OGH 13Os20/91

OGH13Os20/9117.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.April 1991 durch den Senatpräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann K***** und andere wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148, zweiter Fall, StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels am 22. Oktober 1987, GZ 13 Vr 2175/85-52, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Angeklagten Manfred Christoph P*****, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Johann K***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 22.Oktober 1987, GZ 13 Vr 2175/85-52, verletzt im Schuldspruch der Angeklagten Johann K***** und Manfred Christoph P***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148, zweiter Fall, StGB das Gesetz in diesen Bestimmungen in Verbindung mit dem § 11 des GeflügelwirtschaftsG 1969, BGBl. 135).

Dieses Urteil, das im Freispruch des Angeklagten Wolfgang Oskar G***** unberührt bleibt, wird im übrigen aufgehoben und es wird gemäß den §§ 288 Abs. 2 Z 3, 292 StPO in der Sache selbst erkannt:

Johann K***** und Manfred Christoph P***** werden von der Anklage, sie haben im Zeitraum Ende 1983 bis Dezember 1985 in Steinhaus, Freistadt, Wien und anderen Orten Österreichs im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem Vorsatz durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Beamte des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft durch Täuschung über Tatsachen, nämlich Vorlage falscher Fakturen mit erhöhten Einkaufspreisen für geschlachtete Hühner und Hühnerteile, welche von den Firmen T***** und E***** GesmbH aus Jugoslawien importiert wurden, zur Unterlassung der Verrechnung des auf dem tatsächlichen Einkaufspreis beruhenden Importausgleiches verleitet, wodurch die Republik Österreich in einem 100.000 S übersteigenden Betrag, nämlich in bezug auf die Firma T***** einem solchen von mindestens 1,1 Millionen S und in bezug auf die Firma E***** GesmbH in Höhe von mindestens 590.000 S am Vermögen geschädigt wurde, wobei sie zur Täuschung eine falsche Urkunde, nämlich eine selbst angefertigte Rechnung mit den gefälschten Preisen verwendeten und sie die Taten in der Absicht begingen, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sie haben hiedurch das Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148, zweiter Fall, StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Mit dem am gleichen Tag in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 22.Oktober 1987, GZ 13 Vr 2175/85-52, das auch einen Freispruch des Angeklagten Wolfgang Oskar G***** enthält, wurden Johann K***** und Manfred Christoph P***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie im Zeitraum Ende 1983 bis Dezember 1985 in Steinhaus, Wien und anderen Orten Österreichs mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Beamte des Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft durch Täuschung über Tatsachen, nämlich Vorlage falscher Fakturen mit erhöhten Einkaufspreisen für geschlachtete Hühner und Hühnerteile, welche aus Jugoslawien importiert wurden, zur Unterlassung der Verrechnung des auf dem tatsächlichen Einkaufspreis beruhenden Importausgleiches verleitet, wodurch die Republik Österreich in einem 100.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurde, wobei zur Täuschung eine falsche Urkunde, nämlich eine selbst angefertigte Rechnung mit den gefälschten Preisen, verwendet und die Tathandlungen in der Absicht begangen wurden, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar Johann K***** und Manfred Christoph P***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken in bezug auf Importe der Firma E***** GesmbH Importausgleiche von mindestens 530.000 S (I) und Johann K***** darüber hinaus allein in bezug auf Importe der Firma T***** Importausgleiche im Betrag von mindestens 2,930.000 S (II).

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen importierte die Firma T***** seit Ende 1983 vorerst im Zusammenwirken mit der Firma E***** GesmbH und ab 1984 direkt geschlachtete Hühner und Hühnerteile aus Jugoslawien nach Österreich. Auf Grund des Bundesgesetzes vom 27.März 1969, BGBl. 135, über die Einhebung eines Importausgleiches bei der Einfuhr von Erzeugnissen der Geflügelwirtschaft (Geflügelwirtschaftsgesetz) idF

BGBl. 1979/133, wurde diesen Firmen vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft jeweils durch Bescheid der zu entrichtende Importausgleich vorgeschrieben. Die Angeklagten kamen überein, durch Vorlage überhöhter Rechnungen an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft eine Verringerung des Importausgleichs herbeizuführen. Unter Einschaltung der Firma E***** wurden dem genannten Bundesministerium tatsächlich jeweils überhöhte Rechnungen dieser Firma vorgelegt. Dadurch wurde der Importausgleich um mindestens 530.000 S verkürzt, wodurch einerseits die Firma T***** und andererseits die Firma E***** GesmbH bereichert wurden. In der Folge setzte Johann K***** diese Vorgangsweise für die Firma T***** fort und bewirkte nach Herstellung unrichtiger Rechnungen und Vernichtung der bezüglichen Originalrechnungen eine weitere Verkürzung des Importausgleichs um mindestens 2,390.000 S.

Rechtliche Beurteilung

Das erwähnte Urteil verletzt - wie die Generalprokuratur in der zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde mit Recht aufzeigt - das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, 148, zweiter Fall, StGB in Verbindung mit dem (zur Tatzeit in Kraft gestandenen) § 11 des Bundesgesetzes vom 27. März 1969, BGBl. 135 (GeflügelwirtschaftsG). Wie nämlich der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 6.November 1990, GZ 14 Os 93/90-10, bereits in einer anderen Strafsache erkannte, war der erwähnte § 11 BGBl. 1969/135 als abschließende Strafbarkeitsregelung bei Verkürzung des in diesem Gesetz vorgeschriebenen Importsausgleichs gedacht, derzufolge sämtliche abgabenrechtlichen Verstöße beim Import von Erzeugnissen der Geflügelwirtschaft aus der gerichtlichen Strafkompetenz verwiesen werden sollten.

