OGH 13Os167/98

OGH13Os167/9816.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Rouschal, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Anwesenheit des Richteramtsanwärters Mag. Schmidt als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ludwig F***** wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 9. September 1998, GZ 7 Vr 843/98-8, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Ludwig F***** wurde vom Schöffengericht wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil er am 17. Mai 1998 einen Nachbarn seiner Mutter der Gefahr einer behördlichen Verfolgung aussetzte, indem er am Gendarmeriepostenkommando anzeigte, dieser habe ihn mehrmals mit den Füßen getreten und in den Bauch geschlagen, wodurch er einen Rippenbruch erlitten habe. Damit habe er den Angezeigten des von Amts wegen zu verfolgenden Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83, 84 Abs 1 StGB falsch verdächtigt, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war und die fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages "auf psychiatrische Untersuchung des Angeklagten zur Überprüfung seiner Zurechnungsfähigkeit" (S 75 gemeint wohl: zur Tatzeit), ohne im Antrag Umstände zu nennen, welche die Zurechnungsfähigkeit in Frage stellen. Das Schöffengericht hat diesen Antrag (mit im Urteil nachgeholter Begründung) abgewiesen, weil der Angeklagte nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens (zur Tatzeit) wohl alkoholisiert war, seine Beschuldigungen jedoch zusammenhängend und logisch nachvollziehbar erhob, vernehmungsfähig war und deswegen auch von der Gendarmerie niederschriftlich vernommen werden konnte. Die Einholung eines Gutachtens, ob er zur Tatzeit derart alkoholisiert war, daß er nicht in der Lage gewesen sei, die Tragweite seines Handelns zu erkennen, wurde als nicht indiziert erachtet. Das Schöffengericht stützte seine Annahme auf die Zeugenaussagen der bei der Anzeige einschreitenden Gendarmeriebeamten (US 7 f; S 63 ff).

Die Verfahrensrüge vermag dieser Ansicht des Tatgerichtes nichts entgegenzusetzen, was dessen begründete Einschätzung unrichtig und die zusätzliche Einholung eines Gutachtens für notwendig erscheinen ließe. Das Beweisverfahren hat ergeben, daß der Angeklagte im Zeitpunkt der Tat alkoholisiert war, wovon auch die Tatrichter ausgingen. Die von der (inhaltlichen) Tatsachenrüge (Z 5a) hiezu relevierten Umstände, nämlich daß der Angeklagte dem Alkohol (ganz allgemein) zugetan sei, er sich die Verletzung bei einem Sturz im Zuge Alkoholisierung selbst zugefügt habe und ein gesundheitlich fragwürdiger Zustand vorgelegen sei, sprechen für seine (ohnehin konstatierte) Alkoholisierung, machen aber deshalb die festgestellte Schuldfähigkeit keineswegs (erheblich) bedenklich. Dies gilt auch angesichts von Divergenzen zwischen der Aussage des Angeklagten selbst, der seine Alkoholisierung übrigens leugnete, und verschiedenen, dies bekundenden Zeugenaussagen. Seine (trotz bestehender Alkoholbeeinträchtigung) zielgerichtete und orientierte Vorgangsweise hat das Erstgericht vielmehr - ohne erhebliche Bedenken - zur Ansicht gelangen lassen, daß Anzeichen für eine so schwere Beeinträchtigung, die Zweifel an seiner Schuldfähigkeit der Tatzeit aufkommen lassen könnte, nicht vorlagen.

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet Urteilsundeutlichkeit in bezug auf die Begründung der Ablehnung des Beweisantrages, geht aber an den vorzitierten Überlegungen vorbei. Auch der Vorwurf eines inneren Widerspruchs trifft das Urteil zu Unrecht, wurden doch keine entscheidungswesentlichen Tatsachen als nebeneinander bestehend festgestellt, die miteinander nicht in Einklang zu bringen wären (EvBl 1972/17).

Solches trifft auch nicht auf die Würdigung einzelner Zeugenaussagen zu, weil das Schöffengericht, der Beschwerdeansicht zuwider, ausdrücklich von einer bestehenden (jedoch die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden) Alkoholisierung des Angeklagten zur Tatzeit ausgegangen ist.

Die Subsumtionsrüge (Z 10), die nur am gesamten Tatsachensubstrat der angefochtenen Entscheidung zu orientieren wäre, verfehlt ihre prozeßordnungsgemäße Darstellung, weil sie davon ausgeht, der Angeklagte wäre bei der Tat "höchstgradig alkoholisiert" gewesen, was jedoch vom Erstgericht nicht festgestellt wurde (siehe oben).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht den formalrechtlichen Voraussetzungen entsprechend ausgeführt, bei nichtöffentlicher Beratung ebenso wie die im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile der Schöffengerichte unzulässige Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld (§§ 280, 294 Abs 2 StPO) sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Daraus folgt die Kompetenz des zuständigen Oberlandesgerichtes zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

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