in Ansehung entscheidender Tatsachen liegt nicht vor. Die Strafbarkeit von Mittätern (§ 12 erster Fall StGB) wegen Deliktsvollendung - wobei Unterschiede im Vorsatz oder in anderen Merkmalen bei jedem Täter zu einem anderen Delikt führen können (§ 13 StGB, Fabrizy in WK² § 13 Rz 4) - beruht bei durch aktives Tun begangenen Erfolgsdelikten in tatsächlicher Hinsicht auch auf der Kausalität ihres Verhaltens für den deliktischen Erfolg. Diese Ursächlichkeit kommt jedenfalls in der Feststellung eines (bewussten und gewollten) Zusammenwirkens der unmittelbaren Täter zum Ausdruck (vgl Fabrizy in WK² § 12 Rz 26 mwN, Leukauf/Steininger, Komm³ § 12 Rz 20 ff, Kienapfel, AT II10 E 3 Rz 10, Fuchs AT I5 270 f; in diesem Sinn schon SSt 19/175 [mit missverständlichem Leitsatz]). Bei mehraktigen Delikten wie Raub ist jeder Beteiligte Mittäter, der einen der Teilakte unmittelbar ausführt (Fabrizy aaO Rz 32 mwN, Kienapfel aaO Rz 13; von einem anderen dogmatischen Konzept zum Versuchsbeginn ausgehend aM Fuchs aaO 272). Wenn sich jedoch in Ansehung eines Täters aus den im Urteil getroffenen Feststellungen kein für den Eintritt des Erfolges oder - bei Dauerdelikten - für dessen Aufrechterhaltung ursächliches Verhalten (also auch keine im Erfolg wirksam gewordene Einflussnahme) ergibt, kann ihm auf dieser Tatsachengrundlage Vollendung des Deliktes nicht angelastet werden (vgl Hager/Massauer in WK² §§ 15, 16 Rz 165-167; vgl 10 Os 39/87, 13 Os 24, 25/95). Im vorliegenden Fall ist den durch die zusammenfassende Sachverhaltsbeschreibung im Urteilspruch verdeutlichten Feststellungen (Ratz, WKStPO § 281 Rz 14, 271, 419) klar genug zu entnehmen, dass auch das anfängliche, von einem den Merkmalen des § 142 Abs 1 StGB entsprechenden Willen getragene Verhalten des Karl B***** für die Raubvollendung ursächlich war. Von all dem geht aber die Mängelrüge nicht aus. In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) wird ohne Ableitung aus dem Gesetz ein Freispruch des Angeklagten mit dem auf ihn bezogenen, nicht schlüssigen Vorbringen angestrebt, dass "bei Billigung der Gewaltanwendung die subjektive Tatseite nicht gegeben ist". Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 1 und 2, 285a Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

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