OGH 13Os177/96

OGH13Os177/9611.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Dezember 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Mayrhofer, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Heißenberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142, 143 erster Satz, zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Julian M***** sowie über die Berufungen der Staatsawaltschaft und des Angeklagten Walter S***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 26. Juni 1996, GZ 5 Vr 980/95-168, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy und der Verteidiger Dr. Gregorich und Dr. Weilguni zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Walter S***** und Julian M***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch eine rechtskräftige Verurteilung eines weiteren Mitangeklagten enthaltenden) auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden Walter S***** und Julian M***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall (richtig: erster Satz zweiter Fall) StGB, Julian M***** "in Verbindung mit § 12 StGB" schuldig erkannt.

Darnach hat Walter S***** am 3.April 1995 in B***** im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter, der bei der Tat eine Waffe verwendete, aus einer Bankfiliale durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) 1,483.469 S geraubt (1.) und Julian M***** anfangs 1995 Walter S***** und dessen Mittäter dazu bestimmt, diesen Raub auszuführen und dazu beigetragen, indem er Tatort und -objekt auskundschaftete und am Tag der Tat sein Moped als Fluchtfahrzeug zur Verfügung stellte (2.).

Rechtliche Beurteilung

Julian M***** bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf § 345 Abs 1 Z 5, 6 und 10 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; indes zu Unrecht.

Die Verfahrensrüge (Z 5) releviert die Ablehnung der Vernehmung von Zeugen zum Beweis dafür, daß der Beschwerdeführer "in der Haft nie über eine Beteiligung an der Straftat gesprochen hat" (S 311, 313/III). Durch Befragen von drei in einer Justizanstalt angehalten gewesenene Personen sollte die Darstellung des Strafgefangenen Peter F***** über Tatschilderungen des Beschwerdeführers (S 325/III) widerlegt werden. Der Schwurgerichtshof lehnte die Beweisaufnahme inhaltlich mit der Begründung ab, diese drei Mithäftlinge hätten sich nicht ununterbrochen und ständig beim Beschwerdeführer aufgehalten, weshalb aus ihrer Vernehmung kein tauglicher Schluß auf das Unterbleiben der von Peter F***** bekundeten Äußerungen gezogen werden könnte (S 345, 347/III).

Gegen den Standpunkt des Schwurgerichtshofes können Beschwerdedarlegungen, die überwiegend Gründe für die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und die Unglaubwürdigkeit des Peter F***** enthalten, nicht ins Treffen geführt werden. Die Beschwerdeausführungen, daß die beantragten Zeugen sehr wohl verläßlich und tauglich die Unmöglichkeit der bezüglichen Äußerung des Beschwerdeführers bestätigen könnten, unterstellen eine realitätsferne Gegebenheit, weshalb schon der Antrag entsprechend dahin zu begründen gewesen wäre, aus welchem Grund mit einem brauchbaren Beweisergebnis zu rechnen ist. Denn eine Beweisaufnahme ist auch vor dem Geschworenengericht nur dann geboten, wenn bei gewissenhafter Prüfung der gesamten bis zur Antragstellung bestehenden Verfahrenslage ein dem Wahrspruch zugunsten des Angeklagten beeinflussendes Ergebnis erwartet werden kann (Mayerhofer/Rieder, StPO3 § 345 Z 5 E 8, 13).

Die Fragestellungsrüge (Z 6) bemängelt, daß die Hauptfrage (I./b) nicht nur anklagekonform nach Bestimmung und Beihilfe zum Raub, sondern ohne sachverhaltsmäßigen Anlaß und prozeßordnungswidrig auch auf unmittelbare Täterschaft gelautet habe.

Bei isolierter und lediglich abstrahierender Betrachtung wäre allenfalls zwar eine Deutung in dieser Richtung möglich, weil die Frage eine wenig geglückte Textgestaltung mit überflüssigem Gebrauch des mehrdeutigen Wortes "bzw" und einen an unpassender Stelle vorgenommenen Einschub "bzw Julian M*****" enthält. Die Prüfung des Fragewortlauts anhand der durch die Verfahrensergebnisse geprägten Begriffsbedeutungen unter Bedachtnahme auf darin enthaltene sowie jeweils nach Beteiligten getrennte Konkretisierungen des Täterverhaltens sowie unter Berücksichtigung der Rechtsbelehrung über das Fragenverhältnis zueinander führt jedoch zum eindeutigen Ergebnis, daß weder der Schwurgerichtshof dieser Hauptfrage eine gegenüber dem Anklagevorwurf größere Tragweite beigemessen hat noch die Geschworenen dadurch der Gefahr eines Irrtums oder der Verwechslung mit anderen Begebenheiten bei Prüfung des Umstandes ausgesetzt waren, ob der den Gegenstand der Fragestellung bildende Lebensvorgang erwiesen ist (Mayerhofer/Rieder, aaO, Z 6 E 18 a). In Wahrheit liegt somit eine lediglich semantische Unklarheit vor, aus der eine Verletzung einer der in den §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften nicht ableitbar ist.