Diese mit Ablauf des 31.Dezember 1988 außer Kraft getretene Verwaltungsstrafbestimmung stellte bei vorsätzlicher Begehung gegenüber dem Betrugstatbestand die speziellere Norm dar, welche alle hier in Betracht kommenden vorsätzlichen (und fahrlässigen) Hinterziehungshandlungen pönalisierte und für vorsätzliche Tatbegehung sowie bei wiederholter Bestrafung eine strengere Strafe vorsah (Abs. 2). Soweit der Täter vorsätzlich einer der Ermittlung des Importausgleichs dienenden Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht zuwiderhandelte (§ 11 Abs. 1 leg. cit.), war mit seiner Handlungsweise denknotwendig eine Täuschung des Zollorgans und (oder) von Organen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft als der den Ausgleichsbetrag festsetzenden Behörde verbunden, derzufolge ein niedrigerer Importausgleich, als es den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen hätte, festgesetzt wurde und eine Verkürzung zum Vorteil des Abgabenpflichtigen und zum Schaden der Republik Österreich eintrat. In einem solchen Fall einer lex specialis bleibt - anders als bei einem subsidiären Tatbestand - die Ahndung von Gesetzesverstößen allein der zur Handhabung der bezüglichen Vorschriften zuständigen Verwaltungsbehörde vorbehalten. Entgegen der Rechtsmeinung des Oberlandesgerichtes Linz in der Entscheidung über die von K***** und P***** erhobenen Einsprüche gegen die Anklageschrift (ON 44) kommt eine kumulative Bestrafung sowohl nach dem Verwaltungstatbestand als auch nach §§ 147 ff StGB nicht in Betracht, wenn - wie vorliegend - zufolge der Spezialität Scheinkonkurrenz zwischen beiden Normen vorliegt. Kumulation ist eine Strafbemessungsvorschrift, die nicht geeignet ist, die auch für das Verhältnis zwischen verwaltungsbehördlich und gerichtlich strafbaren Tatbeständen anzuwendenden Konkurrenzregeln außer Kraft zu setzen.

Verdrängt - wie dargetan - die genannte Verwaltungsübertretung kraft Spezialität den Tatbestand des Betruges nach dem § 146 StGB, so werden davon auch dessen Qualifikationen durch den Wert und durch gewerbsmäßige Begehung erfaßt, nicht aber die nach dem § 147 Abs. 1 Z 1 StGB wegen Verwendung einer falschen (dh unechten) Urkunde. Diese Qualifikation hat nämlich ihrerseits als spezielle Norm den Tatbestand des Vergehens nach dem § 223 StGB verdrängt (ÖJZ-LSK 1980/158 uva). Eine solche Verdrängung setzt aber Strafbarkeit nach der verdrängenden Norm voraus; entfällt diese - wie hier - aus einem materiellrechtlichen Grund, so lebt die zunächst verdrängte Norm wieder auf (zB bei tätiger Reue:

EvBl. 1986/124; siehe näher bei Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl. 1978, 466).

Daraus folgt, daß die Angeklagten bei Ausschaltung des Schuldspruches wegen Betruges nunmehr des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 2 StGB schuldig erkannt werden könnten. Einem solchen Schuldspruch stünde auch nicht etwa Verjährung dieses Delikts entgegen, weil die Verjährungsfrist bei Aufhebung eines schuldigsprechenden Urteiles erst ex nunc weiterzulaufen beginnt (EvBl. 1980/196).

Die Urteilsfeststellungen bieten aber entgegen dem Schuldspruch, bei dem der Hinweis des Oberlandesgerichtes Linz in ON 44 unbeachtet blieb, keine Grundlage für das Vorliegen des genannten Tatbestandes. Im Urteilsfaktum I ist überhaupt nur

von - gefälligkeitshalber - seitens der Firma E***** überhöht, also unrichtig ausgestellten, aber weder ge- noch verfälschten Rechnungen die Rede. Zu dem nur den Angeklagten K***** betreffenden Faktum II hat zwar dieser die Rechnungen auf ihm von der Firma E***** zur Verfügung gestellten Blankoformularen selbst unrichtig hergestellt; es mangelt aber an Feststellungen, die einen Schuldspruch wegen Urkundenfälschung zu tragen vermögen. Eine Erneuerung des Verfahrens in dieser Richtung ist nach der Aktenlage aber nicht zielführend, weil sich aus den Beilagen 16, 18, 20 und 22 zu ON 23 ergibt, daß die Blankorechnungen auch von der Firma E***** firmenmäßig gezeichnet waren, die Tathandlung des Angeklagten K***** sich somit auf das Einsetzen des (überhöhten) Rechnungsbetrages beschränkte, und überdies Anhaltspunkte dafür, daß die Blankettfälschungen gegen den Willen des Ausstellers (vgl. Leukauf-Steininger, Komm.2, RN 27 zu § 223) vorgenommen wurden, fehlen.

Mithin war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

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