OGH 13Os2/06b

OGH13Os2/06b15.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Februar 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Roswitha S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 8. November 2005, GZ 10 Hv 179/05k-11, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen. Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Angeklagte Roswitha S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer teilweise bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

Aus dem ungerügt gebliebenen Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich, dass die Angeklagte nach Verkündung des Urteils und Rechtsmittelbelehrung durch den Vorsitzenden in Anwesenheit ihres Verteidigers erklärte, „das Urteil unter Rechtsmittelverzicht anzunehmen" (S 187).

Innerhalb der in §§ 284 Abs 1, 294 Abs 1 StPO vorgesehenen (dreitägigen) Frist meldete Roswitha S***** durch ihren ausgewiesenen Verteidiger „gegen das in der Verhandlung vom 8. November 2005 gefasste Urteil Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe" an (ON 12). Nach Zustellung der Urteilsausfertigung an den Verteidiger führte dieser die Nichtigkeitsbeschwerde und die Strafberufung fristgemäß aus (ON 13).

Ohne die Ausdrücklichkeit des Rechtsmittelverzichtes in Abrede zu stellen bestreitet die Angeklagte eingangs der Rechtsmittelschrift dessen Wirksamkeit mit dem Argument, die Erklärung sei trotz Verteidigerzwanges nicht vom Verteidiger, sondern von Roswitha S***** selbst einerseits in einem - nicht näher präzisierten - „seelischen Ausnahmezustand" und andererseits ohne vorherige Besprechung mit dem Verteidiger abgegeben worden.

Rechtliche Beurteilung

Ein nach Urteilsverkündung in Anwesenheit des Verteidigers von einem prozessfähigen (zum Begriff: 14 Os 17/03 = SSt 2003/10 = EvBl 2003/126) Angeklagten erklärter Rechtsmittelverzicht ist indes unwiderruflich.

Selbst wenn dem Angeklagten eine Rechtsmittelerklärung abgefordert wird, bevor er sich mit seinem Verteidiger beraten konnte oder der Verzicht infolge verfehlter Rechtsmittelbelehrung oder vor dieser spontan erfolgt, gilt Gegenteiliges nur, wenn die Anmeldung des Rechtsmittels unmittelbar danach mit Zustimmung des Angeklagten durch den Verteidiger geschieht. Ansonsten aber kann trotz notwendiger Verteidigung eine gegenteilige Mitteilung des Verteidigers an der Wirksamkeit der vom Angeklagten abgegebenen Erklärung über Verzicht oder Zurückziehung eines angemeldeten Rechtsmittels nichts ändern (Ratz, WK-StPO § 284 Rz 8 f).

Die vom Verteidiger namens der Angeklagten angemeldeten und teilweise ausgeführten Rechtsmittel waren daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 1, 285a Z 1, 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO, Ratz, WK-StPO § 280 Rz 3).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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