Selbst in Verfolgung des Rechtsmittelstandpunktes könnte jedoch die Gesetzesverletzung nicht erfolgreich sein. Der Schuldspruch des Angeklagten Julian M***** erfolgte nämlich keineswegs wegen unmittelbarer Täterschaft des Raubes, sondern völlig anklagekonform wegen Bestimmungs- und Beitragstäterschaft, weshalb unzweifelhaft erkennbar ist, daß die behauptete Formverletzung auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß ausgeübt hat (§ 345 Abs 3 StPO).

Letztlich versagt auch die Tatsachenrüge (Z 10 a). Die darin unvollständig und einseitig relevierten Beweisumstände vermögen anhand der Aktenlage nicht aufzuzeigen, daß nach allgemeiner menschlicher Erfahrung bei intersubjektiver Betrachtungsweise erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen angebracht sind. Soweit zu diesem Beschwerdepunkt noch ohne weitere Substantiierung behauptet wird, der Schuldspruch gehe ausschließlich auf eine unrichtige Rechtsbelehrung zurück, gelangt der bezeichnete Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Ausführung (Mayerhofer/Rieder, aaO § 344 Nr 2 a).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Julian M***** war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verurteilte nach § 143 erster Strafsatz StGB Julian M***** zu neun und Walter S***** zu elf Jahren Freiheitsstrafe. Als erschwerend wurden dabei jeweils einschlägige Vorstrafen und die sorgfältige Tatvorbereitung, bei Walter S***** zusätzlich noch die Bestimmung des Othmar M***** (zum Verbrechen der Hehlerei) herangezogen, während als mildernd bei Julian M***** kein Umstand, bei Walter S***** dessen Geständnis gewertet wurde.

Die Berufungen der beiden Angeklagten streben jeweils Strafherabsetzung, jene der Staatsanwaltschaft bei Julian M***** eine Straferhöhung an.

Julian M***** reklamiert für sich die untergeordnete Tatbeteiligung als mildernd und bestreitet auch im Berufungsvorbringen bestimmte Tatbeitragshandlungen. Ausgehend von den im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatsachen hat er jedenfalls die unmittelbaren Täter zur Tat bestimmt und sein Moped als Fluchtfahrzeug zur Verfügung gestellt. Wenn auch der vom Erstgericht herausgestrichene Umstand der sorgfältigen Tatvorbereitung nur gemäß § 33 Abs 3 StGB im Rahmen der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung und nicht als besonderer Erschwerungsgrund zu berücksichtigen ist und der besondere Milderungsgrund nach § 34 Z 6 StGB nicht ausdrücklich im Urteil angeführt wurde, so hat das Geschworenengericht doch im Ergebnis ein der Tatschuld entsprechendes zutreffendes Strafmaß gefunden. Berücksichtigt man, daß der untergeordneten Beteiligung an der Tatausführung die Anstifterrolle entscheidend voranging und dieser Angeklagte nicht nur einschlägig vorbestraft ist, sondern auch wegen zahlreicher schwerer Eigentumsdelikte schon langjährige Freiheitsstrafen verbüßen mußte, sodaß in seinem Fall die einschlägige Vorbelastung besonders wiegt, kann eine Strafherabsetzung nicht erfolgen.

Aber auch die Staatsanwaltschaft konnte in ihrer Berufung keine Umstände anführen, die eine Straferhöhung rechtfertigen, sodaß das vom Erstgericht gefundene Strafmaß zu bestätigen war.

Auch bei Walter S***** hat das Erstgericht im Ergebnis das zutreffende Strafmaß gefunden. Entgegen seinem Berufungsvorbringen wurde das Geständnis ohnehin als mildernd berücksichtigt. Die reifliche Tatvorbereitung ist im Rahmen der allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze durchaus beachtlich; infolge seiner ausgeprägten unmittelbaren Täterrolle bestand insgesamt kein Anlaß zur Reduzierung der Strafe.

Sämtlichen Berufungen war somit der Erfolg zu versagen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte